Überlastet und überlaufen: Die Ausländerbehörde Stuttgart steht seit Wochen in der Kritik. Wie es besser werden soll, erklärte Oberbürgermeister Frank Nopper am Mittwoch im Rathaus. Dabei gab es auch Streit mit Gemeinderäten.
Sieben Maßnahmen, wie das Chaos vor der Ausländerbehörde besser werden soll, hat Stuttgarts Verwaltungschef Frank Nopper (CDU) am Mittwochabend bei einer Ausschusssitzung im Rathaus präsentiert. Vieles war bereits zuvor bekannt. Für das Stadtoberhaupt gab es bei der Sitzung Gegenwind.
Kritik Internationaler Ausschuss: Ausländerbehörde seit Jahren überlastet
Nopper stellte sich an dem Abend der Kritik des Internationalen Ausschusses des Stuttgarter Gemeinderats. Das Gremium ist ein beratender Ausschuss – dort werden Themen vorab besprochen, die dann in anderen Ausschüssen beschlossen werden. Neben Gemeinderäten sitzen in dem Ausschuss "sachkundige Mitglieder", also Experten in Migrationsfragen wie der Geschäftsführer des Deutsch-Türkischen Forums Stuttgart.
Die Hauptkritik der Ausschussmitglieder an dem Abend lautete: Die Ausländerbehörde sei schon seit vielen Jahren überlastet und genauso lange weise der Ausschuss schon auf die Probleme hin. Doch die Stadtverwaltung habe viel zu spät gehandelt.
Online-Terminvergabe für dringende Fälle angekündigt
Nun soll ein Warteraum eingerichtet werden. Das war eine der Maßnahmen, die OB Nopper verkündete. Weil regelmäßig Menschen in der Hoffnung auf einen Termin vor der Behörde übernachten, bringt das Rote Kreuz derzeit in den Morgenstunden Getränke für die Wartenden. "Voraussichtlich ab Mitte Oktober" soll es die Möglichkeit zur Online-Terminvergabe geben, sagte Nopper außerdem – allerdings nur für diejenigen, deren Aufenthaltstitel innerhalb der nächsten sieben Tage ausläuft. Bislang war offenbar davon die Rede, dass die Online-Terminvergabe erst 2024 kommen soll.
Hilfe aus anderen Abteilungen für Ausländerbehörde
23 Mitarbeiter, deren Arbeitszeit 16 Vollzeitstellen entspricht, konnte die Stadtverwaltung aus anderen Ämtern für die Arbeit in der Ausländerbehörde anwerben. Alle hätten sich freiwillig gemeldet, betonte Nopper. Diese Aushilfen sollen unter anderem in einem "Team Arbeitgeberwechsel" künftig Fälle, bei denen es um den Wechsel des Arbeitgebers von Ausländern geht, gesondert bearbeiten.
Nopper und Maier bitten um Geduld Stadt: Keine schnelle Lösung für Chaos in der Ausländerbehörde Stuttgart
Bürgermeister Maier und OB Nopper bitten um Geduld bei der Ausländerbehörde Stuttgart: Knapp ein Drittel der Stellen dort sei nicht besetzt. Nun sollen 16 Aushilfskräfte kommen.
Arbeitsplatzwechsel schneller bearbeiten
Was genau das bedeutet, erklärte Ordnungsbürgermeister Clemens Maier (Freie Wähler) nach der Sitzung im Stuttgarter Rathaus noch einmal genauer: "Wenn ein indischer Ingenieur bei Bosch arbeitet und zu Porsche wechselt, braucht er einen neuen Aufenthaltstitel, weil sich die Auflage ändert, dass er nur bei Bosch arbeiten darf", so Maier.
Diese Fälle seien einfacher zu bearbeiten als andere, die Einarbeitungszeit für Sachbearbeiter kürzer. Deshalb könnten Aushilfen aus anderen Ämtern hier gut einspringen. Weil der Arbeitgeberwechsel einen relativ großen Anteil am Gesamtaufkommen der Anträge habe, werde dadurch die Behörde insgesamt entlastet, so Maier.
Personalmangel macht Stadt Stuttgart zu schaffen
Der Ordnungsbürgermeister wies außerdem erneut auf den hohen Personalmangel hin. Knapp ein Drittel der Stellen in der Ausländerbehörde ist unbesetzt. Neue Mitarbeiter zu gewinnen, sei schwieriger als anderswo – auch deshalb, weil das Ausländerrecht so komplex sei, so Maier. "Nicht jeder hat den Mut, sich damit zu beschäftigen", begründete er den zu geringen Rücklauf auf Ausschreibungen.
Fehlendes Personal Stadt Stuttgart macht Bürgerbüro zu
Die Zustände in der Ausländerbehörde der Landeshauptstadt sorgten in den letzten Wochen für Kritik. Nun muss eine andere Behördenstelle vorerst schließen - das Bürgerbüro Süd.
Zoff zwischen Nopper und Pantisano
Linken-Stadtrat Luigi Pantisano hält dagegen: Die Arbeitsbedingungen in der Behörde seien nicht attraktiv genug, schon allein wegen des schlechten Zustands der Büros in der Behörde. Pantisano und Oberbürgermeister Nopper gerieten am Ende der Sitzung aneinander.
Nopper wirft Pantisano Polemik vor, die er in den letzten Wochen und Monaten zum Thema Ausländerbehörde betrieben habe. „Sie haben mich unter Rassismuskritik gestellt, mich und den Ordnungsbürgermeister, und das weise ich in aller Schärfe zurück und ich nenne das bösartig“, sagte Nopper zu Pantisano. „Das ist eine ganz billige und durchsichtige parteipolitische Maßnahme von Ihnen.“
Linken-Stadtrat Pantisano ist auch Mitglied des Bundesvorstands der Partei Die Linke. Er hatte die Zustände vor der Ausländerbehörde in den letzten Wochen mit am lautesten kritisiert. Inzwischen tragen Nopper und Pantisano ihren Streit auch in den sozialen Medien aus.
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Kritik auch von anderen Stadträten
Abgesehen von Pantisano gab es am Mittwochabend auch von anderen Stadträten und den sachkundigen Mitgliedern des Internationalen Ausschusses viele kritische Rückfragen an Nopper, Maier und Ordnungsamtsleiterin Susanne Scherz. Deutlich wurde vor allem: Viele werfen der Stadtverwaltung vor, zu lange nichts getan zu haben.
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"Wir machen seit Jahren an diesem Thema rum und es ist nicht mehr nachzuvollziehen, warum diese Maßnahmen erst jetzt kommen", sagte beispielsweise Grünen-Stadtrat Andreas Winter dem SWR.
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