Psychologie gehört zu den begehrtesten Studienfächern – die Nachfrage ist enorm und übersteigt die zur Verfügung stehenden Studienplätze um ein Vielfaches. Nun soll auch im Studiengang Psychologie ein neues Auswahlkriterium etabliert werden, das stärker auf die fachspezifische Eignung abhebt und damit die Chance auf einen Studienplatz auch ohne Bestnote im Abitur erhöht.
Der neue Studieneignungstest wurde bereits 2022 in Baden-Württemberg an einigen Universitäten erfolgreich getestet. Jetzt wurde das baden-württembergische Testverfahren mit dem an der Berliner Humboldt-Uni entwickelten Studierfähigkeitstest zusammengeführt. Für das kommende Wintersemester steht der neue Zulassungstest bundesweit für den Bachelor in Psychologie zur Verfügung.
Neuer Psychologietest soll für mehr Chancengerechtigkeit sorgen
Ähnlich wie der Medizinertest soll der neue Test für das Fach Psychologie zu mehr Chancengerechtigkeit bei der Zulassung zum Psychologiestudium führen. Oliver Wilhelm von der Universität Ulm ist Experte für Studieneingangstests und hat dieses Verfahren mit entwickelt. Im Wesentlichen werden dabei, so Wilhelm, zwei große Bereiche geprüft: analytisches logisches Denken und relevante Vorkenntnisse. Beim analytischen Teil gehe es um die mathematische Vorbildung, englische Sprachkenntnisse und psychologische Verständnisfragen.
Kompetenzen lassen sich nur schwer messen
Ähnlich wie beim Medizinertest wird Wissen geprüft und nicht die Sozialen Fähigkeiten wie Empathie oder Kommunikationsfähigkeit, obwohl diese Fähigkeiten gerade in therapeutischen Berufen, die etwa 50 Prozent der Psychologiestudierenden später ergreifen, wichtig sind. Aber es gibt große Schwierigkeiten, solche Kompetenzen und Leistungen vernünftig zu messen, sagt Psychologieprofessor Oliver Wilhelm.
Immerhin soll durch den zusätzlichen Test die Zulassung zum Studium fairer gestaltet werden. Denn bisher basiert die Zulassung zum Psychostudium ganz überwiegend auf den Abiturnoten. Durch den Studieneignungstest werden die in den Noten enthaltenen Ungerechtigkeiten etwas "runterverdünnt", sagt Oliver Wilhelm.
Abiturnoten sollen bei Zulassung eine geringere Rolle spielen
Die Abiturnoten innerhalb Deutschlands könne man nur schwierig vergleichen. Die Probleme, so Wilhelm, bestehen beispielsweise darin, dass verschiedene Fächer verschieden streng bewertet werden, und dass auch die Ausbildungsqualität in verschiedenen Bundesländern verschieden gut ist. "Wir wissen, dass wir bei den Noten schon ein Fairness-Problem haben, das wir bei den Tests nicht haben", schlussfolgert Wilhelm.
Deshalb findet Oliver Wilhelm die neue Zulassungsprozedur fairer als die alte. Der Zulassungstest ist natürlich freiwillig, aber die Unis können selbst festlegen, ob der Test Bestandteil ihres Auswahlverfahrens sein soll. Dann muss man den Test zur Bewerbung vorlegen. Zum kommenden Wintersemester verlangen ihn erstmal 20 Universitäten bundesweit, in Baden-Württemberg übrigens alle außer Konstanz.
Wie letztlich Abinote, Zulassungstest und möglicherweise berufliche Vorbildung gewichtet werden, das legt jede Uni selbst fest. In der Regel wird es eine Gewichtung von 55 zu 45 Abinote zu Test sein, betont Testentwickler Wilhelm: So könne man im Grunde ein schlechtes Abitur mit einem guten Ergebnis kompensieren. Das bedeutet jedoch auch im umgekehrten Fall, dass man sich mit einem sehr schlechten Testergebnis auch eine sehr gute Abinote "zerschießen" kann.
Studieninteressierte müssen sich für Eignungstest registrieren
Die Bewerbungen für das Studienfach Psychologie werden zum ganz überwiegenden Teil über das sogenannte Dialogorientierte Serviceverfahren (DoSV) zentral gesammelt und verteilt. Das bedeutet für Studieninteressierte nun: Man nimmt am Studientest teil und das Ergebnis wird entweder über das DoSV an die Unis gespielt oder die Bewerberinnen und Bewerber können sich dann mit einem zertifizierten Test an den einzelnen Unis bewerben und das Dialogorientierte Serviceverfahren handhabt dann nur die Mehrfachbewerbungen.
Die genaue Regelung ist noch nicht festgelegt. Nähere Infos gibt es bei den jeweiligen Universitäten und unter www.hochschulstart.de. Wichtig ist dennoch, dass Studieninteressierte, die am Zulassungstest teilnehmen möchten, sich in der Zeit vom 20. Februar bis spätestens 15. März 2023 auf der Website des Studieneignungstests Psychologie registrieren und anschließend die Testgebühr von 100 Euro überweisen.
Der Test selbst wird dann Mai 2023 durchgeführt. Wann und wo wird auf derselben Website demnächst bekannt gegeben. Dort findet sich auch kostenloses Testvorbereitungsmaterial. Insgesamt ist der Bewerbungsschluss für den Studiengang Psychologie am 15. Juli 2023.
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