Überschwemmungen in Dernau nach Ahrflut (Foto: dpa Bildfunk, Picture Alliance)

Zweiter Jahrestag der Flutkatastrophe

Katastrophenschutz in RLP: Das hat sich seit der Flut im Ahrtal getan

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Dirk Rodenkirch
Dirk Rodenkirch  (Foto: ARD-Hauptstadtstudio/Jens Müller )

Als Folge der verheerenden Ahrflut soll der Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz neu und besser aufgestellt werden. Das hat sich seit der Flut im Juli 2021 bisher verändert:

Eine große Lücke im rheinland-pfälzischen Katastrophenschutz ist während der Flut vom 14. auf den 15. Juli 2021, bei der 136 Menschen im Land starben, auf besonders tragische Weise sichtbar geworden: Rheinland-Pfalz verfügte damals nicht über Hubschrauber mit Seilwinde zur Rettung von Menschen aus der Luft.

Solche Hubschrauber wurden jedoch besonders dringend benötigt, weil viele Menschen nicht mehr anders zu erreichen waren, als sich die Flutwelle ihren zerstörerischen Weg durch das Ahrtal bahnte. Das zeigen auch Videos eines Polizeihubschraubers.

Erster eigener Hubschrauber mit Winde zur Luftrettung in RLP

Damals setzte das Land vor allem auf eine Kooperation mit Hessen, das über Hubschrauber mit Winde verfügt, von denen einer auch am Flutabend im Ahrtal zum Einsatz kam und Menschen rettete.

Wie das Innenministerium auf Anfrage des SWR mitteilte, verfügt Rheinland-Pfalz seit dem vergangenen Sommer über einen eigenen Rettungshubschrauber mit Winde - den ADAC-Hubschrauber Christoph 66. Er ist in der Westpfalz stationiert.

Laut Innenministerium beschafft das Land derzeit zudem zwei neue Polizeihubschrauber, die mit Seilwinden ausgestattet werden. Sie sollen voraussichtlich im Laufe des nächsten Jahres einsatzbereit sein.

Sie wollen lieber „Flutbetroffene“ anstatt „Flutopfer“ genannt werden. Denn Familie Reinartz gibt nach der Flutkatastrophe im Ahrtal nicht auf – obwohl sie ihr Café in Bad Münstereifel und zwei Häuser verloren hat. Wie geht es Ihnen heute? (Foto: SWR)

Dossier: Leben nach der Flutkatastrophe

Die Flutkatastrophe an der Ahr und in der Region Trier liegt fast drei Jahre zurück. Manches ist repariert oder wiederaufgebaut, doch vieles noch lange nicht geheilt. Das ist der aktuelle Stand.

Neues Landesamt für Katastrophenschutz wird aufgebaut

Die Aufarbeitung der Ahrflut führte einen weiteren großen Schwachpunkt im rheinland-pfälzischen Katastrophenschutz zutage: Ab wann etwa das Land bei einer Katastrophenlage die Einsatzleitung übernehmen muss, ist bis heute nicht klar geregelt. Deshalb will die Landesregierung neue Strukturen schaffen. Dazu gehört ein neues Landesamt für Katastrophenschutz. Es soll in Koblenz an der heutigen Feuerwehr- und Katastrophenschutzakademie des Landes (LFKA) geschaffen werden.

Die neue Behörde mit eigenem Lagezentrum - das rund um die Uhr besetzt sein soll - soll bei Bedarf auch die Einsatzleitung bei Katastrophen wie der Flut im Ahrtal im Juli 2021 übernehmen. Das soll im Brand- und Katastrophenschutzgesetz des Landes festgeschrieben werden, das entsprechend überarbeitet werden soll. Nach Angaben von Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) soll das neue Landesamt für Katastrophenschutz in zwei Jahren einsatzbereit sein.

