Ein Schüler an einem katholischen Mädchengymnasium - das geht nicht? Doch, zeigt das St. Ursula Gymnasium in Freiburg. Dort engagiert sich die AG "Bunte Uschis" für queere Themen.
Mädchenschulen sind für Mädchen, klar. Oder doch nicht? Dass die Lage nicht immer so eindeutig ist, zeigt das St. Ursula Gymnasium in Freiburg. An der katholischen Mädchenschule gibt es eine Arbeitsgruppe namens "Bunte Uschis". Die Schülerinnen und Schüler der AG setzen sich für queere Themen ein - also etwa verschiedene sexuelle Orientierungen und Geschlechtsidentitäten. Für ihr Engagement haben sie einen Preis bekommen.
Arson E. ist Transmann
Ein ehemaliger Schüler des St. Ursula Gymnasiums ist Arson E. Er ist inzwischen 19 Jahre alt. Als er noch auf der Schule war, gab es die "Bunten Uschis" noch nicht. Nun macht er auch als Ehemaliger gerne mit, denn als er auf das Gymnasium kam, war er ein Mädchen. Inzwischen ist er ein Mann - ein Transmann. Er hat also seine Geschlechtsidentität geändert. Er hatte er sich geoutet, kurz bevor er die Schule verließ. Manche Schülerinnen an dem Mädchengymnasium sind noch unsicher, anderen ist klar, dass sie in die klassisch binären Kategorien - nur die zwei Geschlechter männlich und weiblich - nicht passen.
Mann, Frau, hetero - das passt nicht
Das gilt auch für Clara Ehrlich (von der Redaktion geändert, um den Persönlichkeitsschutz der Schülerin zu gewährleisten). Sie ist 16 und geht in die zehnte Klasse des Gymnasiums. Sie kam durch eine Freundin zu den "Bunten Uschis". Ihrer Freundin war aufgefallen, dass Clara besonders oft über eine bestimmte Person sprach - und nicht wie die meisten anderen in der Klasse über "die Jungs". Die hätten sie nie interessiert, erzählt Clara. Dass das in Ordnung ist, habe sie besonders bei den "Bunten Uschis" gespürt.
Preis für "Bunte Uschis"
Um genau dieses Spannungsfeld geht es bei den "Bunten Uschis". Wer bin ich? Wen liebe ich? Wo und wie fühle ich mich abseits der klassischen Vorbilder wohl? Über diese und andere queere Themen sprechen sie bei den wöchentlichen Treffen der AG. Ihr Ziel ist es, "für mehr queere Sichtbarkeit an Schulen zu kämpfen und Schulen inklusiver zu gestalten." Für dieses Engagement haben die "Bunten Uschis" kürzlich einen Preis bekommen: einen Hauptpreis beim "Fair@School"-Wettbewerb, den unter anderem die Antidiskriminierungsstelle des Bundes vergibt.
Aus Lehrerzimmer wird "Lehrer*innenzimmer"
Neben vielen Gesprächen über alle queere Themen werden die "Bunten Uschis" auch aktiv. So haben sie etwa das Lehrerzimmer in "Lehrer*innenzimmer" umbenannt und vor der Schule weht dank ihnen eine Regenbogenfahne. Ein Mitglied der AG ist erst kürzlich auf die Schule gewechselt und nun Teil der "Bunten Uschis". Bei der Entscheidung für dieses Gymnasium sei die Regenbogenfahne wichtig gewesen, berichtet das AG-Mitglied.
Engagierte Schülerinnen machen Lehrkräfte stolz
Die rund zehn Mitglieder der "Bunten Uschis" sind aus den Klassenstufen zehn bis zwölf und zwischen 16 und 18 Jahren alt. Dass sie so einen großen Preis gewonnen haben, macht sie stolz - genauso wie ihre Lehrerin Christine Quay und ihren Lehrer Daniel Mark, die die AG leiten. Sie hatten ursprünglich eine andere Idee für die AG. Doch recht schnell hätten die Schülerinnen die Inhalte und Ziele der AG "gekapert", sagen die beiden lachend. Auch sie lernten viel bei den Treffen.
Katholische Schule unterstützt AG
Nicht nur die Lehrerinnen und Lehrer - auch das St. Ursula Gymnasium unterstützt die "Bunten Uschis" auf deren Weg. Trotz des katholischen Trägers sei die Schulleitung sehr offen für Veränderungen in Richtung Vielfalt, sagen die Schülerinnen und Schüler. Zusätzlich komme Geld für die AG von der Adelhausenstiftung, die Bildung für Mädchen und Frauen unterstützt, betonen Lehrerin Quay und Lehrer Mark. Die AG scheint zu zeigen: Queere Themen, Vielfalt, LGBTQ und Katholizismus scheinen einander nicht auszuschließen.
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