Durch den Klimawandel gibt es auch im Südwesten immer mehr Waldbrände. Forschende wollen Waldbrände künftig besser managen und vorbeugen.
Der Klimawandel zeigt sich in Baden-Württemberg immer deutlicher. Starke und langanhaltende Trockenperioden in den vergangenen Jahren führten zu geringeren Grundwasserpegeln, ausgetrockneten Böden und Wäldern im Trockenstress. Was gerade aber in Karlsruhe im vergangenen Jahr außergewöhnlich häufig dazu kam, waren Waldbrände. Ganze fünf Einsätze wurden 2022 im Karlsruher Raum verzeichnet. Das Verbundprojekt Waldbrand-Klima-Resilienz (WKR) hat sich unter anderem mit diesen Waldbränden auseinandergesetzt. Hierbei arbeiten die Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt Freiburg (FVA) und das European-Forest-Institute (EFI) gemeinsam an Handlungsempfehlungen.
Trockene Wälder auch in den Wintermonaten
Nicht nur die Trockenheit im Sommer stellt die Wälder vor große Herausforderungen. Auch die Niederschlagsarmut im Winter begünstigt Waldbrände. So kommt es durch eine fehlende Schneeschmelze zu einer ungenügenden Wasserversorgung der Böden. Den Bäumen fehlt dabei nicht das tiefer gelegene Grundwasser, sondern das oberflächennahe Bodenwasser. Das Risiko für Waldbrände hängt somit auch vom Niederschlag in den Wintermonaten ab, so Professor Johann Goldammer (Universität Freiburg).
Ein Weckruf zur Entwicklung
„Wenn der Wald brennt, ist das für uns Förster eine sehr tragische Situation“ - so Lukas Stange, Förster bei ForstBW im Landkreis Karlsruhe. Er hat im vergangenen Jahr mehrere Waldbrände in der Rheinebene miterlebt. In Baden-Württemberg ist aufgrund des eher geringen Aufkommens von Waldbränden keine große Erfahrung in der Zusammenarbeit von Forstleuten und der Feuerwehr vorhanden. Das Projekt Waldbrand-Klima-Resilienz hat es sich zur Aufgabe gemacht, das konkret zu verbessern. Als Modellregion wurden in Karlsruhe dabei gute Erfolge erzielt.
Zwar sei es sehr tragisch, dem Wald zu zusehen, wie er in Flammen aufgeht, erklärte Stange, doch diese Fläche sei kein komplett zerstörter Boden. Im Gegenteil konnte man schon wenige Zeit nach dem Brand sehen, wie das Grün wieder sprießt und Bäume zu neuem Leben erwachen. Die Waldbrände im vergangenen Jahr waren ein Weckruf. Für die Feuerwehr, wie auch für Forstleute war klar, es gab ein Defizit in der Organisation, der Ausstattung, wie auch der Ausbildung der Fachkräfte.
Internationale Zusammenarbeit zur besseren Prävention von Waldbränden
Durch das Projekt WKR kam es zu einem internationalen Austausch mit Experten. Aus Exkursionen und Schulungstagen wurde das gesammelte Wissen als Basis auf die Rheintalebene hinuntergebrochen. Daraufhin folgten Schulungen für Forstleute und die Feuerwehr. Aber auch die Kommunikation zwischen Forst und Feuerwehr wurde verbessert. Für eine gute Zusammenarbeit gilt es zu verstehen, wie der Partner arbeitet und was dafür gegeben sein oder verbessert werden muss. Gemeinsame Übungen, Waldbegänge und Schulungen stellten in den vergangenen zwei Jahren der Projektlaufzeit diese Grundlage sicher.
Eine gute Zusammenarbeit und Umsetzung
In der Rheinebene hat man im Umgang mit Waldbränden eine besondere Vorgehensweise entwickelt. Projektleiter Alexander Held beschreibt die Zusammenarbeit zwischen Praxis und der Forschung, wie auch die Umsetzung in den Hierarchien als außergewöhnlich gut. Auch die Universität Freiburg möchte das erarbeitete Wissen zukünftig in die Lehre miteinbringen.
Das entwickelte und etablierte Tandemsystem ist nach Hierarchien auf verschiedene Ebenen aufgeteilt. Auf Revierebene beispielsweise nimmt hierbei der Förster mit seinem Team aus Forstwirten Kontakt zum örtlichen Feuerwehrkommandant und der freiwilligen Feuerwehr auf. Dabei wird miteinander abgestimmt, wo welche Schutzgüter sind und welche Ausrüstung gebraucht wird. Schutzgüter können in diesem Zusammenhang Waldkindergärten, Leitungen oder Siedlungen sein. Zudem geht auch eine gemeinsame Ausbildung einher. Nicht, um den Job des anderen zu lernen, sondern um sich besser zu verstehen, wie der andere denkt und wie man sich unterstützen kann.
