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Die Frau hinter dem Film

Gräfin und Edelhure? Jeanne du Barry, die letzte große Mätresse Frankreichs

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Dominic Konrad

Mit Filmen über Frauen im Schatten großer Staatsmänner lassen sich ganze Archive füllen. Eine der berühmtesten unter ihnen war Marie-Jeanne Bécu, Gräfin du Barry. Ihr hat die französische Regisseurin und Schauspielerin Maïwenn eine neue Filmbiografie gewidmet. Eine junge Frau aus einfachsten Verhältnissen wird die Favoritin des Königs und ist Marie Antoinette, der Frau des Thronfolgers, ein Dorn im Auge.

Jeanne du Barry, Porträt von Élisabeth Vigée-LeBrun
Auftoupierte, gepuderte Haare, kostbarer Haarschmuck und ein verführerisches Lächeln. So porträtierte Hofmalerin Élisabeth Vigée-LeBrun die Gräfin du Barry.

Neun Worte, ein großes Politikum

„Il y a bien du monde aujourd'hui à Versailles.“
(Heute sind viele Menschen in Versailles.)

Versailles am Neujahrstag 1772: Es ist eine belanglose Phrase, gerade einmal neun Worte, die Marie Antoinette, die Ehefrau des französischen Kronprinzen, der Gräfin Jeanne du Barry entgegenraunt. Neun Worte, die für die Gräfin ein Triumph auf ganzer Linie bedeuten. Sie hat die künftige Königin Frankreichs in die Knie gezwungen.

Seit ihrer Hochzeit ist Marie Antoinette die ranghöchste Frau am französischen Hofe. Die Etikette verbietet es anderen Damen, unaufgefordert das Wort an sie zu richten. Und dieses Wort verweigert die Kronprinzessin der Gräfin über Monate hinweg. Der Grund: Jeanne du Barry, die Mätresse des Königs Ludwig XV., ist eine Bürgerliche und, wie man so schön sagt, „ von zweifelhaftem Ruf“.

Frankreichs Königin Marie Antoinette (Porträt von Elisabeth Vigée Le Brun)
Bittere Widersacherin bei Hofe: Die spätere Königin Marie Antoinette war am österreichischen Kaiserhof mit strengen Moralvorstellungen erzogen worden. Die Vorstellung, einer Mätresse ihre Gunst zu schenken, war ihr ein Graus.

Der Machtkampf zwischen Prinzessin und Geliebter bringt letztlich sogar die österreichisch-französische Allianz in Gefahr: Ludwig XV. droht ob der Demütigung seiner Geliebten, das Bündnis aufzukündigen, das über Jahre mühevoll ausgehandelt und mit der Hochzeit des Prinzenpaares besiegelt wurde.

Es ist schließlich Österreichs Kaiserin Maria Theresia, die ihre Tochter Marie Antoinette zur Kapitulation bewegt.

„Jeanne Du Barry“ im Kino: Die Filmkritik von Rüdiger Suchsland

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Eine Frau von niederem Stand und lockerer Moral

Das Bild der Edelhure Jeanne du Barry besteht bis heute. Stefan Zweig lässt in seiner Biografie über Marie Antoinette kein gutes Haar an der Gräfin:

„Aus der untersten Hefe des Volkes heraufgekommen, dunklen Vorlebens und, wenn man den Gerüchten Glauben schenken will, auf dem Umweg über ein öffentliches Haus in das königliche Schlafgemach gelangt“

Marie-Jeanne Bécu wird im August 1743 geboren. Sie ist das uneheliche Kind einer Näherin, ihr Vater ist vermutlich ein Franziskanerpater. Bildschön soll sie gewesen sein und schnell verstanden haben, wie sie auf Männer wirkt.

Eine Stelle als Gesellschafterin einer älteren Witwe verliert sie, weil deren verheiratete Söhne ihr den Hof machen. Zeitweise arbeitet Jeanne als Putzmacherin und Verkäuferin, während sie unter dem Decknamen „Mademoiselle Lange“ Umgang mit Herren der besseren Gesellschaft pflegt.

Die Bildergalerie zum Film

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Jeanne Vaubernier (Maïwenn), eine ehrgeizige und gesellschaftlich aufstrebende Bürgerliche nutzt geschickt ihre betörenden Reize, um ihren bescheidenen Verhältnissen zu entkommen. Bild in Detailansicht öffnen
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Über den über den einflussreichen Herzog de Richelieu wird Jeanne dem König Louis XV (Johnny Depp) vorgestellt. Bild in Detailansicht öffnen
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Zwischen Louis XV (Johnny Depp) und Jeanne ( (Maïwenn) entbrennt eine leidenschaftliche Liebe auf den ersten Blick. Bild in Detailansicht öffnen
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Mit der bezaubernden Kurtisane an seiner Seite findet der König die Freude am Leben wieder - so sehr, dass er ohne sie nicht mehr sein kann und beschließt, sie zu seiner offiziellen Favoritin zu ernennen. Bild in Detailansicht öffnen
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Jeanne zieht gegen alle Regeln des Anstands und der Etikette nach Versailles, wo ihre Ankunft den gesamten Hof in Aufruhr versetzt. Bild in Detailansicht öffnen
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Regisseurin Maïwenn nahm sich vor „...die Geschichte auf die Beziehung zwischen Jeanne und Louis XV zu konzentrieren weil diese Beziehung zu ihrem Untergang führt und weil alles, was nach ihrem Abschied von Versailles folgt, das direkte Ergebnis dieser Zeit ist, in der sie mit dem Etikett "die Hure des Königs" leben muss.“ Bild in Detailansicht öffnen
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„Ich hatte sehr früh schon eine Vorstellung davon, wohin ich gehen wollte. Ein Film mit einem relativ langsamen Rhythmus, der nie von der historischen Rekonstruktion eingeschränkt wird. Mit Bildern, die den Gemälden des 18. Jahrhunderts sehr nahekommen und mit wenigen Nahaufnahmen oder zu stark zerschnittenen Szenen.“ (Regisseurin und Hauptdarstellerin Maïwenn) Bild in Detailansicht öffnen
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Regisseurin Maïwenn über JEANNE DU BARRY: „Jeanne du Barry hat mich verführt, weil sie eine wunderbare Verliererin ist. Vielleicht wegen der Ähnlichkeiten ihres Lebens mit meinem, aber das ist nicht der einzige Grund. Ich verliebe mich in sie und in diese Zeit.“ Bild in Detailansicht öffnen

Eine neue Frau für Ludwig XV.

