Während sich die chinesischen Autohersteller auf der IAA in München breit machen, bleibt die deutsche Autoindustrie gelassen. Dabei steht sie unter Druck. Ein Besuch vor Ort.
Ein Messestand über zwei Stockwerke. Sechs verschiedene Automodelle und eine Bestuhlung für ein paar Dutzend Menschen. Der Andrang ist groß. Jeder, der dort vorbeiläuft, bleibt wenigstens eine Sekunde stehen. Irgendwo um die Ecke ist der Stand von Mercedes-Benz. Drei große Buchstaben hängen von der Messedecke: BYD.
Der erste Messeauftritt überhaupt auf der IAA hätte kaum selbstbewusster ausfallen können. Der chinesische Autobauer Build Your Dreams, kurz BYD, will den europäischen Automarkt erobern. Dazu legt der Konzern ein atemberaubendes Tempo an den Tag, im Jahr 2022 hat auch in Deutschland die erste Filiale eröffnet. Man sei gekommen, um zu bleiben, betont auch Marc Kaiser, Sprecher von BYD Europe.
IAA in München: Autobauer aus China allgegenwärtig
Auch wenn BYD mit einem großen Stand in, und einem nicht weniger geräumigen außerhalb des Messegeländes in der Münchner Innenstadt groß von sich reden machen will, ist der Konzern nicht der einzige Hersteller batteriebetriebener Fahrzeuge aus Fernost.
Leapmotor, Seres, SAIC, Hinqi und Xiaopeng Motors werden allesamt ihre neuesten Innovationen vorstellen, einige Messehallen sind zahlenmäßig fest in chinesischer Hand. Dieses Jahr werden es auf der IAA mobility doppelt so viele chinesische Hersteller sein, wie noch bei der letzten Messe vor zwei Jahren.
Die Internationale Automobil-Ausstellung IAA in München als China-Show
Deutsche Experten teilen die Sorge, der gleichzeitige Angriff auf die verschiedensten Fahrzeugklassen sei vor allem für deutsche Firmen kritisch, die sich so um ihre Absätze Sorgen machen müssen. In China ist BYD inzwischen Marktführer und hat dabei vor allem von günstiger Preispolitik profitiert.
Ein Weg, den die Autobauer aus Baden-Württemberg, wie Porsche oder Mercedes-Benz, nur schwer mitgehen dürften. Auch die staatlichen Fördermaßnahmen erwiesen sich als Glücksgriff für Chinas Autobauer.
Mercedes sieht in Luxusklasse das Label "Made in Germany" im Vorteil
Für Ola Källenius, Chef des Luxusanbieters Mercedes-Benz, ist keine akute Gefahr erkennbar. Er möchte, dass sich der Konzern weiterhin auf die Mercedes-typische Kundschaft fokussiert. Denn die chinesischen Hersteller können zwar in vielen kleinen und günstigen Segmenten Absätze verzeichnen, in der Luxusklasse ist allerdings das Label "Made in Germany" weiterhin im Vorteil.
Ohnehin hat Mercedes pünktlich zur Messe ein rein elektrisches Einsteigermodell präsentiert, das mit einer hohen Reichweite punkten will.
Auto-Branche: Neue Kooperationsmöglichkeiten mit China
Die fernöstliche Konkurrenz sehen einige auch als Chance. So argumentiert Christof Horn von ZF Friedrichshafen, dass neue Wettbewerber auch gleichzeitig neue Kunden sein könnten: "Wir sehen den Start chinesischer Exporte nach Deutschland vollkommen positiv, denn das vergrößert auch unsere Chance, Geschäfte zu machen.“
Auch Stefan Hartung, Chef des Stuttgarter Teileherstellers Bosch, wittert neue Chancen: "Ich bin grundsätzlich der Meinung, dass Wettbewerb immer gut ist. Sowohl für den Kunden als auch für den Anbietermarkt."
Wie sich die Industrie entwickelt, bleibt abzuwarten. Entscheiden werden am Ende die Kundinnen und Kunden, wer das beste Angebot hat.