Mit seinem Coming-out hat Thomas Hitzlsperger den Umgang mit dem Thema Homosexualität im deutschen Profifußball positiv verändert. Das merkt auch ein Fanclub des VfB Stuttgart.
Oliver Berneburg redet und redet, doch dann gerät er kurz ins Grübeln. "Die gibt's nicht mehr, oder?", fragt er seinen Fußball-Kumpel Jens Kohler. In einem Café in Stuttgart sitzen die zwei nebeneinander. "Vor 20 Jahren gab es noch homophobe Sprüche in der Fankurve", bringt Berneburg seinen Gedanken zu Ende, "aber nein, jetzt gibt's die nicht mehr. Da hat sich etwas entwickelt."
"Stuttgarter Junxx" - der erste schwul-lesbische VfB-Fanclub
Die beiden Männer sind glühende Fans des VfB Stuttgart – und darüber hinaus Mitglieder der "Stuttgarter Junxx", dem ersten schwul-lesbischen VfB-Fanclub. Als Thomas Hitzlsperger am 8. Januar 2014 und damit genau vor zehn Jahren als erster prominenter Ex-Fußballer öffentlich über seine Homosexualität sprach, existierte dieser Fanclub schon einige Jahre: Gegründet wurde er nämlich im Oktober 2004.
"Ein Vorbild ist er auf jeden Fall", sagt Berneburg heute über Hitzlsperger, der 2007 mit dem VfB Deutscher Meister wurde. Seit dem Coming-out, da sind sich Berneburg und Kohler einig, habe sich beim Thema Homosexualität im Profifußball einiges getan und verändert.
Fußball | Bundesliga VfB-Boss Alexander Wehrle: Coming-outs aktiver Fußballprofis werden kommen
Vorstandschef Alexander Wehrle vom VfB Stuttgart sieht in puncto Diversität deutliche Fortschritte im deutschen Profifußball. Er kann sich vorstellen, dass es ein Gruppen-Coming-out geben wird.
Hitzlsperger und sein Coming-out: Auslöser für Veränderungen
Die Bundesliga-Clubs würden sich seitdem mehr um Diversität bemühen. Zudem sei das Coming-Out eines Sportlers – ob noch aktiv oder nicht – in den Medien kein allzu großes Ding mehr. Berneburg sagt aber auch: "Ich dachte damals, dass direkt danach schneller etwas passieren würde. Letztlich hat aber niemand die Chance wahrgenommen, die Öffentlichkeit zu nutzen."
Die Rampe, die Hitzlsperger vor zehn Jahren errichtet hat, gibt es so in dieser Form nicht mehr. Dafür aber machen sich andere Funktionäre und ehemalige Akteure dafür stark, dass es in absehbarer Zeit Coming-outs aktiver, homosexueller Spieler im deutschen Profifußball geben kann.
So hat Ex-Jugendnationalspieler Marcus Urban unlängst angekündigt, gemeinsam mit Kollegen in einer Initiative ein Gruppen-Coming-out organisieren zu wollen. Eine Idee, die von VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle unterstützt wird.
"Der Einzelne wagt den Schritt eher nicht, aber in der Gruppe ist es dann vielleicht doch einfacher", sagt Wehrle im Gespräch mit SWR Sport. Der 48-Jährige ergänzt aber auch: "Es ist eine ganz persönliche Entscheidung, ob man sich zu dem Coming-out bereiterklärt oder nicht – deswegen sollte man auch niemanden drängen. Andererseits sollten wir alles dafür tun, dass es möglich sein kann."