In Baden-Württemberg sind im zweiten Corona-Jahr 2021 laut DAK vergleichsweise viele junge Mädchen neu an Depressionen erkrankt. Bei Jungen sank die Neuerkrankungsrate dagegen.
Im zweiten Corona-Jahr 2021 sind vergleichsweise viele Mädchen im Alter zwischen 10 und 14 Jahren neu an Depressionen erkrankt. Das hat eine Studie der Krankenkasse DAK-Gesundheit in Baden-Württemberg ergeben. Die Zahl der Neubehandlungen bei weiblichen Teenagern dieser Altersgruppe sei im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um 86 Prozent gestiegen, teilte die Krankenkasse mit.
Weniger Neuerkrankungen bei Jungen
Bei den gleichaltrigen Jungen sank die Neuerkrankungsrate um ein Viertel. Auch bei den 15- bis 17-jährigen Mädchen gab es den Angaben zufolge mit einem Plus von 48 Prozent deutlich mehr Neuerkrankungen als bei gleichaltrigen Jungen; bei ihnen stieg die Zahl um 13 Prozent. "Die Ergebnisse unseres Kinder- und Jugendreports zeigen, dass jugendliche Mädchen im Südwesten besonders in der Pandemie leiden", sagte DAK-Landeschef Siegfried Euerle zur Vorstellung des DAK-Kinder- und Jugendreports 2022. Dieser mache auch deutlich, dass Mädchen und Jungen anders mit den Belastungen umgehen.
Studienergebnisse spiegeln klassisches Rollenverständnis wieder
Ähnlich ordnet auch der Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeut und Vorsitzende der Landespsychotherapeutenkammer, Martin Klett, die Zahlen ein. Grundsätzlich seien psychische Probleme heute weniger tabuisiert. Die Ergebnisse spiegelten ein bestimmtes Rollenverständnis wieder, das trotz Fortschritten weiterhin vorhanden sei: Jungen seien nicht robuster, sondern verschwiegen psychische Probleme häufiger als Mädchen.
Laut Klett kompensieren Jungen daher diese Probleme anders als junge Frauen und Mädchen, die aufgrund ihrer Sozialisation viel mehr auf soziale Kontakte angewiesen sind. Darum gingen Mädchen tendenziell mit diesen Problemen offener um, weil die Gesellschaft Jungen ähnlich wie Männern signalisiere, sie müssten alleine mit diesen Problemen klar kommen. Zu den genauen Hintergründen könne man aber nur mutmaßen. In diesem Bereich sei viel mehr Forschung nötig, so Klett.
Im Gespräch informiert der Psychotherapeut Martin Klett aus Freiburg auch über Alarmsignale psychischer Gesundheit, auf die Eltern bei Kindern und Jugendlichen achten sollten:
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