Demenz, Tod und Empathie: eine persönliche Geschichte über älter werdende Eltern

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Jens Wolters
Moderator Jens Wolters aus dem SWR1 Team moderiert regelmäßig die Sendung SWR1 Leute mit spannenden und interessanten Gästen
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Torsten Helber
Moderator Torsten Helber aus dem SWR1 Team. Zu hören unter anderem im Musik Klub Country oder in SWR1 Die Nacht.

Volker Kitz erzählt eine Geschichte, die viele Menschen nachvollziehen können. Es geht um das Kümmern um die eigenen Eltern, die älter werden – und auch um deren Tod.

Mir hat es immer geholfen zu hören, ich bin nicht der Einzige, dem sowas passiert.

Wenn Eltern älter werden

Ursprünglich wollte Bestseller-Autor Volker Kitz ein Buch über Erinnerungen schreiben. Daraus wurde eine sehr persönliche Vater-Sohn Erzählung, ein Buch über Verantwortung in der Familie: "Alte Eltern – über das Kümmern und die Zeit, die uns bleibt".

Auf den Umgang mit seinem dementen Vater sei er nicht gut vorbereitet gewesen, sagt Volker Kitz rückblickend, obwohl vieles eigentlich vorhersehbar gewesen sei. Gründe dafür habe es viele gegeben: die wenigsten wollen die Anzeichen einer Demenz wahrhaben, es entstehen Scham und Schuldgefühle.

Wir leben von der Illusion des 'immer weiter so'. Wir wissen, wir sind sterblich und die Dinge sind vergänglich, aber um den Alltag zu meistern, leben wir in einer Illusion. Das funktioniert auch gut, bis zu dem Punkt, wo wir ganz hart gezeigt bekommen, dass eben nicht immer alles so weitergeht.

Filme über Demenz werden der Tragik oft nicht gerecht

Seine Mutter hat Volker Kitz bereits vor 20 Jahren durch einen Verkehrsunfall verloren. Sein Vater lebte als Witwer alleine. Als die Demenz begann, schrieb er sich immer mehr auf. Irgendwann waren im gesamten Haus Zettel verteilt, erzählt Volker Kitz. Das habe seinem Vater geholfen den Alltag zu bewältigen. Bis es nicht mehr ging. Wenn die Diagnose "Demenz" einmal feststeht, ändere das einiges.

Kitz kritisiert: Viele Filmen über Demenz seien zu schön und lustig. Manche Menschen denken, Demenz bedeute, "der Papa vergisst ein paar Sachen – er weiß Namen nicht mehr, weiß vielleicht nicht mehr, ob heute Weihnachten ist, alles so liebenswert". Das sei zu niedlich und werde der Tragik der Situation nicht gerecht.

Ich wollte ein Buch schreiben, das ungeschönt auch die harten Momente schildert. Die komischen kommen auch vor, ohne dass ich bewusst versucht habe, das lustig zu schreiben.

Mit seinen Erlebnissen könne er dem einen oder der anderen von uns vielleicht eine Hilfestellung geben. Denn älter werdende Eltern hätten fast alle von uns.

Empathie: Auch mit Demenz ein fürsorglicher Vater

Demenz wird manchmal damit beschrieben, dass das Eltern-Kind Verhältnis auf den Kopf gestellt wird. Ein Vergleich, den Volker Kitz unpassend findet. Kinder seien nach vorne gerichtet und lernen, während die Demenz eine Entwicklung zurück ist: "das wird immer weniger und selten mehr".

Sein Vater sei sehr hilfsbereit und mitfühlend gewesen, erinnert sich Volker Kitz. Während seines Jura-Studiums in Köln, als er in Examen steckte, bot ihm sein Vater beispielsweise an, ihn zu unterstützen: "Ich setz mich in den Zug, komme zu dir und helfe dir, solange du mich brauchst".

Diese Hilfsbereitschaft zeigte sich auch während der fortgeschrittenen Demenz, als sein Vater die Idee hatte – im Stil von Sankt Martin – Bett, Decke, Tisch und Stuhl mit einer Schere zu durchschneiden, um die Gegenstände mit seinem Sohn teilen und ihm ein Bett bieten zu können.

Pflege: Wer kümmert sich mal um mich?

Volker Kitz und sein Partner haben keine Kinder. Die Aussage seines Vaters, dass es doch normal sei, dass Kinder sich um ihre Eltern kümmern, hat ihn beschäftigt. Können Eltern davon ausgehen, dass ihre Kinder sich um sie kümmern? Im Pflegeheim erfuhr Volker Kitz, dass es Bewohner:innen gibt, die fünf Kinder haben – trotzdem sei niemand für sie da.

Ich denke, es ist wichtig, dass wir im Leben einen Menschen finden, der Mitgefühl und echtes Mitleid mit uns hat. Das ist gar nicht so einfach, diesen einen Menschen zu finden. Ob das dann ein Kind ist, die Partnerin, ein Nachbar, eine Freundin oder ein entfernter Bekannter, das ist letztlich gar nicht so wichtig. Aber diesen einen Menschen finden, denke ich, ist eine wichtige Altersvorsorge.

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