Die Anschlagsgefahr ist laut Verfassungsschutz so hoch wie lange nicht. Wie gut sind die Weihnachtsmärkte im Land auf die Gefahr vorbereitet?
Die Weihnachtsmarktsaison im Land hat begonnen - und bei manchen Besucherinnen und Besuchern mischt sich unter die Freude über weihnachtlich beleuchtete Buden, Glühwein und leckere Speisen auch ein etwas mulmiges Gefühl: Aufgrund des Kriegs im Nahen Osten hat sich die Gefahrenlage in Deutschland verschärft.
Am Donnerstag warnte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) vor islamistischen Anschlägen in Deutschland. Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz nennt zwar nicht ausdrücklich Weihnachtsmärkte als potenzielle Ziele, spricht aber generell von "weichen Zielen" wie etwa öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel.
In dieser Woche wurden zudem zwei Jugendliche festgenommen, die einen Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt in Leverkusen (Nordrhein-Westfalen) geplant haben sollen. Da stellt sich die Frage, wie es um die Sicherheit der Weihnachtsmärkte in BW bestellt ist und ob aufgrund der Warnung der Verfassungsschützer die Sicherheitskonzepte ausreichen.
BW-Innenministerium: Aktuell keine Hinweise auf konkrete Gefährdung
Den Sicherheitsbehörden in Baden-Württemberg liegen aktuell keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung für Weihnachtsmärkte im Land ableiten lässt, wie das Innenministerium dem SWR mitteilte. Vom Landeskriminalamt hieß es, die Polizei Baden-Württemberg berücksichtige die aktuellen Erkenntnisse im Rahmen der fortlaufenden Gefährdungsbeurteilung.
"Die Polizei Baden-Württemberg nimmt Weihnachtsmärkte und sonstige Veranstaltungen mit Weihnachtsbezug aufgrund des zu erwartenden hohen Besucheraufkommens, wie auch in den Vorjahren, in einen besonderen Fokus", hieß es weiter. Die regionalen Polizeipräsidien beraten demnach die Veranstalter bei der Erstellung der örtlichen Sicherheitskonzepte und treffen je nach Lage die erforderlichen Maßnahmen.
Stuttgart schließt kurzfristig Lücke im Sicherheitskonzept
In Stuttgart hatte die Stadt kurz vor dem Start des Weihnachtsmarkts noch schnell mobile Poller an drei Zufahrtsstraßen aufgestellt, nachdem ein Gutachten im Herbst Schwachstellen im Sicherheitskonzept festgestellt hatte.
Die zusätzlichen Poller seien aber nicht als erhöhte Sicherheitsvorkehrung zu betrachten, betonte der Stuttgarter Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (parteilos) im Gespräch mit dem SWR. Es gebe in Stuttgart keine konkreten Hinweise auf terroristische Anschläge. Der aktuelle Israel-Konflikt sei "ein Argument mehr, für Sicherheit zu sorgen". Die Stadt geht aber nicht von einer erhöhten Gefahr aus. Ins Auge springt allerdings die hohe Präsenz von Polizei und zahlreichen privaten Sicherheitskräften.
Container und Pflanzkästen als Schutzmaßnahmen
Auch die Behörden in Ulm sehen aktuell keine besondere Gefahrenlage für den dortigen Weihnachtsmarkt. In Heilbronn ist man ähnlich gelassen: Es gebe keine Anzeichen dafür, dass es zu irgendwelchen kritischen Entwicklungen kommen würde, sagte Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) dem SWR. Das Polizeipräsidium Heilbronn ist nach eigener Aussage gut vorbereitet, um jederzeit je nach Lage angepasst reagieren zu können.
Aus mehreren Polizeipräsidien im Land hieß es, als Sicherheitsmaßnahme seien mehr Polizistinnen und Polizisten auf den Weihnachtsmärkten unterwegs, etwa in Reutlingen. In einigen Orten, beispielsweise in Ulm und Mannheim, gehören außerdem Streifenbeamte in Zivil dazu. Auch die Ausrüstung der Polizeistreifen sei angepasst worden, unter anderem mit einer erweiterten Schutzausrüstung und Maschinenpistolen. Momentan seien aber keine weiteren Maßnahmen in Planung, hieß es aus Mannheim.
Zum anderen sollen Hindernisse vor Ort die Zufahrten zu den Weihnachtsmärkten einschränken, etwa Betonpoller. In Pforzheim hat die Stadt große Bauschuttcontainer am Weihnachtsmarkt als Durchfahrschutz aufgestellt, die zudem weihnachtlich geschmückt werden. Sie waren schon im vergangenen Jahr Teil des Sicherheitskonzepts und dieses Jahr von Anfang an vorgesehen. Sie seien daher keine Maßnahme in Reaktion auf eine mögliche erhöhte Gefahrenlage.
Auf dem Reutlinger Weihnachtsmarkt würden im Bereich der Eislaufbahn zusätzliche Pflanzkästen aufgestellt, sagte der Organisator des Weihnachtsmarktes dem SWR.
Straßburg setzt auch auf Polizeidrohnen
Deutlich stärkere Sicherheitsmaßnahmen hat man jenseits des Rheins ergriffen: Für den Weihnachtsmarkt in Straßburg gilt - wie in ganz Frankreich - derzeit die höchste Terrorwarnstufe. Deshalb sind auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt in diesem Jahr rund 1.000 Sicherheitskräfte im Einsatz, dreimal so viele wie im vergangenen Jahr. Zusätzlich soll eine Videoüberwachung per Drohnen zur Sicherheit der Besucherinnen und Besucher beitragen.
Sicherheit im Glanz der Lichter Straßburger Weihnachtsmarkt öffnet trotz höchster Terrorwarnung
Der Straßburger Weihnachtsmarkt hat am Freitagmittag eröffnet. Jährlich lockt er mehr als zwei Millionen Besuchende an. Gleichzeitig gilt in Frankreich die höchste Terrorwarnstufe.
Polizeidrohnen mit Videokameras sind in Baden-Württemberg aktuell nicht auf Weihnachtsmärkten im Einsatz. Das Anfertigen von Übersichtsaufnahmen ist auch ohne Aufzeichnung oder Speicherung - also auch bei reiner Übertragung der Kamerabilder auf einen Monitor in Echtzeit - ein Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieser Eingriff könne gerechtfertigt sein, sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, erklärte das Innenministerium.
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