Warnsysteme

Wo war die Flutwarnung der Behörden?

Eifelkreis kritisiert: "Wir haben uns selbst alarmiert"

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Nach der Flutkatastrophe in der Region Trier kritisiert der Eifelkreis die Warn-Meldekette. Im Krisenstab seien keine Warnungen anderer Behörden eingegangen, sagt der erste Beigeordnete Rudolf Rinnen (Freie Wähler).

SWR Aktuell: Wann haben Sie sich als Eifelkreis erstmals Gedanken über die Unwettersituation gemacht und über das, was sie dann tun sollten?

Rudolf Rinnen: Mit unserem Katastrophenschutz vor Ort haben wir uns dienstagsabends zusammentelefoniert. Wir wussten, da kommt was in zwei Tagen. Es bestand noch keine Lage, dass wir unser eigenes Katastrophenschutzzentrum aktivieren müssen. So läuft das dann: Wenn einer was hört, ruft er den anderen an, sagt, pass mal auf, ich habe beim Wetterdienst was gesehen oder ich habe eine Warnung in den lokalen Medien gehört.

Am Dienstagabend sagten wir, wenn es wirklich so starke Regenfälle geben sollte, müssen wir mittwochsmittags unser Katastrophenschutzzentrum in vorläufigen Alarm versetzen. Erstmal sind ja die Verbandsgemeinden und kreisfreien Städte zuständig für Hilfeleistungen. Erst wenn wir in Abstimmung mit den Verbandsbürgermeistern übernehmen, sind wir mit unserem Katastrophenschutzzentrum zuständig, und so haben wir es auch gemacht.

SWR Aktuell: Am Mittwoch sind ja dann im Eifelkreis die ersten Flüsse über die Ufer getreten und auch Keller vollgelaufen. Wer hat Sie da informiert, wie das weitergeht und gab es schon Warnungen, was da genau auf Sie zurollt?

Rudolf Rinnen: Ich habe mit den Ortsbürgermeistern telefoniert, um zu erfahren, wie es aussieht. Und dann habe ich denen gesagt, wir übernehmen ab nachmittags, wenn das so weitergeht. Also, wir haben uns da früh genug selbst alarmiert. Wir hatten keinerlei Infos von anderen Behörden aus diesem europäischen System. Wir haben versucht, auch mal die Meldekette nachzuvollziehen.

Normalerweise müsste dieses europäische Meldesystem ja dann über eine Bundesbehörde die integrierte Leitstelle in Trier informieren und von da aus käme dann die Meldung an uns. Das war nicht der Fall. Wir haben keinerlei Meldungen erhalten, sondern die Wetterlage im Blick behalten und Warnapps, Zeitung, Radio, Fernsehen.

SWR Aktuell: In der Nacht auf Donnerstag hat sich die Lage ja dann dramatisch entwickelt. Soviel Wasser hat ja noch niemand gesehen. Was konnten Sie da noch machen?

Rudolf Rinnen: Wir haben alles, was zu tun war, eigentlich da getan. Aber diese Wassermassen, die da nachher reinkamen, das hatten wir noch nie. Das war ein großflächiges Regenereignis, was so nicht absehbar war. Wie die Fachleute auch sagen, wir reden ja nicht mehr von einem hundertjährigen Hochwasser, wir reden von einem hundertjährigen Hochwasser Plus.

"Wie können wir die Menschen besser warnen?"

Das sind Dinge, die man nicht vorhersehen kann. Man kann auch keine Vorsorge treffen für solche Fälle. Aber man muss eins machen, sich selber und seine Angehörigen in Sicherheit bringen und dafür müssen wir einfach überlegen, wie können wir das zukünftig besser gestalten, wie können wir die Menschen besser warnen?

