Den Großteil der existierenden Viren kennen wir noch gar nicht. Ein internationales Forschungsteam hat jetzt Hinweise auf tausende Arten entdeckt, die bisher noch nie beschrieben wurden.
Viren kennen wir vor allem als Ursache von gefährlichen Krankheiten, wie Ebola, Corona oder HIV. Sie spielen aber auch eine wichtige Rolle in der Evolution: Sogar das menschliche Erbgut enthält Fragmente von viralen Genen.
Wenn sich Viren vermehren, kommt es ständig zu kleinen Mutationen. Einige Viren-Typen verändern sich sehr schnell. Daher gibt es auch jedes Jahr neue Grippe-Viren. Das bedeutet auch: Jedes Jahr werden neue Viren entdeckt.
Forscher nutzen Enzym für die Suche nach Viren
Der Großteil der Virosphäre, also die Gesamtheit aller Viren, ist noch unbekannt. Das zeigen auch die Ergebnisse eines internationalen Forschungsteams: Sie haben mithilfe von Künstlicher Intelligenz knapp 70.500 potenziell neue RNA-Viren entdeckt.
“RNA-Viren” zeichnen sich dadurch aus, dass diese Viren nicht wie Menschen oder andere Tiere eine doppelsträngige DNA als Erbmaterial haben. Diese Viren speichern ihre Erbinformation stattdessen auf RNA (RiboNucleic Acid), meist auf einem einzelnen Strang. Zu bekannten RNA-Viren gehören beispielsweise Coronaviren oder HIV. Um sich vermehren zu können, müssen sie ihre RNA verdoppeln. Dafür benötigen sie ein bestimmtes Enzym: die RNA-abhängige RNA-Polymerase.
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KI-Tool findet Hinweise auf RNA-Viren
Wenn man in einer RNA-Probe Sequenzen findet, die von einem solchen für RNA-Viren typischen Enzym stammen, dann ist das ein guter Hinweis darauf, dass die Probe von einem RNA-Virus stammt. Das hat sich ein Forschungsteam um Xin Hou vom staatlichen Labor für Biokontrolle in Shenzhen (China) zunutze gemacht: Sie haben ein KI-Tool entwickelt, mit dem virale RNA-Sequenzen gefunden werden können.
Das Tool heißt "LucaProt" und funktioniert ähnlich wie ChatGPT, nur anstatt Sprache analysiert die KI RNA-Sequenzen. Insgesamt wurden Probendaten von rund 1.600 Standorten aus verschiedenen Ökosystem-Typen weltweit untersucht, die in öffentlichen Datenbanken zugänglich sind. Ob in heißen Quellen, dem antarktischen Eis, Waldböden oder Meeressediment - überall hat "LucaProt" Hinweise auf RNA-Viren gefunden.
Viren haben eine hohe Diversität
Ob jede gefundene Sequenz wirklich ein Virus repräsentiert, sei aber noch unklar, sagt Hans-Georg Kräusslich. Er leitet das Institut für Virologie am Universitätsklinikum Heidelberg.
Die vielen Hinweise auf neue RNA-Viren, die in der Studie präsentiert wurden, könnten zum einen als große Datenbank betrachtet und für weitere Forschung genutzt werden, so der Virologe. Darüber hinaus zeigten die Ergebnisse, wie groß die Diversität im Reich der Viren wirklich sei.
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