Grün leuchten Ladekabel an einer Schnellladesäule für Elektroautos.

Diskussion um auslaufende Förderung

Mehr E-Autos auf den Straßen: Ist das machbar - und vor allem umweltfreundlicher?

Stand
Autor/in
Susanne Henn

Der baden-württembergische Verkehrsminister Hermann will mehr E-Autos auf den Straßen. Nur so ließen sich die CO2-Emissionen im Verkehrssektor schnell senken. Doch geht das?

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will mehr E-Autos auf den Straßen des Landes. Er kritisierte die plötzlich beendete Förderung des Bundes für Elektroautos. Das sei kontraproduktiv, denn nur mit ihnen ließen sich die CO2-Emissionen im Verkehrssektor, die zuletzt wieder gestiegen sind, schnell senken, so Hermann. Aber ist es - Stand jetzt - überhaupt möglich, so viele E-Autos zu haben? Und welche Probleme könnten auf Baden-Württemberg zukommen? Susanne Henn aus der SWR-Umweltredaktion hat sich mit den drängendsten Fragen beschäftigt.

Mehr E-Autos auf den Straßen: Ist das überhaupt umsetzbar?

In der Summe ja, aber nicht von jedem Hersteller, von dem man sich vielleicht sein persönliches Elektroauto wünscht. Das hängt vor allem davon ab, inwieweit der jeweilige Hersteller in der Produktion schon auf E-Autos umgestellt hat. Und da sind einige der deutschen Hersteller bekanntermaßen nicht so richtig weit vorne. Aber das Angebot an E-Autos insgesamt ist relativ groß, genügend Rohstoffe sind auch vorhanden, es wäre also möglich, die Anzahl von E-Autos auf der Straße zu steigern.

Andere Länder wie die Niederlande, Schweden und vor allem Norwegen zeigen, dass es geht. In Norwegen waren im vergangenen Jahr 79 Prozent aller neu zugelassenen Autos E-Autos, in Deutschland nur rund 20 Prozent. Vielen Menschen sind sie aber auch schlichtweg einfach noch zu teuer und auch das könnte jetzt - so die Befürchtung - weniger werden, wenn die staatliche Förderung wegfällt. Also da ist noch Luft nach oben, die Zahl der E-Autos auf deutschen Straßen kann noch spürbar gesteigert werden.

Sind E-Autos nur dann ökologisch, wenn der Strom erneuerbar ist?

Jein, natürlich kann ein E-Auto nur so umweltfreundlich fahren, wie der Strom ist, mit dem es geladen wird. Das gilt vor allem, wenn man bedenkt, dass allein die Hälfte des CO2, das so ein Auto im Laufe seines Lebens emittiert, bei der Produktion von Batterie und Antriebsstrang entstehen - neun Mal so viel wie bei einem Benziner. Umso wichtiger also, dass beim Fahren nicht so viel dazu kommt.

Aber: Der Anteil der Erneuerbaren am Strommix in Deutschland, und damit werden ja auch die E-Autos geladen, lag im ersten Halbjahr schon bei über 50 Prozent, Tendenz steigend. Und das hat zur Folge, dass nach Berechnungen des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) ein E-Auto nach rund 90.000 Kilometern umweltfreundlicher ist als ein Verbrenner und mit jedem Prozent mehr regenerativen Stroms im Strommix wird das besser. Dabei geht man davon aus, dass ein Auto in Deutschland durchschnittlich 200.000 Kilometer fährt - also diese Rechnung spricht dann eindeutig für das E-Auto.

Reicht unser Stromnetz aus, um so viele Elektroautos zu laden?

Das Stromnetz in Deutschland steht momentan vor so einigen Herausforderungen. Es muss zunächst einmal umgebaut werden, um den regenerativen Strom, der ja zu großen Teilen im Norden oder Osten Deutschlands per Windenergie produziert wird, zu jeder Steckdose zu transportieren. Dafür brauchen wir neue Stromtrassen, so wie SüdLink. Insgesamt müssen in Deutschland in den nächsten Jahren laut Ministerium für Wirtschaft und Klima rund 13.000 Kilometer Stromtrassen neu gebaut oder verbessert werden und das Tempo dabei könnte höher sein.

Dann wird unser Strombedarf in den nächsten Jahren und Jahrzehnten insgesamt stark steigen: Nicht nur, um noch mehr E-Autos zu laden. Wärmepumpen, die ja verstärkt zum Einsatz kommen sollen, brauchen auch Strom, grüner Wasserstoff, der wichtig für die Klimafreundlichkeit der deutschen Industrie ist, benötigt bei der Produktion auch grünen Strom. Und dieser grüne Strom muss ja nicht nur gewonnen, sondern auch transportiert werden. Das ist tatsächlich momentan noch ein Knackpunkt.

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Hätten wir jetzt einen Anteil von 50 Prozent oder mehr an Elektroautos, die alle nachts an die Steckdose gehängt werden, dann könnte das unser Stromnetz überfordern. Deshalb wird eine intelligente Steuerung der Netze von zentraler Bedeutung sein, das was wir als "smart" bezeichnen. Das heißt, vereinfacht ausgedrückt: Im Netz wird automatisch überwacht, welcher Verbraucher sofort Strom braucht und welcher noch warten kann, das hieße dann zum Beispiel für das E-Auto: Ich hänge es abends an die Dose, aber Strom fließt erst, wenn gerade genügend zu Verfügung steht, irgendwann nachts. Das ist technisch machbar, aber da sind noch einige Investitionen notwendig.

Welche anderen Möglichkeiten gibt es, die Emissionen im Verkehr zu senken?

Wenn man die Möglichkeiten, die Bahn, den öffentlichen Nahverkehr, das Rad oder die eigenen Füßen zu nutzen, außer Acht lässt und wie Minister Hermann davon ausgeht, dass die Leute nicht weniger Autofahren werden, dann momentan tatsächlich nicht so viele. Es gibt ein paar Stellschrauben, an denen man drehen könnte: ein Tempolimit zum Beispiel. Berechnungen des Umweltbundesamtes zeigen, dass ein Limit von 120 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen die Emissionen insgesamt um mehr als vier Prozent reduzieren würde. Dann hätte es auch einen Effekt, wenn insgesamt kleinere und leichtere Fahrzeuge unterwegs wären. Die verbrauchen einfach weniger Sprit. Bei uns sind aber SUVs sehr beliebt.

Große Hoffnungen liegen ja schon seit Längerem auf den sogenannten E-Fuels, also synthetisch hergestellten Kraftstoffen für Verbrenner. Aber auch die müssten mit erneuerbaren Energien produziert werden, um einen wirklichen Klimanutzen zu haben. Das ist zwar möglich, aber momentan noch sehr viel teurer als herkömmlicher Sprit. Ob das jemals in breiter Masse kommen wird, daran gibt es auch Zweifel. Also um die Emissionen im Straßenverkehr schnell zu senken, können sie jedenfalls keinen Beitrag leisten.

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