Die Diagnose Querschnittlähmung ist ein Schicksalsschlag. An den Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm (RKU) helfen erfahrene Rollstuhlfahrer Betroffenen bei der Neuorientierung.
Der Rollstuhl gehört jetzt zu Claudia Becks Alltag. Seit rund drei Jahren begleitet sie im Querschnittgelähmtenzentrum der Universitäts- und Rehabilitationskliniken Ulm (RKU) Patientinnen und Patienten, die kürzlich dasselbe Schicksal erlitten haben, wie einst sie - plötzlich querschnittgelähmt zu sein. Außer ihr sind auch noch zwei Männer im Rollstuhl "Peer-Wegbegleiter." So wird der Job am RKU genannt. Der Name ist abgeleitet vom englischen Begriff "peer", als Beschreibung für eine Gruppe von Menschen mit gleichen Interessen oder auch Sorgen.
Hilfe bei der Verarbeitung einer Querschnittlähmung
Auch Fabian Ganser wird von Claudia Beck begleitet. Der 20-Jährige macht gerade seine Reha am RKU in Ulm. "Jetzt sind es genau drei Monate", sagt er und schaut dabei Claudia Beck an. Ein Motorradunfall brachte sein Leben komplett durcheinander. Claudia Becks Hilfe habe ihm vor allem am Anfang sehr viel geholfen, erzählt er. "Man liegt in dem Bett drin und weiß noch gar nicht, was man hat, realisiert es noch gar nicht. Und dann jemanden zu haben, der kommt und mit dir über jedes Thema spricht, der auch auf alles eine Antwort gibt, wenn man irgendwo eine Frage hat, das war wirklich super."
Mit der 55-Jährigen spricht Fabian Ganser oft. "Auf der Intensivstation haben wir uns kennengelernt, da war er wirklich ganz frisch verletzt. Das war auch für mich keine einfache Situation", erinnert sich Claudia Beck.
Wegbegleiter am RKU: Ansprechpartner für viele Themen
Claudia Becks Job am RKU ist vielseitig: Sie fährt in der Querschnitt-Station von Zimmer zu Zimmer und spricht mit den Patientinnen und Patienten am Bett oder in der "grünen Oase", einem Aufenthaltsraum. Es geht von Fragen zu Treppenliften und der Antragsstellung bei der Krankenkasse bis hin zu Tipps für den Alltag als Rollstuhlfahrerin oder Rollstuhlfahrer.
"Kreative Gruppe" als Abwechslung zum Klinikalltag
Wieder mobil werden ist das eine, mit der neuen Lebenssituation psychisch klarzukommen das andere. "Basteln hilft", da ist sich Claudia Beck sicher. Deshalb hat sie die "Kreative Gruppe" ins Leben gerufen. In ihrer Reha am RKU in Ulm gab es damals ein ähnliches Angebot, erzählt Beck. Für eine Stunde in der Woche können die Patientinnen und Patienten, die teils monatelang hier in der Reha sind, dem Klinikalltag zumindest kurz entfliehen.
Und dann ist da noch Therapiehündin Luna: Die zweieinhalbjährige Australian-Shepherd-Dame begleitet seit Sommer, zusammen mit ihrem Frauchen, Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer. Und zwar vor allem draußen, denn, das weiß Wegbegleiterin Claudia Beck aus eigener Erfahrung, da sind die Unsicherheiten und Befürchtungen am Anfang besonders hoch. Luna lenke ab, sorge für ein positives Erlebnis und damit auch dafür, dass Betroffene später auch alleine im Rollstuhl besser zurechtkommen.
Claudia Beck: "Dachte, ich werde nie wieder glücklich"
Bei Claudia Beck ist es vor rund fünf Jahren passiert: Eine Operation an der Wirbelsäule ging schief. Die niederschmetternde Diagnose: Querschnittlähmung. Plötzlich gehörte der Rollstuhl zu ihrem Alltag. "Ich war wirklich am Anfang an dem Punkt, wo ich dachte, ich werde nie wieder glücklich und ich muss irgendwie wieder zum Laufen kommen", sagt Claudia Beck und fügt an: "Ich hätte mir niemals vorstellen können, dass ich an den Punkt komme, wo ich heute bin."
Sie will den Patientinnen und Patienten am RKU eines mitgeben: "Es geht weiter und man kann es schaffen und kann auch wieder ein glückliches Leben führen", so Beck. Ihre Zielsetzung nach ihrem persönlichen Schicksalsschlag: Nur noch nach vorne schauen, nicht zurück. Sie wünscht sich, dass es so bleibt wie es jetzt ist. Und dass sie ihr Herzensprojekt, "Peer-Wegbegleiterin" zu sein, noch lange weiter machen kann.
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