Eine Studie aus den USA und Kanada hat festgestellt, dass Frauen bei einem Herzinfarkt in der Öffentlichkeit seltener eine Druckmassage erhalten als Männer.
Frauen erhalten bei einem Herzinfarkt seltener eine Herzdruckmassage als Männer - Das fand ein Forschungsteam heraus, das 40.000 Fälle über die Zeit von 2005 bis 2015 gesichtet hat. Das Wissenschaftlerteam hat allerdings nur die Herzinfarkte untersucht, die außerhalb von Krankenhäusern und der eigenen Wohnung oder dem Haus - sozusagen im öffentlichen Raum - aufgetreten waren. Außerdem schauten sie sich ausschließlich Fälle in den USA und Kanada an.
Ausbleibende Erste Hilfe erhöht Sterblichkeit von Frauen
Bei Herzinfarkten beispielsweise auf der Straße erhielten nur 61 Prozent der Frauen von Umstehenden eine Herz-Lungen-Wiederbelebung durch eine Druckmassage, aber immerhin 68 Prozent der Männer.
Das ist kein riesiger Unterschied, doch damit erhöht sich die Sterblichkeit von Frauen nach einem Herzinfarkt deutlich - so der Notfallmediziner Alexis Cournoyer aus dem Sacré-Coeur-Krankenhaus in Montréal. Denn die Druckmassage und gegebenenfalls eine Beatmung seien de facto die einzige Möglichkeit, Betroffene bis zum Eintreffen von Rettungskräften am Leben zu halten.
Größere Hemmschwelle oder Unwissenheit? Gründe für Unterschiede unklar
Warum Augenzeugen und Passanten bei Frauen seltener zur Druckmassage greifen, darüber kann nur spekuliert werden. Neben der Hemmschwelle, eine Unbekannte im Brustbereich zu berühren, spiele sicherlich auch die Tatsache, dass immer noch viele Menschen glauben, in der Regel erlitten nur Männer einen Herzinfarkt, eine Rolle - so das Forschungsteam.
Ältere Studien aus den USA hatten das Problem mit der Hemmschwelle bereits untersucht. Ihre Zahlen waren noch krasser: Die Reanimationsforscherin Audrey Blewer von der Duke University in North Carolina hatte 2008 publiziert, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen nach einem Herzstillstand in der Öffentlichkeit reanimiert werden, sogar um 27 Prozent geringer ist als bei Männern.
Die Forscherin kritisierte auch, dass die Dummys in Erste-Hilfe-Kursen in der Regel männlich sind und Ersthelfer dann oft nicht wissen, wie sie die Reanimation an einem Körper mit Brüsten ausführen sollen. Das kann Frauen im Ernstfall das Leben kosten.
Noch keine Daten für Deutschland
Ob sich die Daten auf Deutschland übertragen lassen, ist allerdings fraglich. Denn es ist möglich, dass in den USA und Kanada die Hemmschwelle eine Frau im Notfall im Brustbereich zu berühren deutlich höher liegt als bei uns.
Sicher ist jedoch, dass auch in Deutschland Herzinfarkte bei Frauen immer noch seltener erkannt werden als bei Männern. Deshalb haben Frauen nach einem Infarkt deutlich schlechtere Überlebenschancen und sterben häufiger daran als Männer.
Symptome eines Herzinfarkt bei Frauen anders
Die Ursache liegt, wie es scheint, auf beiden Seiten: Frauen suchen oft zu spät Hilfe, werden dann aber auch oft falsch behandelt. Und das liegt auch an der bisher noch recht unbekannten Symptomatik, denn bei Frauen äußert sich eine Herzattacke anders als bei Männern.
Inzwischen werden im Medizinstudium und in Weiterbildungen die geschlechtsspezifischen Unterschiede gelehrt. Doch auch die Betroffenen selbst können die Symptome nicht immer einordnen. Gerade ältere Frauen zögern oft deutlich länger als Männer, bis sie Hilfe holen. Auch die deutsche Herzstiftung betont, Herz-Kreislauf-Erkrankungen würden bei Frauen immer noch unterschätzt. Immer noch seien diese Erkrankungen mit über 180.000 Sterbefällen pro Jahr die häufigste Todesursache bei Frauen. Doch es tut sich was, erklärt Prof. Thomas Voigtländer, Vorstand der Herzstiftung:
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