Beim Begriff „Klimakrise“ denken die meisten Menschen erst einmal an Umweltveränderungen. Die Klimakrise hat aber auch Auswirkungen auf unsere Psyche – vor allem bei Kindern und Jugendlichen.
Dass Kinder und Jugendliche besonders von den psychischen Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind, liegt unter anderem daran, dass sie sich intensiver als Erwachsene mit der eigenen Zukunft beschäftigen. Und damit auch intensiver mit den Auswirkungen der Klimakrise auf diese Zukunft, so Psychologe Felix Peter.
Klimakrise ist anhaltende emotionale Belastung für Kinder und Jugendliche
Außerdem sind Kinder und Jugendliche eine besonders vulnerable Gruppe in unserer Bevölkerung, weil sie in sensiblen Entwicklungsphasen sind und sie bestimmte Bewältigungsmechanismen noch nicht so weit ausgeprägt haben, wie das bei Erwachsenen der Fall ist, weiß Psychologe Felix Peter.
Die Sorge um die eigene Zukunft ist eine anhaltende emotionale Belastung. Sie wird nicht nur von dem Erleben der ökologischen Folgen der Klimakrise ausgelöst. Auch, wie Politik und Gesellschaft auf diese Krise reagieren, spielt Felix Peter zufolge eine Rolle.
Jugendliche und junge Erwachsene schlüpfen in Erwachsenenrollen
Belastend ist auch, wenn vor allem Jugendliche und junge Erwachsene erleben, dass die Sicherheit, die sie sich wünschen, nicht gewährleistet wird von denen, die dafür die Verantwortung tragen, so der Psychologe.
Und dann auch noch zu merken, dass das nicht zu dem Ergebnis führt, das man sich gewünscht hat und das wissenschaftlich eigentlich klar auf der Hand liegt, so Peter weiter.
Belastung durch Klimakrise ist weltweit präsent unter Jugendlichen
Hinzu kommt die Belastung durch gesellschaftliche Konflikte und Spannungen, die durch die Klimakrise entstehen. Drei Viertel der Jugendlichen und jungen Erwachsenen geben an, Angst vor der Zukunft zu haben. Ein noch größerer Teil macht sich mindestens mäßige Sorgen um die Folgen der Erderhitzung, so eine Studie mit Befragten aus zehn Ländern. Auch in Deutschland ist die Angst vor der Klimakrise mittlerweile eine der drei größten Sorgen von Heranwachsenden.
Gesprächsbereitschaft des Umfelds ist sehr wichtig im Umgang mit Ängsten
Angst ist aber nicht die einzige emotionale Reaktion auf die Klimakrise. Ohnmacht, Wut, Frustration, Trauer oder auch Schuldgefühle sind einige der anderen möglichen Reaktionen. Diese Emotionen sind in erster Linie gesunde und logische Reaktionen auf die Bedrohung durch die Klimakrise. Eltern und andere Bezugspersonen können helfen, mit diesen emotionalen Reaktionen umzugehen.
Der Psychologe Felix Peter erklärt, dass es das A und O ist, einfach immer gesprächsbereit zu sein und Gefühle ernst zu nehmen und Gefühle auch zu validieren. In dem Sinne, dass man mitteilt, ähnliche Gefühle zu haben, sofern das der Fall ist. Oder, indem man das Gefühl zumindest wertzuschätzen und versichert, dass es okay ist, dieses Gefühl zu haben.
Wir machen laut Felix Peter oft den Fehler, dass wir Gefühle untersagen. Also entgegnen, dass man doch keine Angst haben müsse. Im Gegenteil könnte man jedoch auch sagen, dass es berechtigt ist, dass wir Angst haben und allein dieser Austausch darüber kann schon sehr hilfreich sein, damit Menschen und gerade junge Menschen erleben, dass sie damit nicht alleine sind.
Psychologe Felix Peter betont jedoch auch, dass das beste Mittel für den Klimaschutz, immer noch ein Klimaschutz nach aktuellem wissenschaftlichem Stand ist.
Akute und sekundäre Auswirkungen von Umweltstressoren sind möglich
Neben den emotionalen Reaktionen auf das Wissen um die Klimakrise hat auch die Belastung durch Umweltstressoren selbst psychologische Auswirkungen. Diese Belastungen können akut oder sekundär sein.
Akute Auswirkungen entstehen unter anderem durch das Erleben von Extremwetterereignissen, wie Stürmen, starker Hitze oder Überflutungen. Dadurch steigt zum Beispiel das Risiko für posttraumatische Belastungsstörungen.
Sekundäre Belastungen können Folgeeffekte dieser Extremwetterereignissen sein. Zum Beispiel, wenn soziale Kontakte einbrechen, weil eine Schule nach einem Extremwetterereignis schließen muss. Ein anderes Beispiel für sekundäre Belastungen sind chronische Krankheiten. Durch eine schlechtere Luftqualität werden so unter anderem Allergien häufiger. Chronische Erkrankungen wie diese sind ebenfalls eine langfristige Belastung für die Lebensqualität und Lebenszufriedenheit.
Wichtig ist, die Bedrohung der Klimakrise auch immer mit Handlungsmöglichkeiten zu begleiten
Trotzdem ist es Felix Peter zufolge wichtig, dass die Klimakrise nicht als aussichtslose Bedrohung dargestellt wird.
Würde nur die überwältigende Bedrohung in den Raum gestellt werden, dann würden sich Menschen in erster Linie hilflos fühlen. Es würde eher verdrängt werden oder die Menschen wären so stark belastet, dass sie gar nichts mehr tun können. Deshalb sei es wichtig, die Bedrohung auch immer mit Handlungsmöglichkeiten zu begleiten, erklärt Psychologe Felix Peter.
Angst vor der Klimakrise kann sogar hilfreich sein
Laut Peter zeigen Studien, dass Ängste im Zusammenhang mit Krisen auch dazu führen können, dass Menschen eine größere Handlungsbereitschaft haben. Schließlich sei die Angst ja auch schon immer dazu da gewesen, um uns zu signalisieren, dass eine Bedrohung besteht und wir jetzt etwas dagegen tun müssen, um diese Bedrohung aufzulösen. Entweder man kämpft gegen die Bedrohung oder man flüchtet.
Das gilt allerdings nur, so lange Ängste nicht überwältigend werden und über einen längeren Zeitraum anhalten. Wenn Eltern oder Bezugspersonen merken, dass Kinder, Jugendliche oder junge Erwachsene starke Sorgen und Ängste haben, lohnt es sich deswegen nach Hilfe zu fragen. Das gilt natürlich auch für die Betroffenen selbst.