Dicht am Geschehen: Gänsehaut durch Nahaufnahmen und wörtliche Rede
Mindestens die Hälfte der Menschen kennt Gänsehaut, wenn sie bestimmte Musik hört. Häufig setzt die Gänsehaut ein, wenn der Refrain beginnt oder die Musik auf einen Höhepunkt zusteuert. Aber Menschen bekommen auch Gänsehaut bei Filmen. Und zwar bei ganz bestimmten Stellen, sagt Eugen Wassiliwizky. Er erforscht solche Gänsehautmomente am Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik in Frankfurt:
"Wenn Sie eine Gänsehaut haben in einem Film, dann wird in diesen Momenten überproportional häufig ein Close-up verwendet, also eine nahe Distanz von der Kamera zum Gesicht des Schauspielers. Das kann man objektiv messen."
Menschen bekommen Gänsehaut sogar bei Gedichten, und auch da sind es wieder ganz bestimmte Momente. Eugen Wassiliwizky:
"Was wir erkennen ist, dass die Gänsehautmomente sich häufen zum Ende von Zeilen, zum Ende von Strophen und zum Ende des ganzen Gedichts."
In manchen Gedichten, etwa bei Balladen, kommt auch wörtliche Rede vor. Auch diese Stellen gehören zu den typischen Gänsehaut-Momenten. Eugen Wassiliwizky:
"Wenn in einer Ballade eine Person zu einer anderen spricht, ist es viel wahrscheinlicher, dass Sie in diesen wörtlichen Redeabschnitten Gänsehaut erleben werden als in den narrativen-deskriptiven Teilen der Ballade."
Gänsehaut als Schutzmechanismus
Doch warum bekommen Menschen bei Musik, Gedichten oder Filmen überhaupt Gänsehaut? Eigentlich hat Gänsehaut ja eine Schutzfunktion: Sie bewahrt uns vor Kälte, indem sie die kleinen Muskeln an den Haaransätzen aktiviert und gleichzeitig dafür sorgt, dass sich die Haare aufstellen und ein isolierendes Luftpolster bilden. Aber warum bei Musik, bei Gedichten, bei emotionalen Momenten? Eugen Wassiliwizky:
"Eine Idee ist, dass es ein bestimmter Schutzmechanismus ist. Es ist ja ein Schutzmechanismus für den Körper. Der Körper aktiviert ihn, auch wenn er sich bedroht fühlt emotional. Deswegen auch unser Credo, dass bei der Gänsehaut irgendeine Art von negativer Emotion enthalten sein muss, damit sie in Gang gesetzt wird."
Bedrohung oder Abschied vom Gewohnten
Anders gesagt: Gänsehautmomente entstehen auch bei Filmen, Musik oder Gedichten an Stellen, die sich durch eine besondere Spannung auszeichnen, wo eben nicht alles schön und gut ist, sondern wo auch negative Emotionen mit hineinspielen, die dann besonders bewegend sind. Vielleicht eine Bedrohung oder ein Konflikt oder ein großer Moment, in dem etwas Neues beginnt, was aber mit dem Abschied von etwas Altem verbunden ist. Auch wenn solche Momente schön sind, kann es diese negativen Begleitemotionen geben, auf die der Körper dann mit Gänsehaut reagiert, so die Vermutung. Doch so ganz ist das Phänomen bis heute nicht verstanden.
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