Wenn Angehörige sterben, ist das für viele ein Schock. Vor allem für Kinder und Jugendliche. In der Trauergruppe Lacrima können sie sich mit anderen Betroffenen austauschen.
Wenn nahe Angehörige sterben, ist das für viele Familien ein lebensverändernder Schock. Vor allem für Kinder und Jugendliche. Sie verstehen den Tod zunächst kaum und wissen oft nicht, wie sie ihre Gefühle ausdrücken sollen. In Tübingen gibt es für sie seit einem Jahr eine neue Anlaufstelle: das Trauerzentrum Lacrima der Johanniter-Unfall-Hilfe.
Derzeit werden in der Trauergruppe zehn Familien betreut. Alle zwei Wochen kommen Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 5 und 17 Jahren zusammen. Sie spielen, basteln und tauschen sich aus. Die wenigsten kommen mit akuter Trauer. Eher wenn der Todesfall ein paar Monate zurückliegt, so die Leiterin der Trauergruppe, Ulrike Schwarz.
Viele müssten sich nach einem Todesfall erstmal zurechtfinden, vielleicht aus wirtschaftlichen Gründen umziehen. "Da ist erstmal so ein 'Machen'. Und wenn die Leute dann ins 'Fühlen' kommen - meistens nach einem viertel oder halben Jahr - dann ist es so, dass sie sich auf den Weg machen, oder jemand anderes sagt, guck Dir das doch mal an," so Schwarz.
Trauergruppe Tübingen: Rituale, Spiele und einfach nur herumblödeln
Jedes Treffen beginnt mit einem Ritual, bei dem sich die Gruppe um eine Kerze versammelt. Dann gibt es immer zu einem bestimmten Thema eine Fragerunde, bei dem jede und jeder etwas sagen darf. Die letzten Male haben die Kinder Vogelhäuschen angemalt oder Kürbisse geschnitzt. "Manchmal spielen wir nur Uno oder blödeln einfach mal herum," erzählt Schwarz. Der Psychologin es wichtig, dass die Kinder für zwei Stunden unbeschwert sein können und ihren Verlustschmerz vergessen können, der sie im Alltag meist begleitet.
Die ausgebildete Psychologin wird von mehreren Ehrenamtlichen unterstützt, die alle zum Trauerbegleiter oder zur Trauerbegleiterin ausgebildet wurden. Beispielsweise eine Medizinstudentin, die in der Kinderklinik mit dem Thema Tod in Berührung kam. Ein anderer Ehrenamtlicher besuchte nach dem Tod seines Vaters als Jugendlicher selbst eine Trauergruppe und möchte nun wieder etwas zurückgeben. Weil die Kinder auch seine Geschichte kennen, kann er ganz anders auf sie zugehen.
Bei Lacrima Emotionen zulassen
Die Kinder können in der geschützten Atmosphäre ihre Emotionen zulassen und ausleben. "Manchmal bleibt etwas, was man gar nicht mag, in der Gruppe," so eine Achtjährige, die mit ihrem älteren Bruder regelmäßig teilnimmt. Ihr Opa, der regelmäßig auf sie aufgepasst hat, ist gestorben. Bei Lacrima können sie vertraulich darüber reden.
Zu den Treffen alle 14 Tage kommen im Schnitt drei bis vier Kinder und Jugendliche. Wenn es manchen sehr schlecht geht, sagen sie auch mal spontan ab, sagt Schwarz. Dafür haben alle Verständnis. Jedes Kind habe seine eigene Verlusterfahrung gemacht: Manche trauern um verstorbene Geschwister oder Elternteile, aber auch um Großeltern oder Schulfreunde.
Eine Achtklässlerin hat in nur zwei Monaten gleich drei Angehörige verloren: ihren Onkel, der im Elternhaus wohnte, ihre Urgroßmutter sowie ihren Opa. Wenn die Trauer groß wird, dann tröstet sie sich mit Lesen und spricht mit Freunden über den Schmerz. Wenn sie ihnen nahe sein will, setzt sie sich in die jetzt frisch renovierte Wohnung ihres verstorbenen Onkels. Dort steht ein Lesesofa, das einst ihrer Oma gehörte.
Lacrima-Leiterin: Jedes Kind trauert anders
Nicht jedes Kind zeigt sofort nach einem Verlust eine sichtbare Reaktion, beobachtet Schwarz. Manche verarbeiten ihre Gefühle erst lange nach dem Tod und verhalten sich auffällig. Das sprichwörtliche Trauerjahr sei ein guter Richtwert, um die Dauer der Trauerphase einzuordnen. Bei manchen geht die Trauer schneller, manche brauchen aber auch länger.
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