In Heilbronn ist Straßenprostitution seit 2022 verboten und die Sexarbeiterinnen kaum zu sehen. Ihre Probleme sind aber nicht verschwunden, wie Hilfsorganisationen berichten.
Käuflichen Sex gibt es seit vergangenem Jahr in Heilbronn nur noch hinter verschlossenen Türen - der öffentliche Straßenstrich in der Hafenstraße ist nach massiven Gewalttaten unter Zuhältern verboten worden. Bei einer Razzia im Mai 2023 wurden außerdem mehrere mutmaßliche Zuhälter festgenommen. Aktuell läuft ein Prozess gegen zwei Männer am Landgericht Heilbronn. Ein weiterer Mann wurde bereits zu vier Jahren Haft verurteilt. Das Geschäft mit dem käuflichen Sex ist aber nicht verschwunden.
Wie freiwillig arbeiten Sexarbeiterinnen in Heilbronn?
Sowohl Hilfsorganisationen als auch die Polizei sagen, die Frauen arbeiten zurzeit in Wohnungen oder Hotels. Manche bieten zum Beispiel auch Verabredungen im Auto zwischen den Weinbergen an. Inwiefern die Frauen durch Zuhälter zur Sexarbeit gedrängt oder gezwungen werden, lässt sich schwer bewerten, denn das sagen die wenigsten Frauen offen, erklären Hilfsorganisationen. Offensichtlich ist: Viele Frauen kommen aus dem europäischen Ausland und stehen unter Druck, hier Geld zu verdienen. Kathrin Geih von der Mitternachtsmission in Heilbronn sucht die Frauen jede Woche auf und weiß, in den Heimatländern warten oft Eltern und Kinder auf das Geld.
Der Ausstieg aus der Prostitution ist schwer
Kathrin Geih von der Mitternachtsmission versucht in ihren Gesprächen, den Frauen neue Perspektiven zu ermöglichen. Manche seien nur kurz zur Schule gegangen, könnten kaum lesen und schreiben und hätten schlechte Deutschkenntnisse. In Deutschland hätten sie oft keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Die Sozialarbeiterinnen des Vereins gehen dann konkrete Schritte mit den Frauen durch. Dies sei aber ein langer Prozess, sagt Kathrin Geih.
Auch der Verein Hope e.V. setzt sich regional für Frauen in der Prostitution ein. Die Vorsitzende Katja Ryzak kennt die Schicksale und erklärt, viele Frauen hätten keine Hoffnung aussteigen zu können.
Ryzak spricht sich für ein Verbot von käuflichem Sex aus. Nach Vorlage der Gesetzgebung in Schweden soll es ihrer Meinung nach für Freier illegal werden, für Sex zu bezahlen. Frauen in der Prostitution sollten dagegen mehr Rechte und gesetzliche Ausstiegschancen bekommen.
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Hilfe nach Gewalt: https://weisser-ring.de/
Suchtberatung: https://www.dhs.de/service/suchthilfeverzeichnis
Hilfe bei Kriminalität: https://www.polizei-beratung.de/opferinformationen/