Im Jahr 2007 war es noch ein umstrittenes Thema: Rauchen in Gastwirtschaften. Zum Weltnichtrauchertag eine Bestandsaufnahme: Die liberale Gangart im Land hat sich wohl bewährt.
In den Jahren vor 2007 war es ein Streitthema erster Ordnung: das Rauchen in Gaststätten. Seitdem gibt es das Landesnichtraucherschutzgesetz. Im Jahr 2009 trat in Baden-Württemberg schließlich eine Spezialregelung für Gaststätten in Kraft, und die scheint den Kritikern mächtig Wind aus den Segeln genommen zu haben. An der Linie zwischen denen, die rauchen und denen, die es nicht tun, scheint in den Gaststätten dauerhaft Frieden eingekehrt zu sein.
Die Bilder scheinen Jahrzehnte alt, aber sie sind aktuell: Menschen, die am Stammtisch sitzen, vor sich in der einen Hand ein Bierglas - und in der anderen eine qualmende Zigarette. Gibt es das noch? Jawohl - es sind aktuelle Bilder aus einer Ulmer Gastwirtschaft, einer Raucherkneipe, in diesem Fall der "Bierakademie". Hier darf geraucht werden, aber dafür akzeptiert der Pächter auch Einschränkungen: höchstens 75 Quadratmeter Gastraum, nur kalte Speisen - und es dürfen auch nicht alle reinkommen.
Gernot Schuischel nimmt das in Kauf. Zu wichtig ist ihm der Grundgedanke: Bei Bier und guten Gesprächen darf eine Zigarette nicht verboten sein. Und am Stammtisch finden sich Menschen ein, die genauso denken. Interessanterweise sind bei Weitem nicht alle von ihnen Raucher.
Die Vermutung liegt nah, dass hier ein Gastwirt einen Weg gefunden hat, legal am Arbeitsplatz seiner Sucht zu frönen. Aber weit gefehlt: Gernot Schuschel ist Nichtraucher, seit vielen Jahren, und er war es schon, bevor er im Jahr 2015 die Bierakademie übernommen hat.
Für den Stammtisch gehört die Zigarette dazu
Für den Raucherstammtisch ist es keine Frage: Die Zigarette gehört zur Kneipengemütlichkeit dazu. Wobei sie nicht an Platz eins dessen steht, worauf es hier ankommt: Freundschaft, heißt die einhellige Antwort, sei das Wichtigste. Und dann erst die anderen Zutaten, die eine Kneipe ausmachen: ein Glas Bier und eben die Zigarette, ohne die sich manche hier einen Stammtisch nicht vorstellen wollen oder können.
Am Nachbartisch trinkt übrigens eine Nichtrauchergruppe. Dass es nach Rauch riecht, stört sie nicht, sagen sie. Sie sind wegen der erwarteten Stimmung hier hereingekommen, und, immerhin: Ganz so stark wie befürchtet ist der Zigarettenqualm dann doch nicht. Denn der Pächter hat eine leistungsstarke Lüftungsanlage einbauen lassen, die für stetige Abluft sorgt. Nach Rauch riecht es natürlich trotzdem, das ist nicht zu umgehen. Und das ist das, was das Nichtraucherschutzgesetz eigentlich vermeiden wollte, als es im Jahr 2007 in Kraft trat.
Ein Gesetz mit Ausnahmen
In den einzelnen Bundesländern trat das Gesetz in unterschiedlicher Ausprägung in Kraft. Baden-Württemberg sollte zunächst eine strenge Variante bekommen - aber da stiegen zahlreiche Wirte auf die Barrikaden. Schließlich galt und gilt seit dem Jahr 2009: Rauchen ist erlaubt, wenn es sich um Einraum-Gastwirtschaften ("Eckkneipen") handelt, die nicht mehr als 75 Quadratmeter Fläche für Gäste haben - oder einen komplett lufttechnisch abgeschnittenen Raucherraum.
