An der Supermarktkasse, vor dem Schwimmbad, in der Post: Wir müssen uns oft gedulden und in Warteschlangen ausharren. Was hilft gegen die nervige Warterei?
Moderator und Autor Armin Nagel hat zusammen mit verschiedenen Kabarettisten, darunter Bernhard Hoëcker, Torsten Sträter und Rainer Calmund, ein Buch übers Warten geschrieben. Die Beiträge im Buch "Schöner Warten" feiern das Warten als eine Kunst und ein unerwartetes Geschenk.
SWR1: Sie haben mit Kabarettisten übers Warten geschrieben. Was ist denn daran so witzig zu warten?
Armin Nagel: Erstmal ist am Warten gar nichts witzig, sondern das Warten ist eher unangenehm. Warten hat ja sehr viel mit Macht und Ohnmacht zu tun, das heißt mächtige Menschen lassen warten, ohnmächtige Menschen müssen warten.
Wenn wir in so eine ohnmächtige Situation geraten, ist es erstmal unangenehm. Deswegen sage ich auch immer, obwohl ich ein Buch mit dem Titel "Schöner Warten" geschrieben habe, es ist auch okay, wenn man in eine Wartesituation gerät, sich erstmal kurz zu ärgern. Das mache ich auch ab und an mal.
Erwartetes vs. unerwartetes Warten
SWR1: Im Urlaub kann ich sechs Stunden lang in der Hängematte liegen, aber wenn ich vor der Stranddusche stehe und sich ein Kind vordrängelt, bin ich genervt. Wie kann das bitte sein?
Nagel: Ich glaube, das ist ein Unterschied zwischen dem, was man vielleicht erwartetetes Warten und unerwartetes Warten nennt. Also wenn du am Strand liegst, dann richtest du dich darauf ein oder nimmst dir bewusst die Zeit dafür.
Wenn du aber unter die Dusche willst, willst du unter die Dusche und rechnest nicht damit. Das ist, glaube ich, das Unangenehme, wenn man so herausgerissen wird aus einem gewissen "Flow", den man hat und jemand dann plötzlich von außen kommt, der sagt, "Du kommst jetzt hier nicht weiter." Das ist einfach eine unterschiedliche Situation und die zweite ist einfach unangenehmer.
Vorfreude erleichtert Wartezeit
SWR1: Auf der anderen Seite kann Warten auch ganz romantisch sein, weil wir auf sie oder ihn warten. Oder wir warten auf den Sonnenuntergang, da setzen wir uns erwartungsvoll an den Strand und gucken schon mal, wann es sich endlich orange färbt. Da ist warten doch eigentlich toll.
Nagel: Richtig. Das sind auch die schönen Aspekte des Wartens, also die Vorfreude. Eine Frau, die schwanger ist, freut sich ja im besten Fall auf das Kind. Oder wenn wir das Warten zu Weihnachten zelebrieren, wenn die erste, zweite, dritte und vierte Kerze brennt. Das ist wunderbar.
Das ist eben die Vorfreude und das kann man auch genießen. Dann weiß man, in ein paar Minuten erwartet mich etwas Wunderbares. Und das ist eben einer der tollen Aspekte des Wartens, die Vorfreude.
Wartezeit besser nutzen
SWR1: Wenn ich etwas faul bin, warte ich vielleicht auch gerne. Oder ich bin eine Abenteuerlustige und spreche die Leute um mich herum an beim Warten. Das gibt es vielleicht auch.
Nagel: Das ist auch einer der besten Tipps, die ich immer gerne loswerde. Wir haben ja mittlerweile immer das Handy in der Hand und haben das Warten eigentlich vollkommen verlernt. Also wir zücken das Handy, um uns dann in der Wartesituation auch noch mal abzulenken, anstatt einfach mal nach links und rechts zu gucken und vielleicht sogar die neue Liebe zu entdecken, wenn wir es mal ganz positiv sehen. Also neue Leute kennenzulernen, auf Leute zuzugehen, das sollten wir tatsächlich auch vielleicht wieder ein bisschen mehr zelebrieren.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Dörte Tebben.
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