Warum im Schwarzwald ein Windrad gesprengt wurde und wieso ein junger Sportler aus Freiburg vor einem Scherbenhaufen steht – alles im Wochenrückblick.
Palim palim, ich bin Robert Wolf, Reporter und Moderator im SWR Studio Freiburg. Ich darf heute zum Wochenende hin für euch auf wichtige Meldungen aus Südbaden blicken:
Und es hat BOOM gemacht - Windradsprengung am Schauinsland
Als Reporter habe ich die Möglichkeit viele spannende und interessante Dinge zu sehen, zu erleben und zu hören. Und mein heutiger Reportereinsatz war auch sehr aufregend und spannend: Die Windradsprengung am Schauinsland. Aus sicherer Entfernung durfte ich das Ereignis live kommentieren. Könnt ihr hier nochmal im re-live sehen:
Warum das Windrad gesprengt wurde, haben wir bei uns auf der Seite schon ausführlich behandelt. Hier die Kurzfassung: Die zwei 20 Jahre alten Windräder am Schauinsland sollen durch ein neues und viel größeres Windrad ersetzt werden. Das soll dann neun bis zehn Millionen Kilowattstunden Strom liefern, statt bisher nur fünf Millionen. Und um Platz für das neue Riesenwindrad zu schaffen, musste eines jetzt mit lautem Knall abtreten.
Und was passiert mit dem ganzen Beton? Die Antwort ist so überraschend wie simpel: Er hilft beim Bau des neuen Windrads. Der Schutt wird zerkleinert und soll dann als Grundlage für den Baukran beim Bau der neuen Anlage helfen. Find ich gut. Es wird aber auch schwer zu entsorgender Müll produziert, wenn ein Windrad in Rente geht. Die ganze Elektrik, die Rotorblätter – das kann nicht mal eben auf den Recyclinghof gebracht werden. Die Rotorblätter zum Beispiel sind oft aus Glasfaserkunststoff und der gilt als Sondermüll, weil er so gut wie gar nicht verrottet. Windräder halten etwa ein Vierteljahrhundert und das Umweltbundesamt rechnet zukünftig mit mehreren 10.000 Tonnen Sondermüll durch alte Rotorblätter pro Jahr.
Die Rotorblätter und die ganze Elektrik waren beim Windrad auf dem Schauinsland schon komplett entfernt. Nur der Betonturm wurde gesprengt. Aber warum eigentlich sprengen und nicht nach und nach demontieren? Ein langsamer Rückbau hätte bedeutet, dass viel schweres Gerät wochenlang im Wald auf und ab hätte fahren müssen, um den Schutt nach und nach abzutragen. Nach der Sprengung geht es jetzt nur darum, die Trümmer schnell zusammen zu räumen. Beim Neubau der Anlage wird schweres Gerät noch lange genug im Wald stehen, da konnte man sich das wenigstens jetzt sparen. Fuchs und Hase danken es.
Einmal laut BUMM, statt wochenlanger Dauerlärm also. Vielleicht denken sich Fuchs und Hase heute beim Gute Nacht-Sagen ja tatsächlich: "Puh, ein Glück ist es schon wieder vorbei." Ob die Tiere das umstürzende 100 Meter-Ungetüm aber auch so spannend fanden wie ich und unzählige Schaulustige, kann ich trotz intensivster Recherche hier leider nicht beantworten.
Über die Windradsprengung am Schauinsland hat SWR4 Baden-Württemberg aus dem Studio Freiburg am 01. September 2023 berichtet.
Drei Minijobs im Alter
Es ist eine schöne Vorstellung: Nach ein paar Jahrzehnten Arbeit entspannt in Rente gehen und den Ruhestand genießen. Und keine Sorgen beim Blick in den Geldbeutel. Der emotionale Film meiner Kollegin Louise Schöneshofer über den Breisacher Klaus Endres hat mich diese Woche aber schnell wieder in die Realität zurückgeholt. Und ein für mich eigentlich noch weit entferntes Schreckgespenst plötzlich sehr nah kommen lassen: Altersarmut.
"Die Rente ist sicher" tönte einst Norbert Blüm. Nein, ist sie nicht. Das zeigt der Film am Beispiel von Klaus Endres. Und auch das Statistische Bundesamt sagt, dass ein Sechstel aller Senioren von Altersarmut betroffen ist, die meisten darunter Frauen. Als ich diese Statistik gelesen habe, hatte ich nur drei Buchstaben in einer Gedankenblase über mir schweben: "WTF?" (Wer die aus dem Englischen kommende Abkürzung nicht kennt: Die deutsche Übersetzung lautet: "Was zur Hölle?").