Weitere Regeln: Betreten verboten für unter 18-Jährige. Warme Speisen sind auch verboten, sofern sie aufwendig zubereitet werden. Im Außenbereich oder auch in Festzelten bleibt Rauchen erlaubt, sofern der Hausherr das gestattet. Eine Regelung, die die Kritiker von einem auf den anderen Tag besänftigte. So sehr, dass es seit damals praktisch keine Nachforschungen mehr gegeben hat, welche Folgen das Gesetz hatte. Es wurde weder untersucht, wieviele Raucherkneipen es heute im Land gibt, noch, welche gesundheitlichen Folgen die Regelung für Beschäftigte hatte und hat - es gab wohl schlicht keinen Bedarf, dieser Frage nachzugehen.
In den meisten Gaststätten ist heute das Rauchen verboten
Die bei weitem meisten Gaststätten im Land sind heute rauchfrei. Und die Gäste haben das nicht nur akzeptiert, sondern begrüßen es auch. Zum Beispiel ein Mann, der mit seinem kleinen Kind auf dem Schoß im Gastraum einer großen Wirtschaft in Ulm sitzt, dem "Barfüßer". Er würde, erzählt er, hier gar nicht herkommen mit seinem Sohn, und etwas zu essen bestellen, wenn das Rauchen erlaubt wäre.
Das sagen draußen übrigens auch die Menschen mit Zigaretten auf dem Tisch - selbst den Raucherinnen und Rauchern ist es lieber, ihr Essen rauchfrei zu genießen. Und: dass die Zeiten vorbei sind, in denen zum Gaststättenbesuch zwingend gehörte, anschließend die Kleidung zum Lüften über Nacht nach draußen zu hängen.
Eine gesellschaftliche Entwicklung gegen den Rauch
Dass das Rauchen heute ohnehin häufig verboten ist, im Flugzeug, bei der Bahn, in öffentlichen Gebäuden oder am Arbeitsplatz, unterstützt diesen Trend. Zigaretten sind auch deswegen nicht mehr "in" - jedenfalls nicht so, wie sie es einmal waren. In den letzten 30 Jahren hat die Zahl der Raucher in Baden-Württemberg kontinuierlich abgenommen. Interessanterweise bei den Männern noch stärker als bei den Frauen, die im Vergleich der Geschlechter allerdings aufgeholt haben.
Der Trend geht also auch gesamtgesellschaftlich hin zur rauchfreien Umwelt. Da war die Umsetzung in Gastwirtschaften schließlich nicht mehr das beherrschende Thema, sagt Ebo Riedmüller, Gastronom mit mehreren Wirtschaften in Ulm. Auch deshalb war die anfängliche Befürchtung der Gastronomen vom großen Gaststätten-Sterben unbegründet. Zu Beginn der neuen, rauchfreien Zeit gab es auch im "Barfüßer" einen abgetrennten Raucherbereich. "Aber der war nur für die ganz Harten", erzählt Riedmüller, und man habe sich von diesem Experiment schnell wieder verabschiedet. Wer rauchen wolle, könne ja auch rausgehen. Und die rauchenden Gäste zogen das vor.
Auch die Gesundheit der Angestellten und ihr Wohlbefinden habe sich subjektiv verbessert. Statistisch erhoben wurde das allerdings nie. Aber die Belegschaft sei schon froh über die sauberere Luft.
Das deckt sich mit Reaktionen, die nach 2009 bei der DEHOGA Stuttgart eingegangen sind, dem deutschen Hotel- und Gaststättenverband. Wenn es überhaupt Nachrichten von den Gaststätten gab, dann positive. In einem anderen Fall kann Ebo Riedmüller die Beobachtungen des DEHOGA allerdings nicht bestätigen. In den Monaten nach der Gesetzesänderung soll es vermehrt zu Zechprellereien gekommen sein: Menschen, die vorgeblich zum Rauchen in Jacke oder Mantel vor die Tür gingen - und sich dann selbst in Rauch auflösten.
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Das Rauchen hat viele Auswirkungen auf den Körper. Manche verschwinden, wenn man aufhört, schneller, andere brauchen länger. Recht schnell verschwinden die unmittelbaren Symptome, also der Raucherhusten und die Kurzatmigkeit. Von Gábor Paál | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.