Verfassungsschutz-Bericht 2021: Mehr Fake News, Radikalisierung und Extremismus

Verfassungsschutzbericht für Rheinland-Pfalz

Mehr Fake News, Cyberangriffe und zunehmende Radikalisierung

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Corona-Proteste, Ukraine-Krieg, Verschwörungsmythen, Cyberangriffe und immer mehr Gewaltbereitschaft: Innenminister Lewentz hat den Verfassungsschutzbericht 2021 vorgelegt.

Die Gefahr für die innere Sicherheit durch Extremismus und Radikalisierung an den politischen Rändern ist laut Minister Roger Lewentz (SPD) im vergangenen Jahr deutlich gestiegen. Soziale Probleme, etwa durch extreme Preissteigerungen könnten die Lage noch verschärfen.


Eine Übersicht über die Bedrohung der Sicherheit im Land:

Mit Fake News Bevölkerung verunsichern

Extremisten und angesichts des Krieges in der Ukraine nicht zuletzt fremde Nachrichtendienste und ihre Helfer versuchten immer häufiger, die Verfassungsordnung zu untergraben, das politische System zu destabilisieren und die Bevölkerung zu verunsichern. Hinzu komme eine immer stärkere Tendenz, Verschwörungstheorien und Fake News zu verbreiten - mit dem Ziel, Zweifel und Zwietracht in der Gesellschaft zu säen, so der Innenminister weiter

"Meine Angst ist, dass sich Menschen dauerhaft radikalisiert vom Staat abwenden und bereit sind, Gewalt anzuwenden."

Mehr staatlich gelenkte Cyberangriffe

Im "Windschatten" der Corona-Pandemie und dann durch den Krieg gegen die Ukraine habe die Bedrohung durch staatlich gelenkte Cyberangriffe und Desinformationskampagnen erheblich zugenommen, fasste Elmar May, Leiter der Abteilung Verfassungsschutz, zusammen. Hybride Angriffe, die Kombination aus klassischen Militäreinsätzen, wirtschaftlichem Druck, Cyberattacken auf sensible Infrastrukturen bis hin zu Propaganda und der Verbreitung von Desinformation in den Medien und sozialen Netzwerken, gefährdeten die Stabilität und Integrität ganzer Staaten und Gesellschaften.

Mehr antisemitische Straftaten - meist von rechts

"Sorgen bereitet uns der in Teilen der Gesellschaft verstärkt aufkeimende Antisemitismus", so Lewentz. Das habe sich 2021 unter anderem bei Corona-Protesten und bei Demonstrationen im Zuge des erneut aufgeflammten Israel-Palästina-Konflikts gezeigt. In Rheinland-Pfalz seien im vergangenen Jahr 61 antisemitische Straftaten gezählt worden, nach 46 im Jahr zuvor. Allein 50 davon wiesen demnach einen rechtsextremistischen Hintergrund auf. Deshalb sei es richtig, dass der Verfassungsschutz Rheinland-Pfalz mit seiner 2021 eingerichteten Dokumentations- und Koordinierungsstelle den Antisemitismus noch stärker in den Blick nehme.

Rechtsextremismus immer mehr in "digitaler Parallelwelt"

Die Gefahr durch Rechtsextremismus besteht laut Verfassungsschutz unvermindert weiter. Diesem Spektrum werden rund 740 Personen zugerechnet, etwa 150 von ihnen gelten als gewaltorientiert. Die Zahl der Straftaten liegt mit 754 auf dem gleichen Niveau wie im Vorjahr. Hinzu kommt, dass sich eine Art "digitale Parallelwelt" entwickelt hat, in der sich Hass und Hetze verbreiten.

Ein neuer Arbeitsschwerpunkt des Verfassungsschutzes wurde 2021 der im Zusammenhang mit den Corona-Protesten entstandene Bereich "Demokratiefeindliche und/oder sicherheitsgefährdende Delegitimierung des Staates". Er sehe hier "abseits der bekannten Ideologien und Weltanschauungen ein Gefahrenpotenzial für unsere Demokratie und den gesellschaftlichen Frieden, das wir sehr ernst nehmen müssen", warnte Lewentz.

Mehr "Reichsbürger" in Rheinland-Pfalz

Auch sei 2021 ein Anstieg der Zahlen im Spektrum der "Reichsbürger" zu verzeichnen. In Rheinland-Pfalz rechnet ihnen der Verfassungsschutz etwa 850 Personen zu (2020: 700), darunter sind demnach konstant rund 100 Gewaltorientierte. Innerhalb der Szene gibt es laut Lewentz eine hohe Affinität zu Waffen und ein großes Aggressionspotenzial. Die Behörden hätten hier knapp 200 Waffen eingezogen.

Während Reichsbürger bisher in der Öffentlichkeit in größerer Zahl kaum in Erscheinung traten, beteiligten sie sich 2021 laut Verfassungsschutzbericht vermehrt an Protesten gegen die staatlichen Corona-Maßnahmen.

Islamismus anhaltende Bedrohung

Eine anhaltend hohe Bedrohung blieben der Islamismus und der islamistische Terrorismus. In Rheinland-Pfalz hat der Verfassungsschutz rund 660 Personen auf dem Radar, darunter 420 organisierte Islamisten. Etwa 65 Personen gelten als gewaltbereit. Polizei und Verfassungsschutz registrierten im vergangenen Jahr 14 Straftaten, davon 4 Gewalttaten. Im Vorjahr waren es 13, davon eine Gewalttat. Trotz rückläufiger Zahlen bleibe die Anschlagsgefahr vorhanden, vor allem durch labile Einzelpersonen, die schwer herauszufinden seien.

Linksextremismus auf "niedrigem Niveau"

Der Bereich Linksextremismus bewegt sich nach Einschätzung des Verfassungsschutzes in Rheinland-Pfalz mit rund 520 Anhängern - davon geschätzt 120 gewaltorientierten - im Bundesvergleich auf niedrigem Niveau. Die Zahl der Straftaten, die diesem Spektrum, vor allem der Antifa, zugerechnet werden, ging innerhalb eines Jahres um 56 auf 140 zurück.

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SWR