Insolvenzen, Übernahmen, Produktionseinstellungen - immer wieder verschwinden auch sicher geglaubte Marken aus Baden-Württemberg von der Bildfläche. Weshalb uns das traurig macht.
Seit gut einer Woche ist bekannt: Weck ist pleite. Noch unklar ist, ob dies auch das Ende für die von der Firma produzierten und in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangenen ("einwecken") Einmachgläser bedeutet. Doch genau das scheinen viele Menschen zu befürchten und haben deswegen noch einmal große Bestellungen bei der Firma aus Wehr (Kreis Waldshut) aufgegeben.
Auch in den sozialen Medien zeigten sich viele Nutzerinnen und Nutzer betroffen von der Nachricht:
Traditionsmarken Alno und SABA verschwanden
Insolvenzen, Verkäufe, Übernahmen: Immer wieder verschwinden auch in Baden-Württemberg bekannte Marken und Unternehmen vom Markt, deren Fortbestehen von vielen für selbstverständlich gehalten wurde. 2021 stellte der 1927 gegründete Küchenmöbelhersteller Alno aus Pfullendorf (Kreis Sigmaringen) nach der zweiten Insolvenz innerhalb von vier Jahren endgültig die Produktion ein. 1986 wurde SABA aus Villingen-Schwenningen (Schwarzwald-Baar-Kreis) aufgelöst. Die Firma war 1835 gegründet worden und ab den 1920er-Jahren als Radiohersteller erfolgreich. Der Hersteller von Schallplattenspielern, Dual aus St. Georgen (Schwarzwald-Baar-Kreis), meldete bereits 1982 Konkurs an. Als Marke hat Dual jedoch überlebt.
Kulturwissenschaftlerin: Markennamen haben emotionale Bedeutung
Doch weshalb kann uns als bloße Konsumentinnen und Konsumenten der Untergang einer Marke betroffen oder sogar traurig machen? Dafür gebe es mehrere Gründe, sagt die Kulturwissenschaftlerin Karin Bürkert vom Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft an der Uni Tübingen. "Zum einen verknüpfen viele Menschen positive Erinnerungen aus ihrer Kindheit und Jugend mit den Produkten", erklärt Bürkert. "Mit den Marken SABA und Dual verbinden viele der damals Jugendlichen ihren ersten eigenständigen Medienkonsum, der für sie auch stark identitätsprägend war."
Auch das Zusammensein mit Familie oder Freunden könne mit den Marken verbunden werden, wie zum Beispiel mit der Clique vom Schulhof, die gemeinsam dieselbe Musik gehört hat. "Die Weckgläser können auch das Andenken an die Oma sein, die darin alles Mögliche eingekocht hat", sagt Bürkert. "Viele Menschen verbinden mit den Einmachgläsern auch das gemeinsame Essen mit den Großeltern und damit sozusagen eine emotionale Erinnerung, die durch den Magen geht."
Weckgläser als Symbol
Andererseits werde das Wegfallen eines bestimmten Produkts zuweilen auch als Verlust einer Kulturtechnik empfunden, wie hier dem Haltbarmachen von Lebensmitteln. "Wir bekommen immer wieder zu hören, dass wir nachhaltiger leben müssen. Wenn ich das ernst nehme und jetzt gerade damit angefangen habe, saisonale Lebensmittel in Weckgläser einzukochen, und dann kommt das kapitalistische System und signalisiert mir, das lohnt sich jetzt überhaupt nicht mehr - dann sorgt das natürlich für ein Gefühl der Resignation", so die Kulturwissenschaftlerin.
Die Weckgläser seien ein Symbol einer Form von Subsistenzwirtschaft, die aus der Zeit vor den Weltkriegen bis in die Nachkriegszeit reichte, erklärt Bürkert. Erst mit dem "Wirtschaftswunder" genannten starken Wirtschaftswachstum in den 1950er- und 1960er-Jahren in Europa habe in Westdeutschland der Übergang zur Konsumkultur eingesetzt.
"Erst jetzt, wo durch globale Krisen sichtbarer geworden ist, dass unser Wohlstand endlicher ist als gedacht, entdecken viele die Subsistenzwirtschaft für sich wieder." Auch aus historischer Perspektive komme die Insolvenz von Weck also zu einem eher seltsamen Zeitpunkt. "Für das Überleben der Kulturtechnik ist es am Ende aber eigentlich unerheblich, ob auf dem Einmachglas ein bestimmter Firmenname steht oder nicht", so die Einschätzung der Kulturwissenschaftlerin.
Römertopf Keramik meldet Insolvenz an
Auch das Unternehmen Römertopf Keramik aus dem rheinland-pfälzischen Ransbach (Westerwaldkreis) ist insolvent. "Der Römertopf war bei der Generation der heute 70-Jährigen als Hochzeitsgeschenk für junge Hausfrauen sehr beliebt", sagt Bürkert. Sie könne sich gut vorstellen, dass ein Untergang der Marke bei dieser Generation ähnlich emotionale Reaktionen hervorrufen werde.