Menschen in Zell an der Mosel stehen vor Wassermassen an einer Hochwassermauer
In Zell an der Mosel (Kreis Cochem-Zell) hat die Hochwassermauer nicht gehalten, die Mosel hat am Donnerstagabend gegen 18 Uhr die Altstadt geflutet. Bild in Detailansicht öffnen
Zeller stehen vor Wassermassen
Die Mauer hält das Wasser normalerweise bis zu einem Pegel in Trier von 8,70 Meter. Dieser lag am Donnerstagabend jedoch bei über 9 Meter. Bild in Detailansicht öffnen
Ehrang steht teilweise unter Wasser. Die Flut der Kyll hat den Ort erreicht. Auch in der Eifel hat die Kyll viele Häuser unter Wasser gesetzt.
Auch den Trierer Stadtteil Ehrang hat es schwer getroffen. Dort wurde der Hochwasserschutz ebenfalls am Donnerstag von der Mosel überflutet. Bild in Detailansicht öffnen
Ehrang ist nicht begehbar
Die Straßen in Ehrang standen voller Wasser. Bild in Detailansicht öffnen
Ehrang ist nicht begehbar
Viele Menschen mussten mit schwerem Gerät in Sicherheit gebracht werden, wie hier mit einem Radlader. Bild in Detailansicht öffnen
Hochwasser bei Weingut Josef Justen-Schmitges
Überall entlang der Mosel liefen am Donnerstag den Menschen die Keller voll, wie hier dem Weingut Josef Justen-Schmitges in Ürzig (Kreis Bernkastel-Wittlich). Bild in Detailansicht öffnen
Das Hochwasser während der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz hat auch Kordel völlig überschwemmt (Luftbild).
Besonders hart von dem Unwetter waren am Mittwoch und Donnerstag der Eifelkreis Bitburg-Prüm und der Vulkaneifelkreis betroffen. Die Gemeinde Kordel (Trier-Saarburg) beispielsweise ist von der Kyll völlig überschwemmt worden. Bild in Detailansicht öffnen
Straße in Kordel (RLP), die nach dem Hochwasser 2021 unter Wasser steht. Am Wasserrand befinden sich drei Boote der Feuerwehr und zwei Einsatzkräfte
Die Helferinnen und Helfer konnten nur noch mit dem Boot durch die Straßen fahren. Bild in Detailansicht öffnen
Kordel steht unter Wasser
Kordel war zeitweise sogar ohne Trinkwasserversorgung. Die konnte erst wieder am Donnerstagabend hergestellt werden. Bild in Detailansicht öffnen
Wittlich steht unter Wasser
In der Stadt Wittlich (Kreis Bernkastel-Wittlich) ist am Donnerstag die Lieser übers Ufer getreten. Bild in Detailansicht öffnen
Hochwasser in Wittlich Platz an der Lieser
Das Wasser hat die Innenstadt geflutet. Bild in Detailansicht öffnen
Wittlich räumt am Morgen nach Starkregen auf
Die Menschen hatten zuvor mit Sandsäcken versucht, das Wasser fernzuhalten. Bild in Detailansicht öffnen
Auto versinkt in der Straße
Am Donnerstagmorgen ist in Ingendorf (Eifelkreis Bitburg-Prüm) auf einer Straße ein Auto im Hochwasser versunken. Bild in Detailansicht öffnen
Auch in Hetzerath in der Eifel können die Kanäle die Wassermassen nicht mehr aufnehmen.
Auch in Hetzerath in der Eifel konnten am Mittwochabend schon die Kanäle die Wassermassen nicht mehr aufnehmen, ... Bild in Detailansicht öffnen
Auch in Hetzerath in der Eifel können die Kanäle die Wassermassen nicht mehr aufnehmen.
... die Feuerwehr rückte aus. Bild in Detailansicht öffnen

SWR Aktuell: Haben Sie denn da jetzt mit ein paar Tagen Abstand schon Ideen, was verbessert werden kann, um wenigstens die Menschen besser zu warnen?

Rudolf Rinnen: Es gibt keine 100-prozentige Sicherheit, das können wir ausschließen. Es wird immer Fälle geben, wo wir uns so gut wir können vorbereiten, wir werden von den Ereignissen überrollt. Andererseits müssen wir auch mehr in den Katastrophenschutz, in den Zivilschutz investieren. Nach der Wende, in den 90er Jahren, hat man dieses Thema etwas vernachlässigt.

"Wir werden auch wieder Sirenen brauchen"

Das ist jetzt eine Lehre, die sollten wir aus den letzten Jahren einfach ziehen. Auch die analoge Alarmierung mit Sirenen wird ein Thema sein. Wenn die Handynetze ausfallen, wenn die Telefonleitungen tot sind, dann kann man sich auch nirgendwo mehr informieren. Wenn der Strom ausfällt, dann muss es auch noch ein System geben, was dann funktioniert.

SWR Aktuell: Irgendwann war ja klar, dass Sie das nicht alles mit Ihren eigenen Rettungskräften stemmen können. Wie kam dann Hilfe?

Rudolf Rinnen: Wir haben Einheiten auch in Abstimmung mit anderen Behörden angefordert. Da kann ich mich überhaupt nicht beschweren. Das hat reibungslos funktioniert. Die Kräfte, die wir gerufen haben, die haben sich umgehend in Marsch gesetzt. THW, DLRG, Feuerwehren, Bundeswehr, da haben alle mitgearbeitet. Wir hatten ein Ersatzkrankenhaus aus Sprendlingen hier vor Ort. Das ein oder andere gibt es immer zu verbessern, besser zu koordinieren, aber ich glaube, da kann man niemandem einen Vorwurf machen. Da lobe ich auch ausdrücklich das Land, jegliche Unterstützung, die wir eingefordert haben, ist auch eingetroffen.

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SWR