Eine Zehnjährige ist im südpfälzischen Edenkoben entführt und missbraucht worden - mutmaßlich von einem verurteilten Sexualstraftäter. Bei einer Pressekonferenz betonten die Ermittler, sie seien sich der Gefahr bewusst gewesen, die von dem Mann ausgehe.
Bei einer Pressekonferenz im Polizeipräsidium in Ludwigshafen haben sich am Donnerstag Vertreter von Polizei und den Staatsanwaltschaften Landau und Frankenthal zu der Kindesentführung in Edenkoben geäußert. Vorwürfe, sie hätten zu spät gehandelt und so den sexuellen Missbrauch des zehn Jahre alten Mädchens nicht verhindert, wiesen die Ermittler zurück.
Polizei: Gefahr nicht unterschätzt
Nach Ansicht des Vize-Präsidenten des Polizeipräsidiums Rheinpfalz, Andreas Sarter, hat die Polizei den Tatverdächtigen im mutmaßlichen Missbrauchsfall in Edenkoben nicht unterschätzt. "Ich möchte auch noch mal betonen: Wir haben auch nicht das Gefahrenpotenzial von ihm unterschätzt. Uns war bekannt, mit welchem Menschen wir es zu tun haben." Es habe engmaschige Kontrollen gegeben.
Mutmaßlicher Entführer der Zehnjährigen in U-Haft
Der mutmaßliche Täter, ein 61 Jahre alter Mann aus Neustadt an der Weinstraße, sitzt mittlerweile wegen des dringenden Tatverdachts des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Untersuchungshaft. Der Mann war erst Mitte Juli aus der Haft entlassen worden und hätte eine Fußfessel tragen sollen - weigerte sich nach Behördenangaben aber, dies zu tun.
Seit der Haftentlassung des Mannes habe es 12 Ermittlungsverfahren und Anzeigen aus der Bevölkerung gegeben, sagte Hubert Ströber, der Leitende Oberstaatsanwalt aus Frankenthal. Man habe die Vorwürfe sorgfältig geprüft, sie "konnten teilweise aber nicht erhärtet werden."
Verdächtiger aus Neustadt bereits wegen Sexualstraftaten verurteilt
Bekannt ist bislang, dass es sich bei dem Verhafteten um einen vorbestraften Sexualstraftäter aus Neustadt an der Weinstraße handelt. Der Mann soll zwischen 1996 und 2008 unter anderem wegen Sexualstraftaten zu mehrjährigen Gefängnisstrafen verurteilt worden sein.
Hätte Sicherungsverwahrung Tat verhindert?
Der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber ist sich sicher, dass durch eine Sicherungsverwahrung damals der Missbrauch der Zehnjährigen in Edenkoben hätte verhindert werden können. "Die Sicherungsverwahrung hätte nach meinem festen Eindruck dazu geführt, dass der jetzt beschuldigte Mann immer noch in Gewahrsam wäre und die Tat, um die es jetzt geht, nicht begangen worden wäre", sagte Ströber bei der Pressekonferenz am Donnerstag.
Doch 2020 in einer Verhandlung gegen den mutmaßlichen Täter wegen Delikten wie Körperverletzung und Verstößen gegen Weisungen der Führungsaufsicht sei eine Einzelstrafe geringer ausgefallen, als es für eine Sicherungsverwahrung gesetzlich nötig gewesen wäre. "Damit war das Instrument der Sicherungsverwahrung nicht möglich", so Ströber.
Edenkoben: Zehnjährige entführt und missbraucht
Der 61-Jährige soll am 11. September eine Zehnjährige in Edenkoben (Kreis Südliche Weinstraße) um kurz vor 8 Uhr morgens auf dem Schulweg entführt, in sein Auto gezerrt und in einem leerstehenden Gebäude im Kreis Bad Dürkheim missbraucht haben. Die Polizei hatte ihn noch am selben Tag auf der Flucht festgenommen. Das Mädchen war rund zwei Stunden in der Gewalt des Mannes.
Einzelheiten zur Tat Entführung und Missbrauch einer Schülerin in Edenkoben - Das ist bislang bekannt
Auf dem Schulweg in Edenkoben wurde am Montag ein zehnjähriges Mädchen in ein Auto gezerrt, entführt und missbraucht. Das ist bisher über die Tat bekannt.
Sexualstraftäter verstieß gegen Auflagen
Der Mann wurde erst im Juli aus der Haft entlassen und hatte aus einem früheren Urteil mehrere Auflagen, die er befolgen sollte. Er durfte keine Kinder und Jugendlichen ansprechen, keine Spielplätze, Schwimmbäder oder ähnliche Einrichtungen aufsuchen und kein internetfähiges Handy besitzen.
Auf dem Schulweg in Edenkoben entführtes Mädchen Vor der Tat: Eltern hatten vorbestraften Sexualstraftäter der Polizei gemeldet
Eltern hatten den mutmaßlichen Entführer einer Schülerin in Edenkoben schon vor den Sommerferien bei Polizei und Schule gemeldet. Das hat die Stadt bekannt gemacht.
Neue Anklage gegen den Mann war vorbereitet
Die Staatsanwaltschaft Frankenthal hatte kurz vor der Tat eine neue Anklage vorbereitet. So hatte sich der 61-Jährige laut Staatsanwaltschaft ein Handy gekauft, die Fußfessel verweigert und sich nach sechs Tagen in Freiheit in ein Naturfreundehaus eingemietet, in dessen Nähe sich ein Kinderspielplatz befindet.
61-Jähriger stand unter Beobachtung der Polizei Entführung und Missbrauch in Edenkoben: Tatverdächtiger hätte elektronische Fußfessel tragen müssen
Der Tatverdächtige im Missbrauchsfall von Edenkoben war im Juli aus dem Gefängnis entlassen worden - und hätte danach eine elektronische Fußfessel tragen müssen. Wie Polizei und Staatsanwaltschaft mitteilten, weigerte er sich aber, dies zu tun.
Gerichtsentscheid über Fußfessel noch erwartet
Außerdem steht ein Entscheid des Oberlandesgerichts in Zweibrücken (OLG) über die Fußfessel, die der Mann verweigert hatte, noch aus. Die Richter dort sollen entscheiden, ob der Tatverdächtige zu Recht eine elektronische Fußfessel hätte tragen müssen. Das Zweibrücker Gericht erklärte dazu auf SWR-Anfrage, die Beschwerde liege erst seit dem 31. August vor - und man habe dann schnellst möglich gehandelt.
Bevor das Oberlandesgericht über die Fußfessel entscheiden kann, habe aber erst noch die Generalstaatsanwaltschaft eingeschaltet werden müssen. Und: Der Anwalt des Tatverdächtigen von Edenkoben bekommt aus rechtlichen Gründen nochmal die Gelegenheit, sich schriftlich zu äußern. Dafür sei ihm eine vergleichsweise kurze Frist gesetzt worden - bis zum 15. September.
Spendenkonto für Opfer eingerichtet
Für das zehnjährige Mädchen, das entführt und missbraucht wurde, hat die Stadt Edenkoben ein Spendenkonto eingerichtet.
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