Hat Deutschland bei der EM 2024 mit der Nationalmannschaft Erfolg? Wie geht es mit der FIFA und der DFL weiter? Christoph Biermann über den Fußball und seine Zukunft.
EM UEFA EURO 2024: Hat Deutschland mit der Nationalmannschaft Erfolg?
Gelingt es Bundestrainer Julian Nagelsmann aus der zuletzt miserabel auftretenden deutschen Nationalmannschaft einen Titelanwärter bei der EM im eigenen Land zu formen? Sportjournalist und Autor Christoph Biermann erwartet von der EM, dass alles gut werden wird. Es sei so viel schief gelaufen in der letzten Zeit und die Nationalmannschaft habe oft auch Pech gehabt, sodass aus Sicht von Biermann jetzt der Kipppunkt kommen könnte.
Außerdem sieht Biermann bei Nagelsmanns Vorgehen einen Strategiewechsel: Demnach wähle Nagelsmann Spieler nach dem Motto "Form schlägt Klasse" aus: Er suche Spieler, die gut in Form seien. Aus Sicht von Biermann eine sinnvolle Vorgehensweie, denn wenn eine Mannschaft eigentlich gut besetzt ist, aber schlecht in Form ist, verliert sie gegen eine schlechtere Mannschaft, die gut in Form ist.
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Der VfB stellt gegen Frankreich und die Niederlande vier Spieler, darunter drei Debütanten. Nagelsmann setzt damit aufs Momentum. Er liegt damit richtig, meint Michi Glang.
Titel-Favoriten: England und Frankreich
Im Nationalteam, das bei der EM 2024 aufläuft, wird statt einem Bayern-München-Block ein größerer VfB-Block vertreten sein: Chris Führich, Deniz Undav, Maximilian Mittelstädt, Waldemar Anton sind nominiert. Auch Jan-Niklas Beste von 1. FC Heidenheim 1846 wurde nominiert. Als Titel-Favoriten sieht Biermann England und Frankreich.
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Der VfB Stuttgart musste bis zum Kurzdebüt von Josha Vagnoman 2023 lange warten, bis er wieder einen deutschen Nationalspieler hatte. Bei den EM-Tests sind es nun gleich mehrere. Auch zwei Hoffenheimer und ein Heidenheimer sind dabei.
Biermann hofft, dass die Heim-EM eine Chance bietet, dass die Deutschen über die Gäste staunen und sich von ihnen und ihrer Stimmung "anzünden" lassen: Dass die Deutschen beispielsweise die schottischen Fans sehen, die angekündigt haben, zu hunderttausenden mit ihren Campern anzureisen, oder die niederländischen Fans, die mit dem Rad anreisen wollen, und sagen:
Nicht zuletzt bei der WM in Katar habe man gesehen, wie gut ein Fußball-Großereignis auch für das Image eines Landes ist.
Der gescheiterte DFL Investorendeal
Ligaverantwortliche wollten per Investorenbeteiligung mehr Geld in den deutschen Fußball bringen, um im internationalen Vergleich eher mithalten zu können. Die Fans warfen alles dagegen – Tennisbälle, Schokomünzen. Mit Erfolg: Die DFL sagte die Pläne ab.
Von dem seiner Meinung nach nachhaltigen Protest der Fans zeigte sich Biermann beeindruckt. Der Protest sei nicht gesteuert gewesen, sondern einem tiefen Bedürfnis der allermeisten Fangruppen in Deutschland entsprungen. Gleichzeitig geht Biermann davon aus, dass die Investoren-Diskussion in anderer Form wieder kommen wird. Bei den Clubs ist seiner Ansicht nach die Botschaft aber angekommen.
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Der geplante Investoren-Deal für den deutschen Profi-Fußball ist geplatzt, die Fans haben sich mit ihren Protesten durchgesetzt.
Biermann sieht es kritisch, sich die Premier League für neue Konzepte oder eine neue Super League zum Vorbild zu nehmen, obwohl es die erfolgreichste Liga sei. Denn die Stimmung empfindet er als nicht gut. Das habe vor allem mit den großen Investoren aus dem Ausland zu tun.
Ganz anders dagegen die Erfolgs-Story des 1. FC Heidenheim: Der Club spielt dieses Jahr zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte in der 1. Fußball-Bundesliga – und das ohne betuchte Investoren und Milliarden-Deals. Seitdem halten sie sich nicht nur in der ersten Liga, sondern spielen mit Erfolg und liegen aktuell auf Tabellenplatz 11 (Stand: 15.3.24) – ein ganz eigenes Fußball-Märchen.
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Er ist das Gesicht des 1. FC Heidenheim. Frank Schmidt führte den Verein von der Verbandsliga bis in die 1. Bundesliga. Und er traut seiner Mannschaft auch den Klassenerhalt zu.
Wem gehört der Fußball?
Auf die Frage, wem der Fußball gehöre, antwortet Biermann mit einer Gegenfrage: Muss er überhaupt jemandem gehören?
In Zeiten, in denen es um immer mehr Geld im Fußball gehe, sieht Biermann gleichzeitig ein großes Bedürfnis der Menschen sich zugehörig zu fühlen und sich mit einem Fußballverein zu identifizieren. Da stecke viel Kraft drin. Biermann findet es gut, dass Fußballvereine in Deutschland in den meisten Fällen niemandem gehören können.
Sportjournalist Béla Réthy | 12.3.2023 Die Stimme des Fußballs
Béla Réthy war fast 30 Jahre Sportkommentator fürs ZDF. Für viele von uns gehörte er zum Wohnzimmer dazu. Bei der Fußball-WM in Katar hatte er seinen letzten Einsatz.
Die FIFA folgt seiner Ansicht nach ihrer eigenen inneren Logik: Gianni Infantino sei ein Boss, der seine Macht mit Methoden sichere, die nicht lupenrein oder gar demokratisch seien. Gleichzeitig empfindet er den Fußball als ein konservatives Umfeld mit einem ständigen Kampf um Ressourcen: Wer bekommt die Gelder, wie werden sie verteilt, wer profitiert von all dem?
Wie dieses System durchschlagen werden könnte? Dazu fehle im die Fantasie, so Christoph Biermann. Der in Krefeld in NRW geborene Autor und Sportjournalist wurde im vergangenen Jahr ausgezeichnet für das beste Fußballbuch 2023: nach "Die Fußball-Matrix" (2010), "Wenn wir vom Fußball träumen" (2015) jetzt mit der wahren Geschichte des Fußballs von 1992 bis heute in "Um jeden Preis".
People Are People SWR1 Leute
Zwei Stunden Zeit für ein Gespräch mit Menschen, die im Mittelpunkt stehen, die Herausragendes leisten oder einfach eine spannende Lebensgeschichte haben.