Ein Influencer hat vor kurzem ausgerechnet: Tech-Milliardär Elon Musk (X, Tesla SpaceX) verdient pro Sekunde etwa 11.800 Euro. Klaus Endres aus Breisach verdient im Monat rund 1.200 Euro mit seinen drei Minijobs. Musk braucht dafür eine Zehntelsekunde, also etwa einen Wimpernschlag lang. Und in nicht mal zwei Sekunden hat Musk schon das Jahresgehalt von Klaus Endres verdient. Natürlich ist das schwer zu vergleichen. Ich habe diesen Vergleich aber mal herangezogen, um die Dimensionen zu verdeutlichen, dass ein Mann mit 63 Jahren, drei Jobs und einer 48-Stunden-Woche trotzdem kaum über die Runden kommt. Was mich sehr bewegt und beeindruckt hat: Klaus Endres hadert nicht mit seinem Schicksal und hat sich einen positiven Blick auf die Welt und die Zukunft bewahrt. Diesen beeindruckenden Menschen könnt ihr hier im Film meiner Kollegin Louise sehen:
Über die Geschichte von Klaus Endres hat das SWR Fernsehen am 27. August 2023 berichtet.
Doping und Hausdurchsuchung: Der Fall Michel Heßmann
Als begeisterter Radsportler, der selbst mehrere Tausend Kilometer im Jahr auf dem Rennrad trainiert, hat mich eine Meldung in dieser Woche schockiert und gleichzeitig auch sehr geärgert: Die Hausdurchsuchung beim Freiburger Radprofi Michel Heßmann nach einer positiven Dopingprobe.
Der Radsport hat dunkle Zeiten hinter sich. Jan Ullrich, Lance Armstrong, hochgezüchtete EPO-Athleten und auch eine unrühmliche Rolle der Sportmedizin der Freiburger Uniklinik. Diese ganz dunklen Tage scheinen vorbei und der Radsport insgesamt sauberer zu sein. Aber zur Wahrheit gehört leider, dass Doping auch 2023 nicht verschwunden ist. Da müssen Radsportler und Radsportfans realistisch und kritisch bleiben. Grade mit Blick auf die zum Teil außerirdischen Leistungen der diesjährigen Tour de France. Im Radsport geht es um viel Geld und Prestige. Das kann zum Betrug verführen. Was meint ihr?
Dass der Radsport wieder beliebter geworden ist, haben das große Interesse an der Deutschland-Tour im letzten Jahr in Freiburg mit der Bergankunft auf dem Schauinsland und die vielen Fans bei der Deutschen Meisterschaft 2023 in Donaueschingen gezeigt.
Und nun wird ausgerechnet ein bei Freiburg wohnender Teamkollege des Toursiegers Jonas Vingegaard positiv auf ein verbotenes Diuretikum (ein Entwässerungsmittel) getestet. Das hat mehrere "Gschmäckle". Jumbo Visma ist das aktuell wohl beste und erfolgreichste Radsport-Team der Welt. Es bleibt zu hoffen, dass jetzt nicht die nächste Dopingskandalwelle ins Rollen kommt. Immerhin: Dopingmittel wie EPO oder anabole Steroide wurden bei Heßmann keine gefunden.
Der Fall Heßmann hat für mich auch noch eine menschliche Komponente, die tragisch ist. Michel Heßmann ist 22 Jahre alt, hat grade seine erste Grand Tour beim Giro d´Italia gefahren, war Europameister bei den Junioren – und steht nun vor den Scherben seiner Existenz. Das Team hat ihn vorerst suspendiert, Rennen darf er keine fahren und den Makel „Dopingsünder“ wird er wohl nie mehr los.
Ob er das Entwässerungsmittel aus falschem Ehrgeiz genommen hat, um leichter und damit am Berg schneller zu werden, oder um eine andere leistungssteigernde Substanz schnell aus dem Körper zu schwemmen und damit dann wirklich betrügen wollte, müssen die Ermittlungen zeigen. Aber so oder so, steht da ein junger Profisportler vor einem Scherbenhaufen. Und das ist bei aller Abneigung und Wut, die ich persönlich gegenüber Doping im Profisport habe, einfach auch tragisch.
Über die Geschichte von Michel Heßmann hat SWR4 Baden-Württemberg am 29. August 2023 berichtet
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