Die Stadt Asperg kommt nicht aus den Negativ-Schlagzeilen: Mordprozess, Schüsse und der Streit um eine mögliche Erstaufnahmestelle (LEA). Wie geht Bürgermeister Eiberger damit um?
Der Tod der 17-jährigen Tabitha aus Asperg hat die 13.000-Einwohnerstadt am Fuße des Hohenaspergs im Kreis Ludwigsburg aufgewühlt. Seit Montag muss sich ein 36-jähriger Syrer wegen Mordes vor Gericht dafür verantworten. Am Karsamstag hat der gewaltsame Tod eines jungen Menschen den Ort erschüttert. Ein 18-Jähriger wurde erschossen. Von wem ist noch unklar. Außerdem gibt es Proteste gegen eine mögliche Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) vor den Toren der Stadt. Mit all diesen Fällen muss Bürgermeister Christian Eiberger (parteilos) umgehen.
SWR: Herr Eiberger, wie kommt man denn damit klar, wenn jetzt schon wieder so etwas passiert? Kommt da gerade die Stimmung aus dem letzten Jahr wieder hoch?
Christian Eiberger: Also, das ist natürlich wirklich sehr, sehr schwer zu fassen, dass gleich zweimal innerhalb kürzester Zeit so eine schreckliche Tat hier in unserem kleinen, beschaulichen Ort Asperg passiert. Und beide Male natürlich wirklich sehr, sehr junge Menschen leider Gottes haben sterben müssen. Und das bedrückt uns natürlich alle. Das betrübt die ganze Stadtgesellschaft und diese aktuellen Geschehnisse, die holen natürlich das vom letzten Jahr aus dem Juli 2022 komplett wieder hervor. Und damit einhergehend natürlich auch, dass heute dann auch der Prozess im Mordfall Tabitha beginnt.
SWR: Wie viel Raum nimmt dieses Thema dann auch in Ihrer Arbeit ein?
Eiberger: Die jüngsten Ereignisse vom Karsamstag, die haben die ganze letzte Woche einen Großteil meiner täglichen Arbeitszeit eingenommen - und bei einem Bürgermeister ist die Arbeitszeit eigentlich nach oben offen. Es gibt keine offizielle Arbeitszeit. Das war das dominierende Thema, um es so zu sagen, und zwar nahezu zu jeder Tages- und Abendzeit.
SWR: Kann man denn da überhaupt Trost spenden oder beruhigen - wie geht es Ihnen da?
Eiberger: Ich versuche es auf jeden Fall. Negative Ereignisse müssen bearbeitet, müssen verarbeitet werden. Vor allem ganz elementar und ganz wichtig ist: Man muss auch den Trauernden den Raum geben und auch den Raum und die Zeit spenden. Sowohl jetzt den Freunden und Familien als auch natürlich sonstigen, die einfach auch nur über mehrere Ecken den Verstorbenen gekannt haben. Und das müssen wir bieten. Und daraus dann eben die Kraft schöpfen, um zu sagen: Wie gehen wir künftig mit solchen eventuell schwierigen Situationen um? Und zeigen wir mehr Präsenz und versuchen eben dann auch Jugendliche zu kontaktieren, dass so etwas Schlimmes nicht mehr passiert?
Raum der Stille Trauer und Gedenken in Asperg nach tödlichen Schüssen
Nach dem Tod eines 18-Jährigen in Asperg hat das Jugendhaus einen Raum der Stille eingerichtet. Viele Jugendliche treffen sich aber auch unter einem blühenden Kirschbaum.
SWR: Jetzt ist die Situation ja noch komplizierter: Die Stimmung vor Ort ist beeinträchtigt durch die Pläne für eine Erstaufnahmeeinrichtung für Geflüchtete direkt am Ortsrand von Asperg. Wie wird diese Diskussion beeinflusst von diesen gewaltsamen Todesfällen?
Eiberger: Von gewissen Gruppierungen wird es garantiert nach vorne gezogen. Aber ich bin der Ansicht, das muss man schon auch etwas voneinander trennen. Wir wissen jetzt von der aktuellen Tat noch wenig über die Hintergründe. Deswegen würde ich hier sehr vorsichtig sein, da jetzt direkt etwas miteinander zu vermengen. Aber natürlich ist es auch ganz ganz klar: Wenn viele Menschen an einem Ort beengt oder etwas beengt aufeinander sitzen, dann wird es auch zwangsläufig natürlich das eine oder andere - ich sage mal - schwierigere Klientel, und zwar unabhängig von der Nationalität, mit sich bringen. Ich habe schon mal gesagt: Auch wenn wir 1.500 deutsche Männer zum Beispiel zusammenstecken in eine LEA, dann wird auch da ein gewisser Prozentsatz an Aggressionspotenzial vorhanden sein oder natürlich auch das ein oder andere schwarze Schaf. Deswegen ist für uns auch so wichtig, zu sagen: Ja, eine LEA bringt auch das ein oder andere Gefahrenpotenzial mit sich. Das dürfen wir nicht verschweigen.
SWR: Wir hatten es letzten Sommer schon und jetzt möglicherweise wieder: Wie kann man denn verhindern, dass Trauer, dass ganz individuelle Gefühle kippen und vereinnahmt werden von extremen politischen Gruppen?
Eiberger: Ich bin davon überzeugt, dass wir da, sobald es möglich ist und wir die Ermittlungen damit nicht weiter beeinflussen, ganz offen und transparent in die Öffentlichkeit gehen müssen. Sowohl die Stadt, aber natürlich vor allem auch die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die Gerichte. Dass wir einfach offen zeigen und sagen: Ja, das ist passiert durch den- oder diejenige, um dann zu zeigen, wir haben es schnell erkannt. Wir haben schnell agiert. Der Staat hat gehandelt und die Täter haben ihre gerechte Strafe bekommen und müssen diese dementsprechend auch ableisten und büßen, um zu zeigen: Der Staat ist handlungsfähig, wir sind für euch da, liebe Bürgerinnen und Bürger!
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