"Leben in anderer Welt"

Nach Haushaltsurteil: Kretschmann fordert Debatte über Schuldenbremse

Stand

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts klafft eine riesige Lücke im Bundeshaushalt. BW-Ministerpräsident Kretschmann hofft auf eine Debatte über die Schuldenbremse.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) hält nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts eine Debatte über die Zukunft der Schuldenbremse für nötig. "Die Debatte zu führen, wie man die Schuldenbremse investitionsfreundlicher gestaltet, ist aller Ehren wert - und die wird auch geführt", sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart.

Kretschmann will Investitionen trotz Schuldenbremse

Die Schuldenbremse sei in einer völlig anderen Zeit ausgedacht und verfasst worden. "Wir leben heute in einer Welt, die teilweise aus den Fugen gerät", sagte Kretschmann. Es stünden große Investitionen in die Infrastruktur an, die sich nicht direkt wirtschaftlich rechneten, aber dennoch wichtig für die Volkswirtschaft seien. Als Beispiel nannte er den Aufbau eines Wasserstoffnetzes oder die Energiewende. "Da kann man nicht einfach sagen, man darf über die Schuldenbremse nicht reden."

"Ich bin ein großer Anhänger der Schuldenbremse und wir stellen sie auch nicht infrage", sagte Kretschmann. Man müsse sich aber die Frage stellen, wie eine Schuldenbremse aussehen könne, die Investitionen in die Infrastruktur ermögliche.

Bund der Steuerzahler: Mehr Schulden nicht akzeptabel

Völlig anders sieht das der Bund der Steuerzahler. "Die Schuldenbremse schützt zukünftige Generationen und gewährt ihnen haushaltspolitischen Handlungsspielraum", teilte der Landesvorsitzende Eike Möller mit. Es sei nicht akzeptabel, noch größere Schuldenberge in die Zukunft zu verschieben. Die Schuldenbremse habe sich bewährt und biete dem Land genügend finanziellen Spielraum.

Es müssten aber Prioritäten gesetzt werden, sagte Möller. "Es würde der finanzpolitischen Stabilität dienen, wenn mehr über diese Priorisierung nachgedacht werden würde anstatt über Änderungen an der Schuldenbremse."

FDP wirft Kretschmann Unehrlichkeit vor

Unterstützung bekommt der Steuerzahlerbund von der FDP im Landtag. Deren finanzpolitischer Sprecher Stephen Brauer warf Kretschmann in der Frage der Schuldenbremse Unehrlichkeit vor: "Wer mehr Schulden für Investitionen fordert, sagt doch in Wahrheit, dass er an anderer Stelle nichts einsparen will." Kretschmann solle so ehrlich sein und Steuererhöhungen fordern.

Das Bundesverfassungsgericht hatte vergangene Woche eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Inzwischen hat das Bundesfinanzministerium zahlreiche Posten im Bundeshaushalt gesperrt.

Mehr zum Thema Haushalt und Finanzen

Stuttgart

Nach Karlsruher Urteil zu Nachtragshaushalt BW-Finanzminister Bayaz wirft Lindner "Tricksereien" vor

Darf der Staat nicht genutzte Corona-Schulden für andere Zwecke umwidmen? Das Bundesverfassungsgericht sagt Nein. BW-Finanzminister Bayaz fühlt sich bestätigt und fordert Konsequenzen.

Bundesverfassungsgericht zur Schuldenbremse Ein Desaster für die Ampel-Koalition

Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts steht die Ampel vor großen Aufgaben. Klaus Hempel kommentiert die Entscheidung aus Karlsruhe und ihre Auswirkungen.

Baden-Württemberg

Gutachten kritisiert Landesregierung Steuerzahlerbund: BW hat Corona-Schulden "gehamstert"

Der Steuerzahlerbund wirft der BW-Landesregierung vor, in der Finanzpolitik zu hamstern und die Schuldenbremse zu unterlaufen. Das Finanzministerium weist die Vorwürfe zurück.

SWR4 BW am Nachmittag SWR4 Baden-Württemberg

Stand
Autor/in
SWR

Mehr von SWR Aktuell Baden-Württemberg

Baden-Württemberg

Die wichtigsten News direkt aufs Handy SWR Aktuell Baden-Württemberg ist jetzt auch auf WhatsApp

Der WhatsApp-Kanal von SWR Aktuell bietet die wichtigsten Nachrichten aus Baden-Württemberg, kompakt und abwechslungsreich. So funktioniert er - und so können Sie ihn abonnieren.

Baden-Württemberg

SWR Aktuell - der Morgen in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren: Newsletter mit BW-Nachrichten am Morgen!

Sie wollen morgens auf dem neuesten Stand sein? Dann abonnieren Sie "SWR Aktuell - der Morgen in BW". Die News aus Ihrem Bundesland ganz bequem in Ihrem Mailpostfach.

Reportagen, Shorts und Erklärvideos SWR Aktuell nun mit eigenem YouTube-Kanal am Start

Ab sofort ist SWR Aktuell auch bei YouTube mit einem eigenen Kanal zu finden. Damit ist die Nachrichtenmarke des SWR künftig neben Instagram und Facebook auch auf der wichtigsten Nachrichtenplattform präsent.