Wie wäre es mit einer Kandidatur für einen Gemeinderat, Ortschaftsrat oder den Kreistag? Lieber nicht? Der ehemalige Bürgermeister von Laichingen nennt im Interview gute Gründe, es doch zu tun.
Im kommenden Jahr stehen in Baden-Württemberg die Kommunalwahlen an. Es geht um Sitze in den Gemeinderäten, Ortschaftsräten und Kreistagen. Viele gehen nicht wählen - und noch viel weniger Menschen wollen sich wählen lassen. Friedhelm Werner kann das nicht nachvollziehen. Er war zwischen 1996 und 2012 Bürgermeister von Laichingen im Alb-Donau-Kreis und findet: Es lohnt sich, sich aufstellen zu lassen.
SWR Aktuell: Was genau ist so toll daran, sich in einem Gemeinderat zu engagieren?
Friedhelm Werner: Es geht um die Angebote in Ihren Kitas, es geht um die Schule und ihre Ausstattung, es geht um die Unterstützung der Vereine vor Ort. Sie prägen als Gemeinderat sogar die bauliche Entwicklung, das neue Baugebiet draußen am Stadtrand oder die Verdichtung im Innenbereich. Es geht um die Wärmenetze, die Nachhaltigkeit, den Klimaschutz. Kurzum: Es gibt so viele Punkte, bei denen Sie vor Ort Impulse setzen, Ihre Ideen einbringen können, wirksam sind. Und nicht zuletzt: Sie gehören zu den bestinformiertesten Menschen in Ihrer Stadt.
SWR Aktuell: Wenn Sie so mit jemandem reden, wie reagieren dann die Menschen? Sagen die dann sofort: 'Oh ja, dann mache ich das?'
Werner: Nein. Da kommt sehr oft das Argument: 'Ich bin doch schon im Sportverein, im Musikverein, in der Landjugend tätig' und dann sag ich: 'Dann sind Sie genau richtig für die Kommunalpolitik'. Denn die schönste Aufgabe in der Kommunalpolitik ist doch ganz einfach: Was machen wir wann, mit wie viel Geld und wie gut? Und da braucht man Leute aus dem Ehrenamt, aus den Sportvereinen, aus den Musikvereinen. Bringen Sie ihre Interessen aus dem Musikverein, aus dem Sportverein, aus der Landwirtschaft, aus dem beruflichen Umfeld, als Gewerbetreibender, als Unternehmer in die Kommunalpolitik mit ein.
SWR Aktuell: Und welche Gegenargumente kommen dann?
Werner: 'Ich habe Kinder' - vor allem bei Frauen. 'Ich bin in der Betreuung von meinen pflegebedürftigen Eltern aktiv'. Dann sage ich: 'Dafür gibt es Modelle, dafür gibt es sogar eine Entschädigung, um eine Betreuungsperson zu engagieren.' Ich möchte vor allem Frauen motivieren, in die Kommunalpolitik zu gehen. Denn bei Themen wie Schule, Kita, ÖPNV, Pflege, Pflegeeinrichtungen - da brauchen wir mehr Sach- und Fachverstand von Frauen.
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SWR Aktuell: Was muss man für einen Sitz im Gemeinderat mitbringen?
Werner: Sie müssen 16 Jahre alt sein, Sie müssen im Wohnort wohnen und ganz wichtig: eine Liste. Wenn Sie eine gute Liste haben, bekommt die Liste viele Stimmen. Das bedeutet viele Sitze. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, eines dieser begehrten Mandate zu ergattern. Und ein Mandat bedeutet auch eine gewisse Macht. Der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin muss zuhören, wenn Sie etwas sagen.
SWR Aktuell: Viele gute Argumente, um sich zu engagieren. Aber was ist denn eigentlich, wenn sich trotz dieser Argumente nicht genügend Kandidatinnen und Kandidaten finden?
Werner: Dann bleiben im schlimmsten Fall Mandate und Sitze nicht besetzt. Es gibt viele tolle Angebote von der Landeszentrale für politische Bildung, von "Erste Wahl BW", von den Fraktionen und den politischen Parteien, auch den unabhängigen Wählervereinigungen. Und manche Politikerkarriere ist im Gemeinderat losgegangen. Ganz aktuelles Beispiel: Manuel Hagel. Der kommt aus dem Gemeinderat, stammt aus Ehingen. Und seine Laufbahn: Landtag, Fraktionsvorsitzender, vielleicht bald Parteivorsitzender. Aber die Basis wurde in der Kommune gelegt.
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