Es mangelt an Ehrenamtlichen. Viele Vereine finden kaum noch jemanden, der den Nachwuchs trainiert. Eine Heilbronner Familie allerdings engagiert sich - als Schiedsrichter.
Zu wenig Nachwuchs für das Ehrenamt: Egal ob es darum geht, sich um Bedürftige zu kümmern, Kinder und Jugendliche im Verein zu trainieren oder Leben zu retten. Immer seltener finden sich ehrenamtliche Helfer. Eine Familie allerdings trotzt zum Beispiel dem Mangel an Schiedsrichtern: So pfeift der Heilbronner Schiedsrichter Hasan Koçak jeden zweiten Tag ein Fußballspiel. Aber nicht nur er ist fußballverrückt, auch sein Bruder, sein Neffe und sein Sohn sind leidenschaftliche Schiedsrichter.
Großer Schiedsrichtermangel im Amateurbereich
Über 2.500 Spiele hat Hasan Koçak bereits geleitet. Seit 22 Jahren ist er als Schiedsrichter im Fußball unterwegs. Doch nicht überall ist das Engagement so groß. Denn vor allem in den unteren Fußball-Ligen ist der Schiedsrichtermangel deutlich zu spüren. Viele Spiele müssten sie auch alleine pfeifen, da es einfach zu wenige Schiedsrichter in der Region gibt, sagt Koçak.
Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gibt an, die Zahl der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sei im Amateurbereich in Baden-Württemberg rückläufig: Der Württembergische Fußballverband verlor zwischen 2017 und 2023 mehr als 500 Schiedsrichter, in Südbaden ist die Lage noch angespannter, heißt es.
Von Sportplatz zu Sportplatz
Die Koçaks fahren jedes Wochenende von Sportplatz zu Sportplatz, um zu pfeifen; oft sind es mehrere Spiele an einem Tag. Dabei müssen sie hoch konzentriert sein, um in Sekundenschnelle Entscheidungen zu treffen. Jeder von Ihnen pfeift auf seine Art, aber mit viel Respekt und Einfühlungsvermögen gegenüber den Spielern, Trainern und Zuschauern, erklären sie. Viele Sprüche, die in einem hitzigen Spiel auf die Schiedsrichter hereinbrechen, prallen an den Koçaks ab. Außer es werde persönlich, dann sei es auch wichtig zu reagieren, erzählt Hasan Koçak. Für ihn sei das Thema Gerechtigkeit am wichtigsten.
Eine interne Umfrage des DFB zeigte, dass viele keine Lust mehr auf den Job hätten, weil es ihnen keinen Spaß macht, beleidigt, beschimpft oder manchmal sogar gewalttätig angegriffen zu werden. Doch die vier Koçaks aus Heilbronn sind unermüdlich, wie sie selbst sagen.
Traum vom Schiedsrichter in der Bundesliga
Mittlerweile hat sich die Familie ein dickes Fell angeeignet und gemeinsam haben die Vier in der Schiedsrichterei eine große Leidenschaft entdeckt. Der Jüngste von Ihnen, der 17- jährige Oghuzan Koçak, träumt von einer Schiedsrichter-Karriere in der Bundesliga. Die Chancen stünden nicht schlecht für ihn, sagt sein erfahrener Onkel Hasan Koçak. Er treffe pfeilschnelle Entscheidungen bei höchster Regeltreue.
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