EU-Staaten sollen mit mehreren südamerikanischen Staaten leichter Handel treiben können. Deutsche Bauern fürchten erhebliche Nachteile, Minister Özdemir sieht es anders.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) verteidigt das Handelsabkommen Mercosur gegen Kritik aus der Landwirtschaft. Das Abkommen soll zu einer riesigen Freihandelszone der EU mit Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay ("Mercosur-Staaten") führen, Zölle sollen abgebaut und der Handel angekurbelt werden. Der Präsident des Deutschen Bauernverbands Joachim Rukwied hatte kritisiert, das Abkommen gehe zu Lasten der europäischen Bauern und schwäche die Betriebe massiv im Wettbewerb.
Özdemir glaubt hingegen nicht, dass das Abkommen für die deutsche Landwirtschaft eine existenzielle Bedrohung darstellt. Man habe darauf geachtet, dass die Interessen der Landwirte nicht unter die Räder kommen, sagte der Grünen-Politiker am Montag in Brüssel. Özdemir sagte, man müsse Export- und Schutzinteressen für den einheimischen Markt abwägen. "Ich glaube, dass uns das hier ganz gut gelungen ist", ergänzte der Minister.
Gemischte Reaktionen auf Mercosur-Einigung EU einigt sich auf Freihandelszone mit Südamerika - BW-Landwirte enttäuscht
Die EU-Kommission beschließt eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur. In BW fallen die Reaktionen auf das Abkommen gemischt aus.
Özdemir: Konsumenten sollen Herkunft erkennen
Zugleich fordert Özdemir von der EU-Kommission Vorschläge dafür, wie bei den Produkten die Herkunft gekennzeichnet werden könnte. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten sich auf diese Weise bewusst für europäische Produkte entscheiden können, sagte der Grünen-Politiker. Anstatt "dass man jetzt schimpft und bruddelt und motzt", brauche man konkrete Maßnahmen. "Das schützt unsere einheimische Produktion", sagte Özdemir.
Nicht nur Landwirte kritisieren Mercosur-Abkommen
Die EU-Kommission hatte vor wenigen Tagen mitgeteilt, Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen zu haben. Die Einigung kann immer noch scheitern, in jedem Fall muss etwa das EU-Parlament zustimmen. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron kritisiert das Abkommen und begründet dies mit dem Schutz der eigenen Landwirte, vor allem vor billigerem Geflügel oder Rindfleisch aus Südamerika. Auch Polen und Italien erklärten zuletzt, das Abkommen sei in der jetzigen Form nicht akzeptabel. Österreich und Irland werden ebenfalls zu den Kritikern gezählt. Umweltschützer wie Greenpeace nennen das Abkommen "toxisch" und argumentieren mit niedrigeren Standards bei Pestiziden, Tierschutz und Arbeitsrechten in Südamerika.
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Mit Traktoren und lautem Hupen haben französische Bauern ihren Ärger gezeigt - unterstützt wurden sie von deutschen Landwirten aus Südbaden und ihren Schleppern.
Deutsche Autobauer hoffen auf mehr Exporte nach Südamerika
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) hofft auf bessere Geschäfte für die deutsche Exportwirtschaft und mehr Arbeitsplätze. Durch das Abkommen bekämen deutsche Unternehmen Zugang zu einem bisher weitgehend abgeschotteten südamerikanischen Markt mit rund 265 Millionen Konsumenten, so der Verband. Auch deutsche Autobauer haben lange auf ein Mercosur-Freihandelsabkommen gedrängt. Bisher müssen nämlich für ihre Autos, die in die Mercosur-Staaten importiert werden, 35-prozentige Zölle gezahlt werden. Auch auf Autoteile gibt es bisher hohe Zölle. Der BDI setzt zudem auf Rohstoffe wie Lithium und Kupfer aus Südamerika, die Europa für Elektroautos braucht.
Wird Orangensaft bald billiger?
Auch deutsche Fruchtsaft-Hersteller äußern sich positiv zum Mercosur-Abkommen. Es werde dazu führen, dass Orangensaft für die deutschen und europäischen Verbraucherinnen und Verbraucher günstiger werde. "Speziell bei Orangensaft wird sich die Abschaffung von Zöllen spürbar auswirken", teilte der Verband der deutschen Fruchtsaft-Industrie am Montag mit.
Die EU muss Handelsabkommen nach Ansicht von Özdemir künftig deutlich schneller verhandeln. "Wer soll denn mit uns noch Abkommen schließen?", fragte Özdemir mit Blick auf die deutlich mehr als 20 Jahre langen Verhandlungen zum EU-Mercosur-Abkommen. Angesichts einer Welt, in der immer mehr Akteure ihren einheimischen Markt abschotten wollten, werde es schwieriger für die Europäische Union, noch Partner zu finden, sagte er.
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