Eine Kirche, in der es keine Rolle spielt, ob man schwul oder wiederverheiratet ist. Das unterstützten 2022 fast 3.000 Mitarbeitende vom Erzbistum Freiburg. Nun ziehen sie Bilanz.
Fast 3.000 kirchliche Mitarbeitende des Erzbistums Freiburg haben 2022 die Solidaritätserklärung "KatholischOhneAngst" unterschrieben, darunter Erzieherinnen, Pastoralreferenten oder Pfarrer. 60 von von ihnen kamen nun nocheinmal digital zusammen. Ihr Fazit wirkt ernüchternd: In den vergangenen 20 Monaten habe es zwar kleine Erfolge gegeben, aber im Erzbistum Freiburg müsse noch viel passieren.
Erster Schritt: Neues Arbeitsrecht der Katholischen Kirche
Ein wichtiger Schritt war das neue Arbeitsrecht Ende 2022, wonach die sexuelle Orientierung oder eine Wiederverheiratung kein Kündigungsgrund mehr sind. So kann ein Pastoralreferent zum Beispiel nun offen von seiner gleichgeschlechtlichen Partnerschaft erzählen, ohne arbeitsrechtliche Konsequenzen fürchten zu müssen.
Aber auch wenn die sexuelle Orientierung oder Geschlechtsidentität auf dem Papier keine Rolle mehr spiele, im Alltag sei das noch nicht überall verbreitet. Das erzählt Raphaela Soden, Mitarbeiter*in im Erzbistum Freiburg und Mitglied im Vorstand von "OutInChurch", einem deutschlandweiten Verein für eine Kirche ohne Angst. Raphaela Soden ist selbst queer und agender, also geschlechtlos.
Kleiner Erfolg für die 300.000 Ehrenamtlichen im Erzbistum Freiburg
Mitinitiator von "KatholischOhneAngst" ist Tobias Aldinger, Referent für Glaubenskommunikation im Erzbistum Freiburg. Für ihn gibt es neben dem neuen Arbeitsrecht auch noch einen weiteren kleinen Erfolg: Im neuen Statut für die rund 300.000 ehrenamtlich Engagierten des Erzbistums Freiburg steht ab sofort eine weitere Passage. Die betont, dass die persönliche Lebensführung keine Rolle spielt. Weder für das Engagement im Pfarrgemeinderat, noch für Dienste im Gottesdienst.
Damit orientiert sich das Statut, das am 1. November nur im Amtsblatt des Erzbistums veröffentlich wurde, am neuen Arbeitsrecht für die kirchlichen Mitarbeitenden. Aber auch das Gelingen hängt davon ab, wie die Menschen vor Ort in den Gemeinden damit umgehen, betont Raphaela Soden von "OutInChurch".
Mitarbeitende vom Erzbistum Freiburg forderten konkrete Maßnahmen
Sowohl "OutInChurch" als auch "KatholischOhneAngst" setzen sich für Kirche als angstfreien Ort ein. Dafür brauche es aber noch konkrete Maßnahmen von Seiten des Erzbistums Freiburg. Denn laut Raphaela Soden sorgen neue rechtliche Regelungen nicht automatisch dafür, dass Menschen plötzlich umdenken.
Bei der digitalen Veranstaltung in der vergangenen Woche sprachen sich die kirchlichen Mitarbeitenden für Aufklärungsveranstaltungen und einfach online auffindbare FAQs aus. In denen soll klar festgehalten werden, dass keine Mitarbeitenden wegen ihrer sexuellen Orientierung gekündigt oder versetzt werden dürfen.
Der Wunsch: Borschüren und FAQs mit klaren Äußerungen
Als gute Antworten für FAQs nennt Raphaela Soden Sätze wie: "Sie müssen keine Angst mehr haben, wenn sie in einer queeren Partnerschaft leben". Derartige FAQs oder Broschüren könnten zum Beispiel jungen Menschen oder neuen Mitarbeitenden die Unsicherheit nehmen. Dazu zählen etwa zukünftige Religionslehrer oder Pastoralreferentinnen. Raphaela Soden würde zudem eine Stelle begrüßen, bei der Mitarbeitende und ehrenamtlich Engagierte Diskriminierung melden können und zusätzlich von geschultem Personal betreut würden.
Im Erzbistum Freiburg leben rund 1,6 Millionen Katholik*innen. Das Gebiet erstreckt sich vom Spessart zum Bodensee über den Schwarzwald und die Oberrheinebene. Dadurch zählt es zu den größten Bistümern in Deutschland. 2022 traten fast 42.000 Menschen aus dem Erzbistum Freiburg aus.