Album-Tipp

Zwei Generationen Bach auf einer Aufnahme: Einav Yardens „Father and Son“

Stand
AUTOR/IN
Christoph Vratz
KÜNSTLER/IN
Einav Yarden
ONLINEFASSUNG
Dominic Konrad

Der große Bach? Damit war im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert nicht Johann Sebastian, sondern sein Sohn Carl Philipp Emanuel Bach gemeint. Die aus Israel stammende Pianistin Einav Yarden sorgt auf ihrem neuen Album nun für so etwas wie Gerechtigkeit und stellt Vater und Sohn gleichberechtigt nebeneinander. Einav Yarden konstruiert nicht, sie spricht in Tönen, findet Christoph Vratz.

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Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach auf einer Aufnahme

Es dauert relativ lange, bis Carl Philipp Emanuel Bach nach dem virtuosen Beginn seiner Fantasie Es-Dur ein richtiges Thema findet. Und das wirkt in seinem Charakter sehr anders: melancholisch und nachdenklich.

Einav Yarden hat vor einigen Jahren bereits eine Aufnahme mit Musik der frühen Klassik aufgenommen, damals mit Sonaten von Joseph Haydn. Alle Qualitäten, die sie damals schon bewiesen hat, erneuert sie nun bei ihrem Album mit dem Titel „Father and Son“ („Vater und Sohn“) und Musik von Johann Sebastian und Carl Philipp Emanuel Bach.

C.P.E. Bach: Fantasie Es-Dur Wq. 58/6: Allegro di molto

Yarden konstruiert nicht, sie spricht in Tönen

Die hohe Beweglichkeit in den Läufen wirkt nie sportiv getrieben. Vielmehr paart Einav Yarden das mit einem leichten, stellenweise luftigen Gestus. Außerdem agiert sie sehr behutsam beim Pedalgebrauch.

So bleiben Konturen gut erkennbar, und der moderne Konzertflügel erscheint dadurch wie der natürliche Nachfolger des historischen Hammerklaviers. Den Humor, der auch Haydns Musik auszeichnet, bringt Yarden auch bei Carl Philipp Emanuel Bach zum Ausdruck.

Einav Yarden konstruiert nicht, sie spricht in Tönen. Akzente markiert sie nie oberlehrerhaft, sondern mutig, prall und überzeugend. Insgesamt verläuft ihr Klavierspiel in natürlichen Bahnen, was Tempo, Dynamik und Artikulation betrifft.

Yarden spielt C.P.E. Bachs Rondo G-Dur Wq. 57/3 beim New Ross Piano Festival

Nie so streng wie Gould oder Gulda

Neben Sonaten und Einzelstücken des Bach-Sohnes enthält das neue Album auch die Chromatische Fantasie und Fuge von Vater Bach.

Yarden entwickelt auch hier eine eigene Handschrift. Ihr Spiel ist entschlossen und geradlinig, aber nie so streng motorisiert wie einst Glenn Gould oder Friedrich Gulda.

Vielmehr betreibt Yarden pianistisches Schach: Mal rückt sie mit einer Nebenstimme vor, mal entscheidet sie sich für den direkten Weg. Im einleitenden Prélude zu Bachs zweiter „Englischer Suite“ höre ich eine Spiellust, die frei ist von aller Grübelei.

Präludium aus Johann Sebastian Bach: Englische Suite Nr. 2 a-Moll BWV 807

Essenzen statt Show-Effekten

Forsch und ungetrübt in den schnellen Sätzen, grüblerisch und mit reifer Ruhe in den langsamen: Einav Yarden stellt Vater und Sohn Bach als gleichberechtigte Komponisten nebeneinander und beweist dabei ihre eigenen künstlerischen Qualitäten.

Yarden ist keine Pianistin, die nach Show-Effekten sucht, sondern nach Essenzen, nach Wahrhaftigkeit und Überzeugungskraft.

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