Beim politischen Aschermittwoch zeigt sich BW-Ministerpräsident Kretschmann offen für das Schuldenpaket von Union und SPD. Beim Treffen der BW-CDU ist Generalsekretär Linnemann zu Gast.
Zehn Tage nach der Bundestagswahl stand der politische Aschermittwoch in Baden-Württemberg in diesem Jahr im Zeichen der anstehenden Koalitionsverhandlungen von Union und SPD. Sie hatten sich bei der Sondierung in Berlin auf ein Milliarden-Paket für Verteidigung und Infrastruktur geeinigt. Große Häme zwischen den Koalitionspartnern von Grünen und CDU in Baden-Würtemberg gab es nicht.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann begrüßte das historische Schuldenpaket in seiner Rede beim politischen Aschermittwoch der Grünen in Biberach: "Im Großen und Ganzen scheint es mir vernünftig, was da ausgehandelt wurde." Für ihn gebe es aber noch einige offene Fragen. "Da werden wir noch mitreden müssen", sagte Kretschmann mit Blick darauf, dass CDU und SPD die Zustimmung von Grünen oder FDP für die Umsetzung ihrer Pläne brauchen. Es müsse etwa geklärt werden, wie die Schulden wieder getilgt werden könnten.
Zudem warf Kretschmann der CDU nach den Beschlüssen zu den Sondervermögen und der Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigungsausgaben fehlende Weitsicht vor. Jeder habe auch schon vor der Wahl sehen können, dass es so kommen werde. "Dann in der Geschwindigkeit seinen Kurs zu wechseln, ist nicht gerade ein Ausweis von Verlässlichkeit", so der Ministerpräsident.
Wenig Häme zwischen Koalitionsparteien Politischer Aschermittwoch: Kretschmann begrüßt Schuldenpaket von Union und SPD
Beim politischen Aschermittwoch zeigt sich BW-Ministerpräsident Kretschmann offen für das Schuldenpaket von Union und SPD. Beim Treffen der BW-CDU ist Generalsekretär Linnemann zu Gast.
Özdemir will Qualifikation vor Parteibuch
Cem Özdemir, aktuell Bundeslandwirtschafts- und Bildungsminister, forderte in seiner Rede, dass bei der Besetzung von Spitzenpositionen die Qualifikation den Ausschlag geben sollte - und nicht das Parteibuch. "Wir müssen schauen: Wer kann's? Und die, die es können, dürfen den Job nicht deshalb nicht bekommen, weil sie von der falschen Partei sind", so Özdemir. Dies sollte auch seine Partei zum Prinzip machen.
In der Tradition des politischen Aschermittwochs lästerte er dann über mögliche künftige CSU-Bundesminister: "Man hat bei der CSU den Eindruck, Qualifikation ist fast schon ein Hinderungsgrund, im Bund Minister zu werden", sagte Özdemir. Das merke er auch in seinem Privatleben. Wenn er mit seinem Sohn darüber diskutiere, ob der Hausaufgaben machen müsse, antworte der ihm gerne: "Papa, der Scheuer durfte in Deutschland auch Minister werden."
Dennoch hofft Özdemir, "dass diese Bundesregierung nicht scheitert". Denn sonst "wird die AfD nächstes Mal durch die Decke schießen". Seine Partei rief Özdemir daher dazu auf, im Bund die Rolle einer konstruktiven Opposition auszufüllen.
Kaum Spott gegen BW-CDU
CDU-Landeschef Manuel Hagel ging Özdemir dagegen so gut wie gar nicht an. Dabei ist Hagel sein mutmaßlicher Hauptkonkurrent im anstehenden Wahlkampf für die Landtagswahl im kommenden Jahr. Die Landes-CDU, mit der die Grünen in Baden-Württemberg seit 2016 gemeinsam regieren, kam in seiner Rede nur am Rande vor. Er verstehe ja, sagte Özdemir, dass es bei der CDU eine Sehnsucht danach gebe, dass 2026 alles wieder ins Lot komme. "Ihr müsst jetzt ganz tapfer sein: Dass wir hier seit 2011 regieren war eben kein historischer Zufall, keine Laune der Zeitläufe."
CDU-Landeschef Hagel fordert Konsequenzen aus Todesfahrt in Mannheim
Die CDU traf sich in Fellbach (Rems-Murr-Kreis) zum "größten politischen Stammtisch des Landes". Dort war auch CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann zu Gast. In seinem Beitrag sprach er von entscheidenden Wochen. Ein Regierungswechsel allein löse die Probleme nicht, notwendig sei ein Politikwechsel. Weiter erklärte der CDU-Generalsekretär, dass Europa sich verteidigen können müsse, um sich nicht verteidigen zu müssen. Im Hinblick auf die SPD sagte er, dass sie nach wie vor eine Volkspartei sei. "Glauben Sie mir, ich habe kein Interesse daran, dass sich die SPD marginalisiert", so Linnemann.
Der Chef der CDU Baden-Württemberg, Manuel Hagel, ging in seiner Rede auf die Todesfahrt von Mannheim am Rosenmontag ein. Er forderte, die Polizeiarbeit mit dem verstärkten Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) zu unterstützen. KI-gestützte Überwachung müsse auf öffentlichen Straßen und Plätzen ausgebaut werden - auch auf Kosten des Datenschutzes, so Hagel.
Was ist denn jetzt wichtiger: Datenschutz oder Lebensschutz?
Wie Özdemir attackierte auch Hagel den Koalitionspartner im Land kaum und die AfD heftig: "Diese AfD will alles zerstören, was unser Land groß gemacht hat", sagte er. "Diese AfD hasst, wofür wir stehen. Sie hasst die Ideen der sozialen Marktwirtschaft. Sie hasst Europa." Die Partei sei nur mit einer 180-Grad-Wende zu besiegen. "Alles Ausgrenzen im Umgang mit der AfD hat doch nichts gebracht. Wir müssen dieser Truppe Inhalte stellen. Wir müssen dieser Truppe sagen, was 'Raus aus der EU und aus Europa' für uns heißen würde in diesem Land", sagte Hagel unter dem Beifall von rund 1.500 Menschen.
SPD trifft sich in Ludwigsburg
Die SPD kam zum politischen Aschermittwoch in Ludwigsburg zusammen. Auch dort ging es um das milliardenschwere Schuldenpaket. SPD-Landeschef Andreas Stoch bezeichnete die Pläne als viel mehr als einen "Doppel-Wumms". Dies sei gut in einer Krise, wie es sie noch nie gegeben habe, so Stoch.
"Jetzt erst recht", hieß es bei der FDP, bei ihren Aschermittwochstreffen in Karlsruhe. Die Liberalen gaben sich kämpferisch. Der Landesvorsitzende Hans-Ulrich Rülke ließ kein gutes Haar an der Einigung von CDU und SPD zu Schuldenbremse und Sondervermögen: "Jetzt brechen alle Dämme", sagte Rülke angesichts der drohenden Verschuldung. Friedrich Merz habe damit bewiesen, dass er nicht als Kanzler tauge. Als Vorgeschmack auf den Landtagswahlkampf kritisierte Rülke die Grünen scharf. Er warf ihnen vor, verantwortlich für die überbordende Bürokratie im Land zu sein. Auch Fehler in der Bildungspolitik oder bei der Energiewende warf Rülke den Grünen vor. Die AfD trifft sich am Abend in Rastatt.
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