Hohe Temperaturen lassen bei vielen die Emotionen hochkochen. Erst warten alle auf den Sommer – und wenn er endlich da ist, dann scheinen bei vielen die Sicherungen durchzubrennen.
Macht uns die Hitze tatsächlich aggressiver?
Mehrere Studien haben bewiesen, dass eine Hitzewelle zu mehr Aggression und Verbrechen führt. Es gibt also einen messbaren Zusammenhang zwischen der Umgebungstemperatur und Aggressivität. Je heißer die Umgebung, desto hitziger werden auch die Gemüter. Selbst die Kriminalität nimmt an heißen Tagen zu. Das bekommen Polizei und Notaufnahmen zu spüren, denn wenn es heiß ist, steigt meist auch die Zahl der Einsätze: Und während einer Hitzewelle werden mehr Gewalt- und Sexualverbrechen begangen – das hat der US-Psychologe Craig Anderson nachgewiesen.
Andererseits greift auch die Polizei bei Hitze schneller zur Waffe – das konnten holländische Forscher zeigen. Bei simulierter Krisensituationen und einer Temperatur von angenehmen 21 Grad griffen 60 Prozent der Beamten zur Waffe. War es mit 27 Grad deutlich heißer, zückten schon 85 Prozent der Polizisten die Knarre.
Und in den sechziger Jahren gab es ein vielbeachtetes Experiment – bei dem sich zwei Studierendengruppen gegenseitig nach Kritik bestrafen durften – mit kleinen Elektroschocks. Und je heißer es im Versuchsraum war, desto häufiger wurden die Elektroschocks ausgelöst.
Doch selbst wenn rein statistisch die Neigung zu aggressivem Verhalten zunimmt, kann man das nicht verallgemeinern. Jeder Mensch ist schließlich anders. Und: Es gibt Menschen, die bleiben auch bei Hitze gelassen.
Warum macht die Hitze aggressiv?
Ab einer Temperatur von 28 oder 29 Grad Celsius sind wir nicht mehr in unserer Komfortzone; die liegt für Mitteleuropäer in der Regel bei 22 bis 25 Grad. Alles darüber wird als zu warm empfunden und dann beginnt der Stress für den Körper. Die Blutgefäße erweitern sich, das Herz schlägt schneller, und auch das Hormon Vasopressin wird verstärkt ausgeschüttet. Vasopressin dient dazu, Flüssigkeit im Körper zu halten. Als Nebeneffekt erhöht dieses Hormon leider auch die Aggressivität von Menschen. Insgesamt wird also bei Hitze unser gesamtes sympathisches Nervensystem in Alarmstimmung versetzt. Das alles führt dazu, dass wir uns unwohl fühlen und deutlich gereizter sind als bei kühleren Temperaturen.
Es gibt noch weitere Erklärungen für die steigende Aggression bei Hitze: So halten sich bei hohen Temperaturen überdurchschnittlich viele Menschen im Freien auf, oft noch bis spät in der Nacht und konsumieren dazu häufig Alkohol. Auch hier liegt hohes Konfliktpotential.
Was macht die Hitze noch mit uns?
Sie ruft leider nicht gerade unsere besten Eigenschaften hervor, sondern macht uns auch noch egoistisch und denkfaul. Aber der Reihe nach: Hitze führt offenbar auch dazu, dass wir weniger hilfsbereit sind. Das haben Studien nachgewiesen. Der Grund ist, dass unser Körper aufgrund des anstrengenden Temperaturausgleichs auf den Effizienzmodus umstellt. Das heißt, man hat den starken Wunsch, sich zuerst um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern.
Bei Hitze steht unserem Hirn auch weniger Energie für Denkleistung zur Verfügung. Wissenschaftler aus den USA haben festgestellt, dass hohe Temperaturen unser Denkvermögen einschränken. In einem Experiment mit Studierenden brauchte die Gruppe, die in einem nicht klimatisierten heißen Raum sitzen musste, etwa 13 Prozent mehr Zeit für die Aufgaben als ihre Kollegen im klimatisierten Raum Kollegen. Die Erklärung ist, dass unser Hirn bei hohen Temperaturen mehr Energie aufbringen muss, um den Körper bei einer konstanten Temperatur zu halten. Diese Energie fehlt dann im Denkprozess.
Was kann ich tun?
Man kann versuchen, gelassen zu bleiben, nicht spontan zu reagieren, ein bisschen langsamer mit allem umgehen. Und vielleicht haben Sie die Möglichkeit, etwas Blaues zu betrachten oder sich Bilder von kalten Gegenden anzusehen. Denn auch dazu gibt es Studien, dass wir uns dabei zumindest kühler fühlen.