Weltweit wird an sogenannten Hirnorganoiden geforscht, die aus menschlichem Gewebe gezüchtet werden. Ziel ist es, das menschliche Gehirn und mögliche Erkrankungen besser zu verstehen. Ethisch ist diese Methode allerdings umstritten.
In den USA haben Wissenschaftler gezüchtetes menschliches Hirngewebe in die Gehirne von Ratten verpflanzt, das dort mit dem Hirn der Nagetiere verwachsen ist. Zweck: Solche Versuchstiere sollen einmal helfen, Therapien für Erkrankungen bei Menschen zu erforschen.
Ethisch ist die Forschung mit Hirnorganoiden nicht unumstritten – jetzt hat sich die Leopoldina – die nationale Akademie der Wissenschaften dazu geäußert.
Stellungnahme der Leopoldina zu gezüchteten Gewebestrukturen
Um das Gehirn besser zu verstehen und somit auch komplexe Erkrankungen wie Alzheimer oder Epilepsie behandeln zu können, standen der Wissenschaft lange nur wenige Mittel zur Verfügung. Versuche am Menschen sind ethisch nicht vertretbar, Tierversuche bilden die Vorgänge im menschlichen Gehirn nur unvollständig ab.
Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina hat nun eine Stellungnahme veröffentlicht, die die ethische Vertretbarkeit von sogenannten Hirnorganoiden unter die Lupe nimmt. Dabei handelt es sich um im Labor gezüchtete Gewebestrukturen, die das menschliche Gehirn nachahmen – und das ist ethisch nicht ganz unumstritten.
Professor Jürgen Knoblich hat an der Veröffentlichung mitgewirkt. Er sagt:
Organoide können Funktionen menschlicher Organe nachahmen
Um Organoide zu züchten werden menschliche Zellen, beispielsweise aus der Haut, in eine Art Ursprungszustand versetzt. Danach können diese sogenannten induzierten Stammzellen wiederum in jede beliebige Gewebezelle umgewandelt werden – auch in die Nervenzellen unseres Gehirns. Unter den richtigen Bedingungen fügen sich diese Zellen im Labor zu einer dreidimensionalen Struktur zusammen, den Organoiden.
Diese Organoide können viele Funktionen von menschlichen Organen nachahmen, auch wenn sie nicht mit dem menschlichen Körper verbunden sind. Und auch diese Grenze verschwimmt zunehmend: erst kürzlich gelang es einer Forschungsgruppe, menschliche Hirnorganoide in das Gehirn von Ratten einzupflanzen und damit sogar das Verhalten der Tiere zu beeinflussen.
Muss man menschliches Gewebe unter besonderen Schutz stellen?
Doch das öffnet eine scharfe ethische Debatte: Inwieweit wird damit ein menschliches Gehirn nachgebaut? Sollte das funktionsfähige menschliche Gewebe unter besonderem Schutz stehen? Für die Stellungnahme der Leopoldina wurden genau solche Fragestellungen untersucht – und zwar von allen Seiten, erklärt Jürgen Knoblich in einem Interview mit tagesschau24:
Die Schlussfolgerung: Momentan seien die Hirnorganoide, was ihre Funktion angeht, nicht mit der Komplexität menschlicher Gehirne vergleichbar. So fehlen ihnen beispielsweise die Strukturen für Sinneseindrücke. Dennoch entwickle sich das Forschungsfeld derzeit so rasant, dass diese Grenzen in Zukunft überwunden werden könnten. Dann sei es wichtig, dass spezielle Ethikkommissionen eingesetzt werden, die die Forschung an Hirnorganoiden reglementieren.
KI Wie lernt eine Künstliche Intelligenz?
Maschinen lernen nicht selbständig. Sie brauchen große Datenmengen, die der Mensch vorgibt. Dabei müssen wir reduzieren, wie viele Informationen in einem Datenpunkt stecken. Denn je mehr Informationen pro Datenpunkt es gibt, desto mehr Möglichkeiten gäbe es, nach Mustern zu suchen. Das kann die Maschine irgendwann nicht mehr leisten. Dann fällt sie auch auf Zufälligkeiten herein. Von Katharina Zweig | Text und Audio dieses Beitrags stehen unter der Creative-Commons-Lizenz CC BY-NC-ND 4.0.