Hier können Sie schauen, wie es in Ihrer Gegend aktuell mit dem Katastrophenschutz aussieht:

Neue Sirenen unter anderem im Kreis Ahrweiler

Auf dem Prüfstand stehen seit der Flutkatastrophe auch die Warnsysteme im Land. Warnungen erreichten viele Menschen damals im Ahrtal nicht, weil etwa der Mobilfunk ausgefallen war oder Systeme wie Sirenen durch die Flut zerstört wurden.

Der Landkreis Ahrweiler hat inzwischen in den gefährdeten Gebieten entlang der Ahr sowie deren Zuflüsse ein flächendeckendes Sirenen-Warnsystem errichtet, das aus dem Förderprogramm von Bund- und Ländern bezahlt wurde. Das System wurde beim bundesweiten Warntag am 8. Dezember 2022 in Betrieb genommen.

Auch die Stadt Remagen hat in allen Ortsteilen neue Sirenen aufgestellt. Andere Kommunen nutzen nach Angaben des rheinland-pfälzischen Innenministeriums ebenfalls die Förderung von Bund und Ländern, um neue Sirenen zu errichten.

Cell-Broadcast seit Februar in Betrieb

Neben der herkömmlichen Sirenen-Warnung setzen Katastrophenschützer zunehmend auf digitale Warnsysteme, beispielsweise Warn-Apps wie NINA und Katwarn. Als große Hoffnung gilt zudem das Cell-Broadcast (CB) Warnsystem. Es warnt Bürgerinnen und Bürger über ihr Mobiltelefon. Eine App muss dafür nicht installiert werden. Die Benachrichtigung geht im Grunde an jedes Smartphone, das zu diesem Zeitpunkt Empfang in einer Funkzelle hat. 

Dieses System ist seit Februar dieses Jahres in Betrieb. Somit kann es auch durch Lagezentren in Rheinland-Pfalz ausgelöst werden. Über kein anderes Warnmittel können nach Angaben des Bundesamtes für Bevölkerungs- und Katastrophenschutz mehr Menschen erreicht werden.

Neue Fahrzeuge für die Feuerwehren

Der Brand- und Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz ist generell Aufgabe der Kommunen. So sind die Landkreise und die kreisfreien Städte dafür zuständig, die Feuerwehren für den Katastrophenschutz aufzustellen und auszustatten. Hierbei werden sie vom Land unterstützt.

Neues geländegängiges Tanklöschfahrzeug für die Feuerwehr Grafschaft. Es kann 3.000 Liter Wasser mitführen. (Foto: SWR)
Neues geländegängiges Tanklöschfahrzeug für die Feuerwehr Grafschaft. Es kann 3000 Liter Wasser mitführen.

Nach der Flut im Ahrtal wurden nach Angaben des Innenministeriums beispielsweise acht geländegängige Tanklöschfahrzeuge beschafft. Das erste davon sei bereits ausgeliefert worden. Zudem gebe es ein Sonderförderprogramm des Landes in Höhe von zwei Millionen Euro, um 35 wasserdurchfahrtsfähige und geländegängige Einsatzfahrzeuge anzuschaffen.

Enquete-Kommission erarbeitet Vorschläge für Katastrophenschutz

Neben den Änderungen im Katastrophenschutz, die die Landesregierung bereits eingeleitet und umgesetzt hat, arbeitet eine Enquete-Kommission des Landtags an Empfehlungen, wie dieser verbessert werden kann. Dabei geht es angesichts des Klimawandels um grundsätzlichen Schutz vor Extremwettereignissen - für die Menschen im Land, aber auch für private und öffentliche Infrastruktur.

Eine der wichtigsten Empfehlungen im Zwischenbericht der Kommission war die Gründung einer neuen Landesbehörde für den Katastrophenschutz, die vom Innenministerium bereits vorangetrieben wird. Der Abschlussbericht soll Ende Oktober im Ahrtal vorgestellt werden. Die Mitglieder der Kommission hoffen, dass möglichst viele ihrer Empfehlungen umgesetzt werden, um den Katastrophenschutz in Rheinland-Pfalz zu stärken.

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