Union und SPD wollen ihre mögliche Koalition im Bund auf viel Geld bauen. Doch für das geplante Sondervermögen brauchen Merz, Klingbeil und Söder die Grünen - auch aus Baden-Württemberg.
Vor den Gesprächen der Parteien am Montagabend haben die Grünen den milliardenschweren Plänen von CDU/CSU und SPD erst einmal eine Absage erteilt. Man werde Schwarz-Rot nicht zur nötigen Mehrheit verhelfen, sei aber gesprächsbereit für eine grundlegende Reform der Schuldenbremse im neuen Bundestag, so die Partei- und Fraktionsspitze am Montagmittag in Berlin. Das harte Nein hat auch manche Grüne in Baden-Württemberg überrascht. Nun stellt sich die Frage: Bleiben Partei- und Fraktionsspitze in Berlin bei ihrem Nein zu den Milliardenplänen - oder wollen sie nur den Preis einer möglichen Zustimmung nach oben treiben?
Die Verhandlungsposition der Grünen jedenfalls ist nicht die schlechteste, denn für Friedrich Merz (CDU), Lars Klingbeil (SPD) und die anderen Verhandler drängt die Zeit: Schon am Donnerstag wollen Union und SPD mit Koalitionsverhandlungen für die nächste Bundesregierung beginnen. Doch für die Pläne aus ihrem Sondierungspapier brauchen sie Geld - viel Geld. Das milliardenschwere Verteidigungs- und Infrastrukturpaket aber wird es ohne eine Reform der Schuldenbremse im Grundgesetz nicht geben. Und für die ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat notwendig. Eine komplizierte Situation - in der es nun auf die Grünen ankommt.
SWR-Hauptstadtkorrespondent Sebastian Deliga erklärt, wie die Chancen stehen, die Grünen nochmal umzustimmen:
Grünen-Spitze will Union und SPD nicht zu Mehrheit verhelfen
Am Montagmittag traten Partei- und Fraktionsführung vor die Presse und teilten mit: der Fraktion werde man empfehlen, dem milliardenschweren Paket nicht zuzustimmen. "Wolfgang Schäuble würde sich im Grabe umdrehen, wenn er sehen würde, wie seine Partei die Schuldenbremse reformieren will, um Steuergeschenke damit zu finanzieren", sagte die Co-Parteichefin der Grünen Franziska Brantner (Wahlkreis Heidelberg). Der verstorbene frühere CDU-Finanzminister stand wie kaum ein anderer Politiker für die Schuldenbremse und die schwarze Null im Staatshaushalt.
Im aktuellen Bundestag hätten Union und SPD zusammen mit den Grünen noch die nötige Mehrheit. Im neu-gewählten Bundestag wären dafür zusätzlich Stimmen der Linken oder der AfD nötig. Union und SPD bauen trotz der Absage am Montagmittag weiter auf die Zustimmung der Grünen noch vor der Konstituierung des neuen Parlaments am 25. März. Doch einfach wird eine Einigung nicht.
Denn auch das grüne Kernthema Klima kommt aus Sicht der Parteiführung in den Finanzplänen von Schwarz-Rot viel zu kurz. Statt für das Paket der Sondierer im alten Bundestag stünden die Grünen für eine strukturelle Reform der Schuldenbremse im neuen Bundestag zur Verfügung, so die Partei- und Fraktionsspitzen. Sie empfahlen den Verhandlern schon jetzt Gespräche mit der Linken aufzunehmen.
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Vor Gesprächen mit Grünen: CDU und SPD zeigen sich zuversichtlich
Für Gespräche mit der Linken sah CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann am Montagmittag im Konrad-Adenauer-Haus aber keine Notwendigkeit - und für die am Montagabend angesetzten Gespräche mit den Grünen ein "konstruktives Klima". Der erste parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag Thorsten Frei (Wahlkreis Schwarzwald-Baar) sagte dem SWR, man habe die Stellungnahme der Grünen zur Kenntnis genommen, wünsche sich aber, dass sie trotzdem offen seien für den Austausch von Argumenten. "Wir jedenfalls sind es."
Auch appellierte Frei an die staatspolitische Verantwortung der Grünen, "das Notwendige zu tun, um Sicherheit, Frieden und Freiheit für unser Land zu erhalten", auch über parteipolitische Erwägungen hinaus. "Und ich bin mir absolut sicher, dass sich die Grünen dieser Verantwortung bewusst sind", so Frei.

SPD-Partei- und Fraktionschef Lars Klingbeil gab sich vor den Beratungen mit den Grünen am Montagabend ebenfalls zuversichtlich, betonte aber, er nehme die Bedenken der Grünen sehr ernst. Es überrasche ihn auch nicht, dass man inhaltlich noch nicht beisammen sei. Jetzt müsse es vertrauliche Gespräche über die inhaltlichen Fragen der Grünen geben. Ziel müsse sein, "etwas hinzubekommen, hinter dem sich die demokratische Mitte versammeln kann", so Klingbeil.
Appelle an die staatspolitische Verantwortung ihrer Partei wies die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion Britta Haßelmann am Mittag jedoch klar zurück, Belehrungen verbat sie sich. Wichtig sei, ob es in der Sache stimme. Entweder man verständige sich auf ein Gesamtpaket oder die Grünen-Fraktion bringe selbst einen Gesetzesentwurf in den Bundestag ein.
Sondervermögen: Kritik und Forderungen auch aus BW
CDU, CSU und SPD hatten in ihren Sondierungen für eine Koalition vereinbart, die Schuldenbremse für höhere Verteidigungsausgaben zu lockern und ein schuldenfinanziertes Sondervermögen von 500 Milliarden Euro für die Infrastruktur zu schaffen. An den Plänen hatte es bereits am Wochenende Kritik von drei Länderministern der Grünen gegeben. Unter anderem BW-Finanzminister Danyal Bayaz hatte erklärt, die geplante Grundgesetzänderung sei "ohne wesentliche Änderungen" nicht zustimmungsfähig und forderte etwa 200 statt 100 Milliarden für Länder und Kommunen aus dem geplanten Sondervermögen für Infrastruktur. Die Pläne von Union und SPD nannte er ein großes "Wünsch-dir-was" und betonte im SWR: "Wichtig ist, dass wenn wir Kredite in die Hand nehmen, dass sie auch wirklich in die Infrastruktur fließen."
Mit Blick auch auf die Vorschläge der grünen Landespolitiker um Bayaz sagte Thorsten Frei, es seien durchaus Vorschläge dabei, denen man sich vernünftigerweise nähern könne. "Darüber muss man sprechen, deshalb ist es wichtig, dass man die Türe nicht zuschlägt, bevor man diese Gespräche geführt hat", so der CDU-Mann. Er halte es für richtig, dass Länder und Kommunen beteiligt werden, wenn es um Infrastruktur geht, mahnte aber mit Blick auf weitere Verhandlungen: "Man muss die Kirche auch im Dorf lassen. Man muss aufpassen, dass man an dieser Stelle nicht überzieht."
Union und SPD wollen ihren Gesetzesantrag am Donnerstag in erster Lesung in den Bundestag einbringen. Die Abstimmung soll dann am 18. März folgen.
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