Fieber, Bauchschmerzen, Blasenentzündung: Wo können Kranke am Wochenende oder nach Feierabend hin, wenn die Notaufnahme eine Nummer zu groß ist? Die wichtigsten Fragen und Antworten.
18 Notfallpraxen in Baden-Württemberg sollen ab dem 1. April 2025 schrittweise geschlossen werden. Rund 90.000 Patienten wären betroffen, so das Gesundheitsministerium auf SPD-Anfrage. Grund für die Schließungen ist eine Neustrukturierung des ärztlichen Bereitschaftsdienstes, weil knapp 1.000 Hausarztsitze nicht besetzt seien, so die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg (KVBW). Auch wenn die Schließungen hart heftig kritisiert werden, soll ärztliche Versorgung weiterhin gewährleistet sein.
- Wofür sind Notfallpraxen zuständig?
- Ich bin mir unsicher - wann muss ich wo hin?
- Notfallpraxen schließen - an wen können sich Patienten wenden?
- Ich habe kein Auto - was jetzt?
Was ist eigentlich eine Notfallpraxis?
Eine Notfallpraxis ist keine Notaufnahme, auch wenn der Begriff das vermuten lässt. Für Notfälle gibt es die Notaufnahme im Krankenhaus. Bei der Notfallpraxis handelt es sich um einen ärztlichen Bereitschaftsdienst für akute Beschwerden, für die man normalerweise zum Hausarzt oder zur Hausärztin gehen würde. Sie ist für Situationen, die nicht lebensbedrohlich erscheinen, aber dennoch dringend Aufmerksamkeit erfordern - etwa hohes Fieber, unstillbares Erbrechen oder eine Blasenentzündung.
Bei diesen Symptomen ist der Weg in die Notfallpraxis richtig:
- Erkältung oder Grippe mit hohem Fieber
- schwerer Magen-Darm-Infekt
- starke Hals- oder Ohrenschmerzen
- akuter Harnwegsinfekt
- akute starke Rückenschmerzen
- akute starke Bauchschmerzen
- kleinere Verletzung (zum Beispiel eine Schnittwunde)
Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) kritisierte den Begriff "Notfallpraxis":
Ärztlicher Notdienst, Notfallpraxis, Notaufnahme - wann sollte ich wohin?
Wer außerhalb der regulären Sprechzeiten krank ist und keinen lebensbedrohlichen Notfall erleidet, ruft am besten beim Ärztlichen Bereitschaftsdienst an unter der 116117. Dort werden Ärztinnen und Ärzte in der Nähe ermittelt (Notfallpraxis) und bei Bedarf zu einem nach Hause geschickt (Ärztlicher Notdienst).
Nur bei einem akuten Notfall ist die Notaufnahme in Krankenhäusern die erste Anlaufstelle, um eine Notfall-Erstbehandlung zu erhalten. Sie ist durchgehend geöffnet.
Mit diesen Symptomen lieber die 112, also den Notruf, wählen:
- Bewusstlosigkeit, Herzstillstand oder erhebliche Bewusstseinstrübung
- Atemstillstand oder schwere Atemnot
- Verdacht auf Herzinfarkt
- Verdacht auf Schlaganfall
- starke Blutung oder Schock
- Unfall
- starke Verbrennung
- Vergiftung
- akute Suizidgefahr
- Krampfanfall
- Komplikationen in der Schwangerschaft
- plötzlich auftretende heftigste Schmerzen
Wo sollen sich Patientinnen und Patienten künftig hinwenden?
Künftig soll jeder Stadt- und Landkreis mindestens eine Notfallpraxis haben. Außerdem sollen die Praxen für alle Menschen in Baden-Württemberg innerhalb von 30 bis 40 Minuten Fahrzeit erreichbar sein. Derzeit gibt es 107 Notfallpraxen im ganzen Land.
Für einen Teil der Patientinnen und Patienten würde das weitere Wege als bisher bedeuten. Dafür soll laut KVBW ein funktionierendes Navigations- und Lotsensystem aufgebaut werden. Auch mehr telemedizinische Angebote - also eine medizinische Beratung per Video- oder Telefon - wurden angekündigt. Ein Anruf bei der Nummer 116117 soll den Patientinnen und Patienten zudem künftig schneller und besser aufzeigen, wo der richtige Behandlungsort ist.
Wer dringend Medikamente benötigt, kann sich zudem an Notdienstapotheken wenden. Hier kann allerdings eine zusätzliche Gebühr anfallen.
Was machen Menschen, die kein Auto haben?
Nach Angaben der KVBW soll das Angebot der Fahrdienste ausgebaut und verbessert werden. Ortungssysteme sollen die fahrenden Krankentransporte besser koordinieren. Außerdem soll es weiterhin Hausbesuche geben: "Ich will nicht, dass eine aufgeregte 85-Jährige ihren 85- jährigen Mann ins Auto zwingt und sagt, wir müssen da jetzt hinfahren", so Doris Reinhart von der KVBW gegenüber dem SWR im Oktober. "Da bekommt sie natürlich einen Hausbesuch." Das gelte aber nicht für den 35-Jährigen, der wegen Rückenschmerzen eine Spritze wolle und deswegen nicht ins Auto sitzen möchte.
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