Nach Durchsuchungen bei Redakteuren des freien Senders "Radio Dreyeckland" haben am Mittwoch rund 250 Menschen in Freiburg protestiert. Auch die Gewerkschaft dju hat sich solidarisiert.
Am Mittwochabend gegen 18 Uhr haben sich rund 250 Menschen auf dem Platz der Alten Synagoge in Freiburg versammelt. Sie wollten nach den Hausdurchsuchungen bei Beschäftigten von "Radio Dreyeckland" ihre Solidarität mit dem alternativen Freiburger Radiosender demonstrieren. Der Protest verlief laut Polizei friedlich. Rund 40 Einsatzkräfte waren vor Ort. Solidaritätsbekundungen kommen auch von der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union Baden-Württemberg (dju) und vom Politikwissenschaftler und Co-Chefredakteur von netzpolitik.org, Daniel Leisegang.
Privatwohnungen von Beschäftigten durchsucht
Am Dienstagmorgen hatten Polizeipräsidium Freiburg und Staatsanwaltschaft Karlsruhe Privatwohnungen von Mitarbeitern des Senders durchsucht und mehrere Laptops, Smartphones und Speichermedien sichergestellt. Auch die Betriebsräume von Radio Dreyeckland wurden aufgesucht; von einer Durchsuchung hatten die Beamten aber nach eigenen Angaben abgesehen.
Begründet wurde die Durchsuchung wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot (§ 85 StGB). Die Beschuldigten hätten auf der Homepage des Rundfunksenders einen Artikel veröffentlicht, der eine Verlinkung eines Archivs der im August 2017 verbotenen Vereinigung "linksunten.indymedia" enthält, so die Pressemitteilung. Der Artikel ist weiterhin auf der Internetseite des Senders lesbar.
Radio Dreyeckland legt Beschwerde ein
Die Verantwortlichen von Radio Dreyeckland haben angekündigt, juristisch gegen die drei Durchsuchungsbeschlüsse vorzugehen. Beschwerde gegen die Beschlagnahmung der Laptops und Speichermedien und gegen die Auswertung der Daten habe man bereits eingelegt.
Staatsanwaltschaft ermittelt zu Verstoß gegen ein Vereinigungsverbot
Die Staatanwaltschaft ermittelt wegen "des Verdachts eines Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot" - dafür ist die Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe zuständig. Das Setzen eines Links auf die Archivseite von "linksunten.indymedia" kann laut Staatsanwaltschaft als Unterstützung der verbotenen Vereinigung aufgefasst werden und wäre damit strafbar.
Hat sich der Sender mit verbotenener Plattform solidarisiert?
Im konkreten Fall schätzt die Staatsanwaltschaft das so ein: Die Beschuldigten stellten sich als Sprachrohr in den Dienst von "linksunten.indymedia", heißt es. Über dem Artikel sei ein Foto mit dem Slogan: "Wir sind alle linksunten" platziert worden - das müsse als Meinungsäußerung verstanden werden. Bei den Durchsuchungen selbst habe es ein abgestuftes Konzept gegeben. Zunächst hätten sich die Beschuldigten zum Tatvorwurf äußern können. Da sie das verweigerten, habe man die Räume durchsucht - mit dem Ziel zu klären, wer den Artikel verfasst hat.
SWR-Reporterin Dinah Steinbrink fasst die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Karlsruhe zusammen:
Journalisten-Gewerkschaften verurteilen Durchsuchungen
Derartige staatliche Eingriffe in das Redaktionsgeheimnis gefährdeten den Informantenschutz und stellten eine Verletzung der grundrechtlich garantierten Rundfunkfreiheit dar, schreibt die zur Gewerkschaft ver.di gehörende Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union Baden-Württemberg (dju) in einer Mitteilung. Der Schaden, der durch solche Durchsuchungen angerichtet werde, sei immens und könne hinterher nicht ungeschehen gemacht werden, auch wenn er sich als rechtswidrig herausstellen sollte.
Ferner heißt es: "Es ist unabdingbar, dass die Medien ihre Arbeit unabhängig und ohne Einschränkungen ausüben können, um die Öffentlichkeit zu informieren und kritisch zu begleiten." Auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisierte die Durchsuchung als unverhältnismäßig und als Verletzung der Pressefreiheit.
Politikwissenschaftler sieht Pressefreiheit verletzt
Auch der Politikwissenschaftler und Co-Chefredakteur von netzpolitik.org, Daniel Leisegang, sieht in der Durchsuchung des freien Radiosenders eine Verletzung der Pressefreiheit. Mit den Daten seien gleichzeitig auch Redaktionsgeheimnisse mitgenommen worden, die geschützt seien, so Leisegang. Er halte das für "hochproblematisch für den Journalismus insgesamt", sagte Leisegang im SWR2 Podcast "Kultur Aktuell" vom 18. Januar.