Depressionen sind als Volkskrankheit nicht zu unterschätzen. Auch der ehemalige Bundesminister der Verteidigung, Karl-Theodor zu Guttenberg, war betroffen. Ihm soll vor allem eine Psychotherapie geholfen haben.
Welche Therapiemöglichkeiten es noch gibt, erzählt uns Dr. Barbara Deimling, Leiterin der Sektion Depressionen und Traumata an der Rhein-Mosel-Fachklinik in Andernach.
Psychotherapie und Medikamente gegen Depressionen
SWR1: Man denkt bei einem Depressiven eher an einen schwermütigen Menschen und weniger an einen als Strahlemann bekannten Mann der Öffentlichkeit. Wie passt das zusammen?
Dr. Barbara Deimling: Das ist ein sehr gutes Bild, was auch viele Menschen tatsächlich mit sich herumtragen. Die Fassade nach außen, zu sagen und zu zeigen: eigentlich geht es mir gut. Auch selber nicht zuzulassen, dass ich diese Symptome habe. Genau darum geht es auch bei Herrn zu Guttenberg, zu sagen: Ich habe diese Symptome gehabt und habe sie verdrängt.
SWR1: Herr zu Guttenberg sagt, dass ihm vor allem die Psychotherapie geholfen habe. Zweites wichtiges Standbein sind medikamentöse Behandlungen. Was ist aus Ihrer Sicht wichtiger?
Deimling: Beides ist wichtig. Wenn ich eine schwere Depression behandeln möchte, steht diese Therapie auf zwei Füßen und da kann ich nicht sagen, die medikamentöse Therapie ist wichtiger oder die Psychotherapie ist wichtiger. Beides ist tatsächlich auch in den Leitlinien so verankert.
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Depressionen äußern sich unterschiedlich
SWR1: Gibt es gemeinsame Bedürfnisse depressiver Menschen oder lässt sich salopp sagen, dass jede Depression anders ist?
Deimling: Nein, es gibt sehr viele unterschiedliche Depressionen. Da muss man tatsächlich individuell schauen. Bei dem einen zeigt sich eher die gedrückte Stimmung, bei dem anderen ist es Interessenverlust, der im Vordergrund steht. Ein anderer wiederum hat einen verminderten Antrieb. Die Therapie bleibt nichtsdestotrotz die gleiche, dass man sagt, wir müssen mit diesen beiden Ansätzen beginnen, mit der Medikation und Gesprächen.
SWR1: Es ist oft schwierig, einen Therapieplatz zu bekommen. Was halten Sie von Smartphone-Apps, die verschrieben werden können?
Deimling: Das ist ein ganz wichtiger Ansatzpunkt und wird leider viel zu wenig genutzt, weil es auch noch nicht so bekannt ist. Die sogenannten Digas sind digitale Apps, die man gerade bei einer beginnenden Depression nutzen kann. Um selber wirksam zu werden mit sich selbst und zu gucken, was kann ich vielleicht für mich tun? Da wäre zum einen die Information wichtig, dass es sie gibt. Die müssen durch den hausärztlichen Dienst verschrieben werden. Und sie sind wirksam.
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SWR1: Wie kommt es eigentlich, dass Depressionen den Status "Volkskrankheit" erreicht haben? Schauen wir mehr darauf oder hat sich da irgendwas fehlentwickelt?
Deimling: Ganz sicher ist, dass wir natürlich mehr darauf schauen. Und dass wir nicht nur, wie im Beispiel von Herrn zu Guttenberg, mit einem freundlichen Gesicht herumlaufen, und bis zum Zusammenbruch nicht zeigen, wie es uns eigentlich geht. Gott sei Dank ist die Entwicklung so.
Gleichzeitig leben wir in Krisenzeiten und Corona hat den Anfang gemacht. Die soziale Isolierung, das spüre ich auch in meiner täglichen Arbeit, ist immer noch etwas, worunter die Patienten leiden. Dann natürlich die Kriege, die Klimakrise – all das führt dazu, dass sich die Menschen hilflos fühlen. Und das ist der Beginn einer Depression.
Das Gespräch führte SWR1 Moderator Hanns Lohmann.
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