In Baden-Württemberg fehlen Tausende Lehrkräfte. Die Landesregierung setzt deshalb auf Quereinsteiger. Doch die müsse man besser qualifizieren, sagt die Bildungsgewerkschaft GEW.
Mehr und mehr Schulstunden drohen auszufallen, weil der Landesregierung in Baden-Württemberg Lehrkräfte fehlen. Die Schulen seien deshalb auf Quereinsteiger angewiesen, so die Bildungsgewerkschaft GEW am Montag. Doch wenn das Land sie nicht richtig schule, leide der Unterricht.
GEW: "Qualität des Unterrichts nicht vergessen"
Die Schulen seien auf diese Menschen angewiesen, da es die Landesregierung nicht geschafft habe, genug Lehrerinnen und Lehrer auszubilden, sagte die GEW-Landesvorsitzende Monika Stein. Sie warnte: "Wir dürfen die Qualität des Unterrichts nicht vergessen." Quereinsteiger bräuchten berufsbegleitend und von Anfang an hochwertige und intensive Fortbildungen. "Mit einer Schnellbleiche ist es nicht getan", sagte Stein in Freiburg.
Tausende Lehrkräfte fehlen in BW
Die Bildungsgewerkschaft geht davon aus, dass bis zum Jahr 2035 zwischen 16.000 und 27.000 Lehrkräfte in Baden-Württemberg fehlen könnten. Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) rechnet auch im kommenden Schuljahr mit Unterrichtsausfällen. 5.500 Stellen seien zu besetzen. Dabei beendeten nur 4.100 Referendarinnen und Referendare ihre Ausbildung. Es gebe ein Delta, sagte sie im Interview mit der "Südwest Presse" (Montag).
Beruf für junge Menschen unattraktiv? Lehrermangel in BW: Studienplätze bleiben unbesetzt
In Baden-Württemberg wollen offenbar immer weniger junge Menschen Lehrerin oder Lehrer werden. Nicht alle Studienplätze an den Pädagogischen Hochschulen wurden besetzt.
BW-Ministerin Schopper: "Königsweg gibt es nicht"
Wegen des Mangels an Lehrkräften versuche die Landesregierung, mehr Seiten- und Direkteinsteiger zuzulassen. "Wir schauen, welche Wechsler aus anderen Branchen wir integrieren, welche ausländischen Abschlüsse wir akzeptieren und wie wir berufsbegleitend qualifizieren können." Den einen Königsweg gebe es aber nicht, so Schopper.
Verband: "Karren steckt in der Grütze"
Immerhin spreche die Politik das Problem offen an, sagte der Landesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung, Gerhard Brand, am Montag. "Da scheint offensichtlich ein Paradigmenwechsel stattgefunden zu haben". Die Lage werde dadurch aber nicht besser, sagte Brand. "Wir müssen raus aus der Mangelverwaltung." Es sei wichtig, weiterhin und zunehmend Quer- und Seiteneinsteiger einzusetzen. Außerdem müssten Grundschullehrkräfte und Bestandslehrkräfte an Haupt- und Werkrealschulen besser bezahlt werden. Kontraproduktiv seien höhere Deputate, größere Lerngruppen und schlechtere Chancen auf die Teilzeit. "Der Karren steckt tief in der Grütze", sagte Brand.
Unternehmer für Quereinstieg
Auch der Verband der Unternehmer Baden-Württemberg (UBW) sehen im Seiteneinstieg in den Lehrerberuf eine Stellschraube, sofern die Qualitätsstandards gewahrt blieben. "Quereinsteigende können eine Bereicherung sein, zumal mit Erfahrungen aus der Berufswelt", sagte der UBW-Geschäftsführer für Politik, Bildung und Arbeitsmarkt, Stefan Küpper.
Lehrkräfte am Anschlag
Trotz des massiven Lehrermangels hält Kultusministerin Schopper nichts von Zwangsmaßnahmen, wie die Mehrarbeit zu befristen, Teilzeitarbeit zu beschränken oder Lehrerinnen und Lehrer in Mangelregionen zu versetzen. Man habe Erfolge mit freiwilliger Mehrarbeit, aber viele Lehrerinnen und Lehrer seien am Anschlag, sagte sie den Zeitungen der "Südwest Presse": "Wenn wir denen jetzt noch mehr aufbrummen, kommen wir in Teufels Küche."
Söder will Lehrerinnen und Lehrer abwerben
Die Ankündigung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), im Falle seiner Wiederwahl im Herbst Lehrerinnen und Lehrer aus anderen Bundesländern abwerben zu wollen, nannte Schopper einen "unfreundlichen Akt". Man habe in der Kultusministerkonferenz die Absprache, sich nicht gegenseitig Lehrkräfte abzuwerben. Aber Schopper sagte auch: "Diese Pistolero-Attitüde des bayerischen Ministerpräsidenten schreckt mich nicht. Er hat Landtagswahlen im Herbst und muss jetzt mächtig trommeln." Mit der Stralsunder Erklärung aus dem Jahr 2009 hatten sich die Bundesländer darauf geeinigt, auf das gegenseitige offensive Abwerben von Lehrkräften zu verzichten.
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