Die grün-schwarze Regierungskoalition in Baden-Württemberg plant Lebensarbeitszeitkonten für die Beschäftigten im Landesdienst. Der Gewerkschaft ver.di reichen die Pläne nicht aus.
Der öffentliche Dienst soll für Bewerber attraktiver werden: Aus diesem Grund plant die Landesregierung nach SWR-Informationen dort sogenannte Lebensarbeitszeitkonten einzuführen. Arbeitnehmer können mit dieser Regelung zum Beispiel in jüngeren Jahren Arbeitszeit ansparen, um im Alter früher in eine bezahlte Freistellung gehen zu können.
Maßnahme auch gegen Lehrermangel
Lebensarbeitszeitkonten seien wegen ihrer Flexibilität ein Vorteil für die Beschäftigten. Gleichzeitig könne der Arbeitgeber auf mehr Stunden zurückgreifen, wenn Bedarf bestehe, sagte Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz dem SWR. Das Innenministerium arbeite im Augenblick an entsprechenden Eckpunkten.
Die Arbeitsplätze im Landesdienst würden an Attraktivität gewinnen und es könnten mehr junge Menschen für das Lehramt gewonnen werden, so Schwarz weiter. Vorbild sei ein Modell in Hessen, wo es bereits Lebensarbeitszeitkonten für Landesbeschäftigte gebe. Ziel sei es, noch in diesem Jahr ein Konzept vorzulegen, sagte CDU-Fraktionschef Manuel Hagel dem SWR. Auch die Fraktionsvorsitzenden von SPD und FDP, Andreas Stoch und Hans-Ulrich Rülke, begrüßten gegenüber dem SWR die Pläne, gerade um das Lehramt attraktiver zu machen.
ver.di fordert zusätzlich kürzere Wochenarbeitszeit
Die stellvertretende Landesbezirksleiterin der Gewerkschaft ver.di, Hanna Binder, begrüßt es, "dass die Landesregierung sich mit dem Thema auseinandersetzt." ver.di fordert aber zusätzlich eine Verkürzung der bisher üblichen 41 Stunden Wochenarbeitszeit von Beamten und Beamtinnen. "Bei 41 Stunden on top Mehrarbeit ansammeln ist ein echtes no go", so Binder.
Außerdem müsse die Teilnahme für die Beschäftigten freiwillig sein. Das Modell dürfe nicht dafür missbraucht werden, um Beschäftigte wegen Unterbesetzungen zu Überstunden zu zwingen, aber keine neuen Stellen zu schaffen. Mit der Einführung von Lebensarbeitszeitkonten muss aus Sicht von ver.di zudem eine Ausbildungsoffensive einhergehen, damit die später fehlenden Fachkräfte ersetzt werden können. Sonst würden die Kosten der nächsten Generation aufgebürdet, teilte die Gewerkschaft mit.
GEW gegen Zugangsbeschränkungen für Lehramtsstudiengänge
Auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) hält Lebensarbeitszeitkonten nur für sinnvoll, wenn sie mit Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel und die Überlastung der Pädagoginnen und Pädagogen verknüpft würden. Viele Lehrer seien am Limit und könnten gar nicht mehr unterrichten, um diese Stunden dann auf ein Lebensarbeitszeitkonto einzuzahlen, hieß es in einer Mitteilung der GEW.
Die GEW fordert dazu unter anderem die Aufhebung der Zugangsbeschränkungen für Lehramtsstudiengänge sowie mehr Akzeptanz für Teilzeitarbeit. "Lehrkräfte arbeiten Teilzeit, weil sie sonst Familie und Beruf nicht vereinbaren könnten und viele wählen Teilzeit, weil sie bei einem vollen Unterrichtsauftrag nicht mehr in der Lage wären, guten Unterricht zu gestalten", so die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein.