Rekordverdächtige 17 Listen buhlen in Pforzheim bei der Kommunalwahl um Sitze im Gemeinderat. Darunter erstmals auch eine reine Frauenliste.
Die neu gegründete Pforzheimer Frauenliste will bei den Kommunalwahlen am 9. Juni in den Gemeinderat einziehen. Aus dem Stand haben sich 40 Frauen gefunden, die sich politisch engagieren wollen. Unter den Großstädten in Baden-Württemberg ist Pforzheim die einzige, in der eine durchweg weibliche Liste antritt. Auch für sie ist der Kampf um die Wählerstimmen in die heiße Phase getreten.
Zu wenige Frauen in Pforzheimer Gemeinderat
13 der 40 Mitglieder des noch amtierenden Gemeinderats sind Frauen. Immer noch viel zu wenig, meinen die beiden Spitzenkandidatinnen der Frauenliste, Denise Köseoglu und Sabine Zeitler. Und auch das jetzige Kandidatenfeld wäre ohne ihre Liste deutlich männerlastiger. Beide sind der Meinung, dass Frauen einen anderen Blick auf gewisse Themen haben.
Sicherheit, Sauberkeit und Einzelhandel
Eines dieser Themen sei etwa Sauberkeit und Sicherheit in der Stadt, da Frauen ein viel größeres Sicherheitsbedürfnis hätten als Männer. So könnten sich die Frauen unter anderem ein Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen vorstellen.
Auch um den Einzelhandel in der von immer mehr Leerständen geplagten Innenstadt möchten sich die Frauen kümmern. Seien es doch in der Mehrzahl die Frauen, die gerne in die Stadt zum Einkaufen und Kaffeetrinken gingen, meint Denise Köseoglu. Das Sanierungsprojekt Innenstadt-Ost sollte am besten gestoppt werden, stattdessen müssten die noch vorhandenen Geschäfte stärker unterstützt werden, ergänzt Margot Bohnenberger, die ebenfalls auf der Frauenliste steht. Etwa durch den Ausbau von Parkplätzen.
Reaktion auf Frauenliste überwiegend positiv
Ihre Inhalte will die Pforzheimer Frauenliste auch den Bürgern näherbringen. Zusammen mit einem halben Dutzend anderer Listen haben die Kandidatinnen deshalb auf dem Wochenmarkt in Pforzheim Flyer verteilt. "Mal was Neues" steht auf den schlicht gehaltenen Zetteln, die die vier Bewerberinnen verteilen. Den kann man leicht übersehen. Ein kleines Tischchen mit ein paar Handzetteln – das wars. Selbst Plakate sucht man vergebens. Darauf habe man bewusst verzichtet, "aus Umweltschutzgründen", klärt der Flyer auf.
Sie finde es super, dass es diese Liste gebe, meint eine jüngere Frau. Denn: Frauen müssten zusammenhalten. "Passt in die Zeit", sagt ein älterer Herr. Frauen wollten und müssten in allen Bereichen aufholen, deswegen sei die Liste für ihn okay. Und eine Passantin erhofft sich von ihr gar etwas mehr Charme für die Stadt.
Viele Frauen zum ersten Mal politisch aktiv
Noch vor einigen Monaten hätten viele der Frauen auf der Pforzheimer Frauenliste vermutlich selbst Flyer entgegengenommen. Die meisten Kandidatinnen würden sich zum ersten Mal politisch engagieren – und auch nur deswegen, weil es jetzt eine Frauenliste gebe, weiß Spitzenkandidatin Sabine Zeitler. Die 64-Jährige Diplom-Politologin ist eine der wenigen Frauen auf der Liste mit politischer Vergangenheit. Bei der vergangenen Landtagswahl kandidierte sie für die Freien Wähler, denen sie aber mittlerweile den Rücken gekehrt hat.
Ihre Liste bezeichnet sie als überparteilich. Es gehe ausschließlich um Sachthemen, die Frauen bewegten. Die parteilichen Präferenzen der Kandidatinnen spielten dabei keine Rolle, macht sie deutlich.
Frauenliste Pforzheim: Migration sei wichtiges Thema
Auch Bildung und Integration lägen den Kandidatinnen der Frauenliste auf dem Herzen. Vor allem jungen Migrantinnen wolle man eine Stimme geben. Es dürfe nicht sein, so Sabine Zeitler, das junge Männern ihren Schwestern den Aufenthalt in Jugendzentren verbieten, da dies schlecht für ihren Ruf sei. Generell sieht sie das Frauenbild vieler Migranten kritisch. "Probleme, die man ansprechen muss", sagt sie, ohne dass dafür in die rechte Ecke gedrängt werden möchte.
Die Stadt Pforzheim mit einer Migrantenquote von mehr als 50 Prozent sieht Zeitler an der Grenze der Belastbarkeit angelangt und fordert einen Zuweisungsstopp. Zugleich setzt sich die Frauenliste für einen Ausbau der Flüchtlingsarbeit und mehr Sozialhilfe an den Schulen ein.
Kandidatinnen überzeugt: Frauen würden Klima in Gemeinderat verbessern
Ganz unabhängig von Sachthemen würden mehr Frauen dem bislang zersplitterten und häufig zerstrittenen Pforzheimer Gemeinderat guttun, sind die Kandidatinnen Roswitha Vogl und Margot Bohnenberger überzeugt. Laut ihnen seien Frauen pragmatisch und sachbezogen, Männer hingegen würden sich eher mal in Streitigkeiten verlieren.
Und da stimmen ihnen auch viele Kundinnen auf dem Pforzheimer Wochenmarkt uneingeschränkt zu. Frauen seien einfühlsamer und könnten besser diskutieren und streiten, meinen einige. Oder wie es eine andere junge Frau ausdrückt: Frauen seien offener für alles und der Klebstoff für die Verbundenheit in der Welt. Und das seien doch gute Gründe, auch mal bei einer Frauenpartei sein Kreuzchen zu machen.
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