Pflegeberufe: chronisch überlastet, wenig Lohn, kaum Anerkennung
Während der Corona-Pandemie wurden Pflegekräfte beklatscht, dann geriet diese tragende Säule unserer Gesellschaft wieder aus dem Blick. In Deutschland fehlen derzeit mindestens 200.000 Pflegekräfte. Und wegen der zunehmenden Alterung der Gesellschaft werden es in den kommenden Jahren noch sehr viel mehr sein, sagt Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats.
Pflegekräfte in Deutschland: gefangen in fehlerhaftem System?
Chronische Überlastung, Zeitdruck, zu wenig Geld für zu viel Leistung und fehlende Anerkennung sind Gründe, warum mehr und mehr Pflegekräfte ihren Beruf verlassen. Wie sehen Maßnahmen aus, die den Pflegeberuf attraktiv machen? Wie sieht eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen aus und wie lassen sich junge Menschen für den Beruf in der Pflege gewinnen? Der Fehler liegt im System, analysiert Christine Vogler.
Pflegerat begrüßt Pläne des Gesundheitsministers zur Aufwertung der Pflegeberufe
Das Pflegekompetenzgesetz, das auf Bundesebene gerade diskutiert wird, könnte hier Abhilfe schaffen, hofft Vogler. Da sei unter Gesundheitsminister Lauterbach schon einiges auf den Weg gebracht worden, das sich allerdings erst beweisen müsse. Und ohne Systemwechsel werde das nicht gehen, betont Christine Vogler, "und den muss man wollen - das passiert in Deutschland relativ selten".
Pflegenotstand: Wie sieht die Zukunft der Pflege aus?
Beispiel USA: dort gibt es eine sogenannte "Community Health Nurse". Vogler bezeichnet sie als "Super-Pflegefachkraft", die sozusagen über den Dingen steht, Prozesse strukturiert, mit den Behörden kommuniziert, die Versorgung in ihrem Bereich zusammenhält. Und eben Pflegekräfte, die die Kompetenz haben, vieles selbständig und selbstverantwortlich zu entscheiden und in die Wege leiten zu können.
Pflegenotstand: So lösen andere EU-Länder die Probleme in der Pflege
Aber auch in Europa ist die Handlungsfähigkeit der Pflegenden deutlich höher als in Deutschland - Pflege sei in anderen Ländern sogar ein Studienfach und nicht nur ein Ausbildungsberuf, der die "vielen Kompetenzen und das Wissen, das wir mitbringen" einschränke.
Gesundheitskompetenz: Menschen müssen "Gesundheit" erlernen
Ein weiterer Punkt: die Gesundheitskompetenz der Menschen selbst. Wer nicht weiß, was gesund ist, wer nicht weiß, was ist gefährlich, wann brauche ich Hilfe, der wird das Gesundheitssystem unnötig belasten.
Christine Vogler stammt aus Stuttgart, machte in Berlin eine Ausbildung zur Krankenschwester und studierte Diplom-Pflegepädagogik. Seit 2020 ist Christine Vogler Geschäftsführerin am BBG Berliner Bildungscampus für Gesundheitsberufe. Sie wurde als Pflegemanagerin des Jahres 2022 ausgezeichnet und ist Präsidentin des Deutschen Pflegerats.