Marvin Wanitzek ist einer der absoluten Leistungsträger beim Karlsruher SC. Durch seine Technik besticht er seit Jahren, nun ist der 31-Jährige auch zum Anführer gereift. SWR Sport hat den KSC-Kapitän in seiner Heimat getroffen.
Ein Bolzplatz in Ubstadt bei Bruchsal – es ist ein Platz wie es sie viele in Deutschland gibt. Auf diesem Platz im badischen Land trifft SWR Sport am Samstagmittag Marvin Wanitzek, den Kapitän des Karlsruher SC. Es ist der Ort, wo einst die Fußball-Träume des kleinen Marvin reiften. Denn als Kind verbrachte er jede freie Sekunde auf diesem Bolzplatz, nur ein paar Meter von seinem Elternhaus entfernt. "Ich war schon jahrelang nicht mehr auf diesem Platz", gibt Wanitzek im Gespräch zu. "Nach so langer Zeit jetzt hier den Bolzplatz zu betreten, ist schon ein besonderer Moment." Täglich nach der Schule habe er mit den Freunden und seinem Bruder dort gekickt, es habe sich immer alles um Fußball gedreht.
Über Hoffenheim, Walldorf und Stuttgart zum KSC
Nach den ersten fußballerischen Gehversuchen beim FV Ubstadt war der gebürtige Bruchsaler einst nach Hoffenheim, Walldorf und dann zum Karlsruher Erzrivalen VfB Stuttgart gewechselt. 2017 kehrte er in die Heimat zurück, seitdem wurde er für den KSC von Jahr zu Jahr wichtiger. Er gehört zu den unumstrittenen Leistungsträgern des Zweitligisten – und wurde im Sommer mit der Kapitänsbinde belohnt. Ein "großes Stück Dankbarkeit" gehe an das Trainerteam unter Christian Eichner, betont Wanitzek, das ihm über die letzten Jahre immer das Vertrauen auf und neben dem Platz geschenkt habe. "Das mit der Kapitänsbinde eine Woche vor Liga-Start noch einmal offiziell zu benennen hat mich extrem gefreut - für meinen Heimatverein und Herzensklub die Mannschaft aufs Feld führen zu dürfen."
Als Nachfolger des als Profi zurückgetretenen Ex-Kapitäns Jerôme Gondorf mausert sich der 31-Jährige mehr und mehr zum Anführer. "Ich stand die letzten Jahre als Co-Kapitän hinter Jerôme Gondorf, wo ich mir viel abschauen konnte", sagt Wanitzek bescheiden. "Dennoch wusste ich, dass der Umbruch kein einfacher wird und wir auch extreme Typen in der Kabine verlieren werden. Wir hatten keine Zeit da groß nachzudenken. Jeder musste in seine Rolle hereinwachsen."
Lob für Wanitzeks Auftritte als Leitwolf
Für ihn sei Wanitzek nichts weniger als "einer der Topspieler" der Liga, sagte Trainer Eichner zuletzt. Beim 4:4-Spektakel gegen den 1. FC Köln am 7. Spieltag der laufenden Saison war Wanitzek mit drei Toren und einer Vorlage auf Seiten der Karlsruher der spielentscheidende Mann. Für seine Mitspieler ist er auf dem Platz der Fixpunkt. "Was ein Spieler", schrieb einer der Mannschaftskollegen auf dem Spielball, den Wanitzek als Dreifach-Torschütze nach der Partie bekam.
"Mein erster Blick geht immer zu ihm. Das zeigt schon, was für eine Bedeutung er für mich hat," sagte Mannschaftskollege Leon Jensen nach dem 3:3-Unentschieden gegen Darmstadt. "Er ist für das Team absolute Leitfigur auf und neben dem Platz – ein absolut wichtiger Spieler und Anker." Das ist schon lange so, fällt derzeit aber besonders auf.
Fünf Tore und fünf Vorlagen stehen für Wanitzek nach neun Pflichtspielen in dieser Saison schon zu Buche, in jeder der Partien stand er die komplette Spielzeit auf dem Platz. Bereits in den vergangenen beiden Zweitliga-Spielzeiten hatte er jeweils zehn Treffer erzielt und darüber hinaus etliche weitere aufgelegt hatte. Seine technischen Fähigkeiten zeichnen ihn schon seit Jahren aus. Mittlerweile überzeugt er aber auch zunehmend als An- und Wortführer. Es sei "großartig", wie der Edeltechniker in seine Rolle als Karlsruher Spielführer hineingewachsen sei, lobte Coach Eichner den eigentlich so zurückhaltenden 31-Jährigen.
Marvin Wanitzeks Vertrag beim KSC läuft bis 2027
Als Tabellenvierter geht der in dieser Saison nach wie vor ungeschlagene KSC in die Länderspiel-Pause im Oktober. Auf den Spitzenreiter Fortuna Düsseldorf beträgt der Rückstand einen Punkt. Rund um den Wildpark keimen leise Hoffnungen auf die ersehnte Bundesliga-Rückkehr auf. Das ist auch Marvin Wanitzek zu verdanken. Kaum eine Transferperiode verging in den letzten Jahren, in der die KSC-Fans nicht fürchteten, dass Wanitzek doch noch mal den Absprung wagen würde.
Doch der Schlüsselspieler, dessen Vertrag beim KSC noch bis 2027 läuft, ist stets geblieben - auch wenn der Traum von der Bundesliga da ist. "Ich bin ein Familienmensch. Momentan sehe ich meinen Lebensmittelpunkt hier", erklärt der Badener seine Heimatverbundenheit. "Ich habe immer noch denselben Freundeskreis wie früher, mein Nachbar ist mein bester Freund wie in Kindheitstagen. Das ist momentan für mich sehr viel mehr wert, als vielleicht doch zu der ein oder anderen Mannschaft in die Bundesliga zu wechseln."
Der Traum von der Bundesliga brennt weiter
Genau vier Einsatzminuten in der Bundesliga konnte Wanitzek in seiner Karriere bislang sammeln. In der Saison 2015/16 wurde er in der Partie des VfB Stuttgart gegen Borussia Dortmund beim Stand von 1:4 aus Sicht der Schwaben eingewechselt. 240 Sekunden Bundesliga-Luft, mehr gab es für Wanitzek danach nicht mehr. Aufgegeben hat er den Traum, noch einmal in der höchsten Spielklasse aufzulaufen, aber nicht.
"Ich fühle mich sehr gut, ich fühle mich fit", beschreibt er sein derzeitiges Körpergefühl. "Ich will kicken, ich will Spaß haben – und das habe ich momentan." Mit 31, einem dann doch schon eher fortgeschrittenen Fußballeralter, habe er "noch immer richtig Bock". "Mein absolutes Traumziel ist es, mit dem KSC in die Bundesliga aufzusteigen", formuliert es Wanitzek. "Ich bin noch nicht am Ziel angelangt und hoffe, dass es eines Tages der Fall sein wird." Eine Aussage, der sich die KSC-Fans wahrscheinlich anschließen dürften.