Dass Marie-Jeanne Bécu den Grafen du Barry in einem Bordell kennenlernt, ist vermutlich eine Erfindung späterer Schmähschriften. Doch der Graf erkennt das Potenzial der schönen, junge Frau und lässt sie nach Versailles bringen.

Dort ist der Platz an der Seite des Königs frei: Im Winter 1764 ist die Favoritin, Madame de Pompadour, an der Tuberkulose gestorben. Und nun findet Ludwig XV. Gefallen an der deutlich jüngeren Jeanne. Durch eine gefälschte Geburtsurkunde und die Heirat mit dem Bruder ihres Förderers wird sie salonfähig: Aus Marie-Jeanne Bécu wird die Comtesse Jeanne du Barry.

Im April 1769 wird die frischgebackene Gräfin bei Hofe eingeführt. Sie ist 25 Jahre alt, der König 59.

Jeanne du Barry (Gemälde von François-Hubert Drouais)
Die Comtesse du Barry auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Das Porträt zeigt sie als Muse des Königs.

Samt, Seide und Schulden

In Versailles bezieht du Barry die Gemächer direkt über den Appartements des Königs. Dieser macht ihr teure Geschenke, darunter erlesenste Juwelen und ein Schloss bei Paris. Auch das berühmte Diamanten-Collier, das Marie Antoinette Jahre später in der sogenannten „Halsbandaffäre“ zum Verhängnis wird, wurde ursprünglich für ihre Widersacherin gefertigt.

Trotz der hohen königlichen Zuwendungen ist die Gräfin immer verschuldet. Sie lebt verschwenderisch, wird aber auch als freigiebig und gutherzig beschrieben. In politische Angelegenheiten mischt sie sich – ganz im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin Pompadour – nur ein, wenn sie ihre Stellung bei Hofe bedroht sieht.

Fest in Louveciennes
Im Schloss Louveciennes feiert der König mit seiner Mätresse rauschende Bälle und üppige Feste.

Der sterbende König verbannt seine Kurtisane

Ihren Triumph gegen Marie Antoinette kann die Gräfin nicht lange genießen: Im Frühjahr 1774 erkrankt Ludwig XV. an den Pocken. Jeanne weicht trotz der hohen Ansteckungsgefahr nicht von seiner Seite.

Auf Druck seines Beichtvaters und aus Angst um sein Seelenheil lässt der geschwächte König seine Mätresse schließlich vom Hof verbannen und in ein Kloster bringen. Luwig XV. stirbt am 10. Mai und hinterlässt ein heillos überschuldetes Land. 15 Jahre später sollen die Revolutionäre die Bastille stürmen und der Bourbonen-Monarchie ein Ende setzen.

Jeanne du Barry
Ludwig XV. schenkte Jeanne du Barry das Schloss in Louveciennes nahe Paris. Zwei Jahre nach dem Tod des Königs kehrte die Gräfin hierher zurück und blieb bis zu ihrer Verhaftung 1793.

Rückkehr nach Frankreich inmitten der Revolution

Die Gräfin kehrt schließlich nach Louveciennes zurück, in das Schloss, dass der König ihr in den gemeinsamen Jahren geschenkt hatte. Als 1789 in Frankreich die Revolution ausbricht, wähnt sie sich, fernab von Versailles, nicht in Gefahr. Sogar noch nach der Hinrichtung des Königs kehrt sie aus dem sicheren England nach Frankreich zurück.

Im September 1793 wird Jeanne du Barry gefangen genommen und vor das Revolutionstribunal gestellt. Die Anklage fordert, dass „nach der Frau des letzten französischen Tyrannen“, Marie Antoinette, auch das Urteil über die Geliebte seines Vorgängers gesprochen werden müsse.

„Ich bitte Euch, verehrter Henker, noch einen kleinen Moment“

Am 8. Dezember 1793 steigt Jeanne du Barry auf der Place de la Revolution aufs Schafott. Sie stirbt durch die Guillotine, nicht mal zwei Monate nach der Königin, die ihr einst den Gruß verwehrte. Gegen ihr Schicksal soll sie sich gewehrt haben bis zum bitteren Ende.

Versailles und die Monarchen des Absolutismus

Ausstellung Möbel für Monarchen: Roentgen-Museum Neuwied zeigt besondere Einrichtungsgegenstände

Im Neuwieder Roentgen-Museum ist eine umfassende Schau mit Möbeln der Manufaktur Abraham und David Roentgen zu sehen. Marie Antoinette oder König Ludwig VI. waren etwa Kunden.

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Zeitwort 7.5.1664: Ludwig XIV feiert ein prächtiges Fest in Versailles

Sechs Tage lang feierte der junge König mit Musik, Tanz und Theater. Mit den Festivitäten wurde der Grundstein gelegt für Ludwigs späteren Ruhm als „Sonnenkönig“

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Dominic Konrad