Seit Tagen fahndet die Polizei nach einem entflohenen Mörder, der eigentlich in Bruchsal inhaftiert ist. Nun hat Justizministerin Gentges weitere Details bekanntgegeben.
Der aus einem Gefängnis in Bruchsal (Kreis Karlsruhe) geflohene und weiter flüchtige Mörder hat während eines bewachten Ausgangs seine Fußfessel wohl mit Hilfe eines Werkzeugs geknackt. Das gab die baden-württembergische Justizministerin Marion Gentges (CDU) am Mittwoch bei einer Regierungsbefragung im Landtag bekannt. "Mit einem geeigneten Werkzeug kann jede Fesselung durchtrennt werden" so Gentges.
Gentges betonte allerdings auch, eine solche Fußfessel funktioniere nicht "für sich alleine", sondern nur in Kombination mit begleitenden JVA-Bediensteten. Es sei damit möglich, einen Fluchtweg leichter nachzuvollziehen. Die CDU-Ministerin äußerte sich nicht dazu, ob dem Mann geholfen wurde, die Fußfessel durchzutrennen oder wie er bei seiner Flucht an das Werkzeug gelangen konnte. Die zerstörte Fessel war im Stadtgebiet von Germersheim entdeckt worden.
Verurteilter Mörder durfte drei Mal pro Jahr aus dem Gefängnis
Die FDP wollte im Rahmen der Regierungsbefragung auch wissen, welche Gefahr von dem 43-jährigen Mann ausgeht. Laut Gentges durfte der Mann seit 2019 drei Mal pro Jahr unter Aufsicht aus dem Gefängnis. Das hatte er gerichtlich beantragt. Gentges sagte, die Mordopfer des Mannes seien keine Zufallsopfer gewesen, sondern hätten eine Beziehung zu ihm gehabt.
Das spreche gegen eine Gefahr zum jetzigen Zeitpunkt. Die FDP-Abgeordnete Julia Goll kritisierte die Justizministerin dafür, dass sie sich bisher noch nicht zu dem Fall geäußert hatte.
Zukünftig zwei Fußfesseln bei Ausführungen von Straftätern?
Die FDP fordert nach dem Zwischenfall deutlich schärfere Vorgaben für sogenannte Ausführungen aus Justizvollzugsanstalten. Nach einer solchen Flucht müsse das Vorgehen bei Ausführungen auf den Prüfstand kommen, sagte Goll. Es könne zum Beispiel untersucht werden, ob ein weiteres Begleitfahrzeug oder ein zusätzlicher JVA-Bediensteter das Risiko einer Flucht verringern könnten. Auch müsste geprüft werden, ob eine zweite Fußfessel hilfreich wäre. "Es dauert länger, zwei Fußfesseln loszuwerden als eine", sagte Goll.
Gentges verteidigte im Landtag zudem den begleiteten Ausgang des verurteilten Mörders. "Vollzugsöffnende Maßnahmen" müssten nach gesetzlicher Vorgabe gewährt werden. Ein Gefangener dürfe also "für eine bestimmte Zeit unter ständiger und unmittelbarer Aufsicht von Vollzugsbediensteten" eine JVA verlassen. Es gehe darum, dass auch langjährig inhaftierte Gefangene ihre "Lebenstüchtigkeit" erhalten können, wie es auch das Bundesverfassungsgericht formuliert habe.
Ausführungen im geschlossenen Bereich der JVA Bruchsal ausgesetzt
Im Fall des Flüchtigen habe die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Karlsruhe entschieden, dass die von dem Mann beantragten drei Ausführungen im Jahr nicht unangemessen seien, sagte Gentges weiter. Konsequenzen hat die Flucht zunächst auch für andere Gefangene in der JVA Bruchsal: "Bis zum Abschluss unserer Überprüfungen sind Ausführungen aus dem geschlossenen Bereich (...) ausgesetzt", erklärte Anstaltsleiter Thomas Weber. Man werde diese begleiteten Ausflüge im Anschluss aber wieder aufnehmen.
Inzwischen gebe es über 60 Spuren und Hinweise, denen nachgegangen werde, so eine Sprecherin weiter. Das LKA unterstütze die für den Fall zuständige Ermittlungsgruppe beim Polizeipräsidium Pforzheim unter anderem mit seiner Zielfahndungseinheit. In der LKA-Einheit arbeiten Expertinnen und Experten, die auf schwere und organisierte Kriminalität spezialisiert sind.
Der verurteilte Mörder war am Montag vor einer Woche bei einem bewachten Ausflug an einen Baggersee in Germersheim (Rheinland-Pfalz) entkommen. Die elektronische Fußfessel sei dem Mann am Morgen des Ausgangs angelegt worden. An dem See sollte er seine Frau und Kinder treffen, es war bereits die achte Ausführung in dieser Form. Seitdem sucht die Polizei umfangreich nach dem Mann. Er war 2012 vom Landgericht Karlsruhe zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden, weil er einen 44-Jährigen erwürgt hatte.
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