Im Fall des Missbrauchs eines 10-jährigen Mädchens in Edenkoben war schon bekannt, wie gefährlich der Täter war. Es stellt sich die Frage, ob die Tat hätte verhindert werden können.
Der Innen- und Rechtsausschuss des Landtags Rheinland-Pfalz hat sich nun auch mit diesem Fall beschäftigt. Innenminister Michael Ebling (SPD) berichtet im SWR1 Interview von seinen Plänen, die Gesetzeslage anzupassen.
Neue Gesetzesgrundlage geplant
SWR1: Wird es in Zukunft auch in Rheinland-Pfalz möglich sein, eine Fußfessel zwangsweise anzulegen?
Michael Ebling: Ja. Wir werden eine angekündigte Gesetzesnovelle für unser Polizei- und Ordnungsbehördengesetz auf den Weg bringen und dort auch polizeilich präventive Maßnahmen verankern. Also eine Gesetzesgrundlage dafür schaffen, um auch bei Sexualstraftätern Fußfesseln anzuwenden. Und dabei wird auch geprüft, dass es gegebenenfalls auch mit Zwang möglich sein muss.
SWR1: Wie schnell wird diese Änderung eintreten?
Eibling: Parlamentarische Beratungen haben ihre eigenen Läufe und (...) Qualität ist auch wichtig. Wir greifen hier immer auch in Rechte von anderen ein und wir reden immer über Grundrechtsschutz und Ähnliches. Das ist manchmal auch knifflig zu lösen.
Das soll gut abgewogen sein, denn es hilft auch jetzt nichts, im Hauruck-Verfahren Gesetze zu machen und bei der ersten Anwendung haut es uns ein Gericht um die Ohren. Insofern wird das ein paar Monate brauchen.
SWR1: Große Aufreger ist bei vielen, vor allen Dingen natürlich bei Eltern junger Kinder, warum der Mann nach der Weigerung mit der Fußfessel nicht einfach festgesetzt worden ist.
Ebling: Ja, das ist richtig. Und diese Frage muss man stellen. Also nach der heutigen Rechtslage ist auch die Verweigerung der Fußfessel nicht konsequenzlos. Das war im Übrigen auch der Haftaufenthalt des mutmaßlich Verdächtigen in den letzten Jahren, weil er permanent Sicherungsauflagen verweigert hat, ist er wieder ins Gefängnis eingefahren.
Es bleibt nicht konsequenzlos. Aber klar, die Frage steht im Raum: Warum besteht hier nicht auch ein Zwang? Deswegen wollen wir das auch juristisch positiv beantworten. Aber ich füge auch hinzu, weil ich finde, es gehört zur Ehrlichkeit in der Debatte dazu, auch ein Zwang ist am Ende niemals die hundertprozentige Garantie. Menschen tun Menschen manchmal abartig Böses an, das ist erschreckend und auch in diesem Fall einfach wirklich abscheulich und niederträchtig.
Ebling: kein Fehler in polizeilicher Arbeit erkennbar
SWR1: Wir wissen auch nicht, ob eine Fußfessel dieses Verbrechen hätte verhindern können. Es wäre aber nicht passiert, wenn der Haftbefehl beziehungsweise die Akten, die es gegen den Mann gab, früher ausgestellt und schneller angekommen wären. Wie konnte das passieren?
Ebling: Das sind Abläufe innerhalb der Justiz. Die kann ich gar nicht beurteilen, die kenne ich nicht. Ich kann die polizeilichen Maßnahmen beurteilen, denn die gehören zu meinem Verantwortungsbereich und ich habe dort erlebt, dass Beamtinnen und Beamten seit dem ersten Tag an der Haftentlassung dieses Mannes ein sicheres Gefühl hatten, dass da wieder was passieren kann.
Die haben das vom ersten Tag an engmaschig begleitet. Teilweise über die notwendigen gerichtlichen Auflagen hinaus. Insofern sehe ich da erst einmal eine ganz engmaschige Begleitung, die bis zu den Grenzen dessen ging, was überhaupt rechtlich möglich war. Aber es ist auch nicht alles rechtlich möglich.
SWR1: Das klingt jetzt am Ende von allen Verantwortlichen, als ob das unausweichlich gewesen wäre.
Ebling: Die Tat ist nicht die Tat einer staatlichen Institution oder eine Behörde. Sie ist die Tat eines mutmaßlichen Täters, der vor so etwas nicht zurückschreckt. Das ist schwer zu ertragen, aber ich finde, das muss auch ausgesprochen sein.
Es geht vielleicht etwas länger zurück. Dieser mutmaßliche Täter, war schon mehrfach verurteilt, auch wegen Sexualverbrechen. Das ist ja inzwischen bekannt. Gestern hat der Leitende Oberstaatsanwalt gesagt, am besten wäre es gewesen, ein Gericht hätte zuerkannt, dass eine Sicherungsverwahrung passiert. Ich glaube, diesen Menschen den dauerhaften Riegel vorzuschieben, ist die größte Sicherheit, um zu verhindern, dass sich diese Taten in der Wiederholung ereignen.
Bundegesetzgeber gefragt, Land kann auch aktiv werden
SWR1: Können Sie etwas dafür tun, dass mit solchen gefährlichen Straftätern anders umgegangen wird?
Ebling: Ja, natürlich, das ist schon auch eine ein Feld, was der politischen Diskussion und damit der politischen Entscheidungen zugänglich ist. Es ist im Kern natürlich eine Zuständigkeit des Bundesgesetzgebers, weil es Strafgesetze berührt. Das macht nicht das Land. Nichtsdestotrotz kann auch das Land dort initiativ werden.
Und ich sehe ja, die Debatte läuft und insofern sehe ich dann natürlich auch eine Chance, dass man in solchen Fällen in Zukunft hoffentlich einfach besser hinguckt, genauer hinguckt und vor allen Dingen sich über den Strafrahmen Gedanken macht. Es scheint selten solche Menschen zu geben, aber hier scheint ja die Absicht schon auf die Stirn geschrieben zu sein.
Das Gespräch führte SWR1 Moderatorin Steffi Vitt.
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