Dieses System der Zusammenarbeit wird auch auf Bezirksebene durchgeführt, bis hin zum Forstpräsidenten und dem Landesbranddirektor, die sich zusammenschließen. So können gutes Kartenmaterial, Frühwarnung, Gefahrenanalyse, Vor- und Nachsorge, wie letztendlich auch die Feuerbekämpfung gewährleistet werden.
Waldbrandprävention mit Hilfe von Technologie
Um Waldbrände frühzeitig erkennen zu können, wird mit verschiedenen Technologien geforscht. Mit Hilfe von Drohnen soll es machbar sein, Waldbrände in einem möglichst frühen Stadium zu erkennen und größere Schäden zu vermeiden. Zudem können auch an Bäumen befestigte Sensoren Rauch detektieren und im Brandfall eine Warn-SMS zu senden. Auch Satellitenbilder können frühzeitig Feuer erkennen. Beispielsweise hat die NASA das Tool FIRMS entwickelt, mit dem man aktuelle Brände weltweit einsehen kann.
Kurzfristig technische Maßnahmen
Für die Waldbrandbekämpfung gibt es kurzfristige, wie auch langfristige Maßnahmen. Unter kurzfristigen Maßnahmen würde das Entfernen von Brennmaterial durch Brandschutzstreifen fallen. Brandschutzstreifen sind bestockungsfreie Streifen in den Wäldern, die zudem auch frei von Laub, Gebüsch und anderer Nahrung für Feuer sind. Dabei soll das Feuer gebremst und bestmöglich aufgehalten werden, in den nächsten Bestand überzugehen. Auch Pufferzonen können kurzfristige, technische Maßnahmen sein.
Sie werden gezielt so bewirtschaftet, dass sich dort kein Vollfeuer entwickeln kann. Vollfeuer bedeutet, dass Bodenfeuer sich hinauf in die Kronen ausbreitet und letztendlich der gesamte Bestand brennt. Bei Pufferzonen sollen die Bäume geästet werden, was bedeutet, dass Äste frühestmöglich am Stamm in Bodennähe entfernt werden. Zudem wird der Abstand zwischen den Bäumen im Vergleich zu gewöhnlichen Beständen deutlich erhöht. Zwar wird der Boden ausreichend beschattet, jedoch ist der Abstand von Baum zu Baum weiter. Die Brandlast wird in diesen Zonen also deutlich reduziert, sodass sich die Feuerintensität verringert und bestenfalls durch zusätzliche Schutzstreifen zum Erliegen kommt. Schutzstreifen können dabei beispielsweise Wege, Straßen oder auch Bäche sein, die dem Feuer keine Nahrung bieten, oder manuell angelegt werden.
Langfristig konzeptionelle Maßnahmen
Bei einer langfristig konzeptionellen Herangehensweise möchte man die Bewirtschaftung der Wälder so gestalten, dass sie möglichst naturnah sind. Das bedeutet, es sind ein intaktes Waldinnenklima, viel Feuchtigkeit und ein aktiver Boden vorhanden. Zudem sind diese naturnahen Wälder von einer hohen Wasserspeicherkapazität und einem hohen Laubholzanteil gekennzeichnet. Diese Eigenschaften machen den Wald letztendlich weniger brennbar. Aber auch ein naturnaher Wald kann bei langanhaltender Trockenheit brennen. Zwar verhältnismäßig geringer, aber er ist nicht feuerresistent. In Anbetracht des Klimawandels mit einer großen Wasserknappheit ist es nicht einfach, Wälder überall so zu gestalten, zumal nicht jeder Standort dafür die Voraussetzungen mit sich bringt.
Um eine möglichst zielangewandte Waldbrandprävention durchzuführen, bedarf es einer genauen Analyse, welche Faktoren auf welcher Waldfläche zusammenfließen. Wo befinden sich Schutzgüter? Und wo sind Bestände, die ein erhöhtes Waldbrandrisiko durch beispielsweise eine Baumart wie Kiefer mit sich bringen? Kommt in einem Bestand ein erhöhtes Risiko zum Tragen, wird dort gezielt gehandelt.
Es kommt auf einen jeden von uns an
Ein Leben ohne Waldbrände wird es künftig sicher nicht geben. Das bedeutet, dass wir uns an Waldbrände gewöhnen sollten. 96 Prozent aller Waldbrände werden nach Angaben des WWF allerdings vom Menschen verursacht. Waldbrandprävention heißt daher nicht nur, den Wald anzupassen, sondern auch als Gesellschaft auf ihn aufzupassen. Das bedeutet schlichtweg, ein angepasstes, achtsames Verhalten. Nur dann ein Feuer an Grillstellen zu entzünden, wenn es erlaubt ist, im Wald nicht zu rauchen und bei Rauchentdeckung sofort Alarm zu geben.
Trotz der guten bisherigen Ergebnisse gibt es weiterhin viel zu tun. Struktur und Routine lautet für die Praxis die Devise, um weiterhin eine gute Zusammenarbeit zu gewährleisten. Die Öffentlichkeits- und Aufklärungsarbeit muss weiterhin verfolgt werden. Aber auch der Austausch, die Beratungsfunktion und das Expertenwissen sollen ausgebaut werden.
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