Kann es strafbar sein, in einem journalistischen Text einen Link auf andere Inhalte zu setzen? Darum geht es am Landgericht Karlsruhe. Angeklagt ist ein Redakteur des Freiburger Senders Radio Dreyeckland.
Im Januar 2023 wurden die Redaktionsräume und zwei Mitarbeiterwohnungen des alternativen Senders Radio Dreyeckland in Freiburg von Ermittlern durchsucht. Mehr als ein Jahr danach steht nun ein Journalist vor Gericht. Der 38-jährige Redakteur muss sich vor der Staatsschutzkammer am Landgericht Karlsruhe wegen Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot verantworten. Ihm wird vorgeworfen, die verbotene Vereinigung "linksunten.indymedia" unterstützt zu haben. Konkret geht es darum, dass er in einem Artikel das Archiv der Plattform verlinkt hatte. Das Bundesinnenministerium hatte "linksunten.indymedia" im Jahr 2017 nach den Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg aufgelöst und verboten.
Kernfragen der Pressefreiheit berührt
Ist es gerechtfertigt, dass die Redaktionsräume eines Radiosenders durchsucht werden, nur wegen eines einfachen Links? Bereits kurz nach den Durchsuchungen entbrannte eine Debatte darüber. Der Redakteur hatte damals selbst die Durchsuchungen massiv kritisiert und als "unglaublichen Eingriff in die Redaktionsarbeit von Radio Dreyeckland und in die Pressefreiheit" bezeichnet. Er bekam viel Unterstützung und Solidarität, zum Beispiel auch vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV) und der Gewerkschaft ver.di. Auch heute wiesen Gericht und Verteidigung zu Beginn des Prozesses auf die grundlegende Bedeutung des Verfahrens für die Pressefreiheit hin.
Solidaritätsbekundungen auch vor Prozessbeginn
Vor Prozessbeginn versammelten sich am Donnerstag mehrere Menschen zu einer Solidaritätskundgebung in der Nähe des Landgerichts in Karlsruhe. Die Gewerkschaft ver.di hatte dazu aufgerufen. Martin Gross, Landesbezirksleiter von ver.di, spricht von einer "völlig unverhältnismäßigen Reaktion der zuständigen Staatsanwaltschaft". Und erklärt weiter: "Sollte dieses Vorgehen für zulässig erklärt werden, können Journalistinnen und Journalisten nicht mehr ohne Angst vor Repressalien kritisch berichten."
Anwältin: "Pressefreiheit muss erkämpft und behauptet werden"
Die Anwältin des Redakteurs hielt zu Verhandlungsbeginn ein engagiertes Plädoyer für die Pressefreiheit. Sie fragte: "Wie weit darf eine Staatsanwaltschaft gehen?" Maßnahmen, die die Pressefreiheit einschränkten, seien immer an der Verfassung zu messen. Die Pressefreiheit sei keine Selbstverständlichkeit, sie müsse immer wieder behauptet und erkämpft werden.
Angeklagter legt Geständnis ab
Vor Gericht erklärte der angeklagte Journalist: Er habe den Artikel mit der Überschrift "Linke Medienarbeit ist nicht kriminell" verfasst, er allein sei dafür verantwortlich. Das hatte er bereits vor Prozessbeginn zugegeben. Der zuständige Staatsanwalt betonte allerdings: Der Angeklagte habe gewusst, dass die in dem Artikel verlinkte Seite ein vollständiges Archiv der verbotenen Organisation sei. Auf der Internetplattform sei zu linksextremen Straftaten aufgerufen worden, es sei eine Plattform für gewaltbereite Linksextreme in ganz Deutschland gewesen.
Kann man etwas unterstützen, was nicht mehr existiert?
Der Prozess, der bundesweit Aufmerksamkeit erregt, muss nun unter anderem klären, ob es möglich ist, eine Vereinigung zu unterstützen, die seit Jahren verboten ist und offiziell nicht mehr existiert. Dazu hatte der Bundesgerichtshof im Jahr 2023 erklärt, die Strafbarkeit setze voraus, dass die Vereinigung zum Tatzeitpunkt weiter existiert hat. Denn nur eine bestehende Organisation könne unterstützt werden. Im Verlauf des Verfahrens wird das Gericht sich deshalb eingehend mit der Organisation befassen und prüfen, ob sie noch existiert. Zudem wird die Kammer die Archivseite genauer untersuchen.
Urteil fällt vorraussichtlich im Mai
Für den Prozess sind neun Verhandlungstage angesetzt - davon drei als Reserve. Der Vorsitzende Richter deutete aber zu Prozessbeginn an, dass bereits Mitte Mai mit Plädoyers und Urteil zu rechnen sei.
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