Trotz eines bundesweiten Shitstorms verteidigt die Stadt Lörrach ihren Plan, Mietwohnungen für Geflüchtete zu räumen. AfD-Abgeordnete in BW wollen die Wohnbau Lörrach anzeigen.
Lörrachs Oberbürgermeister Jörg Lutz (parteilos) hat den umstrittenen Plan der Stadt, Mieterinnen und Mieter umzuquartieren, bei einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz am Mittwochmittag erneut verteidigt. Zum Fall um die rund 40 Mieterinnen und Mieter, die aus einem Lörracher Wohnkomplex aus- und in neue Wohnungen umziehen sollen, damit im Gebäude Geflüchtete untergebracht werden können, sagte er: "Der Vorgang taugt nicht zum Skandal." Bereits mehrfach habe die Wohnbau Lörrach erfolgreich Mieter umquartiert - auch wegen der Unterbringung von Flüchtlingen.
Da es Angebote für die Mieter geben solle, erwarte er, dass förmliche Kündigungen für die Wohnungen aus den 1950er-Jahren gar nicht nötig seien, so der Rathauschef.
OB: Mieter können auch bleiben
Angesichts der heftigen Kritik, die das Vorhaben hervorrief, räumte Lutz bei der Pressekonferenz allerdings ein, dass Mieterinnen und Mieter nicht zwingend ausziehen müssten, wenn sie nicht wollten. "Wenn jemand sagt, ich will partout hier drin bleiben, dann werden wir ihn oder sie nicht aus der Wohnung rauskündigen", so Lutz. Allerdings würden alle anderen Wohnungen trotzdem für Geflüchtete genutzt.
Der Geschäftsführer der Wohnbau Lörrach, Thomas Nostadt, stellte rhetorisch die Frage, wie groß der Aufschrei im Internet im umgekehrten Fall gewesen wäre, hätte die Wohnbau den Geflüchteten neue Wohnungen gegeben und die Mieter in den alten Häusern gelassen. Nostadt sagte, eine angekündigten Strafanzeige von AfD-Landtagsabgeordneten gegen ihn werde ihn nicht um den Nachtschlaf bringen. Schwer erträglich nannte er aber hunderte Hassmails und Tausende von Anrufen bei der Lörracher Wohnbau. Weil die Stimmung derzeit zu aufgeheizt ist, fällt vorerst eine für den 27. Februar geplante Bewohnerversammlung aus, teilte die Wohnbau in Lörrach mit.
Nötigung? AfD will Wohnbaugesellschaft Lörrach anzeigen
Das Vorhaben der Wohnbaugesellschaft war zum Wochenanfang bekannt geworden und hat mittlerweile eine breite Diskussion in der Politik und den sozialen Medien entfacht. Betroffene Mieterinnen und Mieter äußerten dem SWR gegenüber ihren Unmut und ihre Sorgen. Nun haben Abgeordnete der AfD in Baden-Württemberg angekündigt, die Lörracher Wohnbaugesellschaft wegen Nötigung der Mieterinnen und Mieter anzuzeigen.
Die AfD-Abgeordneten sehen die Nötigung darin, dass die Lörracher Mieter mit der Ankündigung in Angst und Schrecken versetzt worden seien. Es gebe keinen ersichtlichen Grund für die Kündigungen. Vielmehr würden die Menschen zugunsten von Flüchtlingen vertrieben.
Vorgehen in Lörrach löst bundesweite Diskussion aus
Die Bundessprecherin der AfD, Alice Weidel, hatte sich bereits am Dienstag zu Wort gemeldet. Sie fordert den Lörracher Oberbrügermeister Jörg Lutz (parteilos) auf, sich der Asylpolitik der Bundesregierung zu verweigern. Auch in den sozialen Medien ist eine Diskussion um das Vorgehen in Lörrach entbrannt. Darunter findet sich auch eine Vielzahl an Hasskommentaren.
Der Lörracher SPD-Landtagsabgeordnete Jonas Hoffmann sagte hingegen, es sei einfacher, Gruppen gegeneinander auszuspielen, als das eigentliche Problem zu benennen und zu bekämpfen. Populismus, wie er jetzt vor allem aus dem rechten Spektrum zu beobachten sei, löse aber keine Probleme.
Deutscher Mieterbund rät, abzuwarten
Auch Dagmar Lillo, erste Vorsitzende und Geschäftsführerin des Deutschen Mieterbunds im Kreis Lörrach, hatte zuvor angemahnt, es sei schlecht, wenn zwei Gruppen gegeneinander ausgespielt würden. Mietrechtlich sei die Unterbringung von Flüchtlingen kein Kündigungsgrund.
Flüchtlingsrat kritisiert Umgang mit Geflüchteten
Der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg kritisiert indes die Kommunikation seitens der Stadt Lörrach und der Wohnbaugesellschaft. Das Vorhaben sei nicht sehr geschickt mitgeteilt worden. Weiter wirft der Flüchtlingsrat die Frage auf, warum Wohnraum, der wegen seines schlechten Zustandes in absehbarer Zeit abgerissen werden soll, geflüchteten Menschen noch zugemutet werden dürfe.
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